CH: Rassismusvorfälle aus der Beratungsarbeit

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ AA ¦ MM ¦

 

572 Fälle rassistischer Diskriminierung hat das Beratungsnetz für Rassismusopfer für das Jahr 2020 dokumentiert und ausgewertet. Die meisten gemeldeten Vorfälle rassistischer Diskriminierung ereigneten sich am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft. Ausländerfeindlichkeit bzw. Fremdenfeindlichkeit war das meist genannte Motiv, gefolgt von Rassismus gegen Schwarze und Muslimfeindlichkeit. Im Vordergrund standen auch rassistische Vorfälle im öffentlichen Raum, bei Kontakten mit der Verwaltung und der Polizei sowie im Internet. Infolge einer angepassten Methodik für die Fallerfassung lassen sich die Zahlen des diesjährigen Rassismusberichts nicht mit denen des Vorjahrs vergleichen.

 

Der Arbeitsplatz ist mit 95 gemeldeten Fällen der am stärksten betroffene Lebensbereich. Betroffene berichten über Beleidigungen, abschätziges und respektloses Verhalten von Seiten der Teamkolleginnen und -kollegen oder Ungleichbehandlung durch Vorgesetzte. So wandte sich beispielweise eine Studentin an eine Beratungsstelle, weil sie bei ihrer Praktikumstelle an einer Primarschule von der Rektorin aufgrund ihres Turbans auf eine herablassende Art und Weise angesprochen wurde. Die Rektorin verlangte, die Haare der Praktikantin zu sehen, fragte, ob sie Haarprobleme habe und empfahl ihr, sich die Haare anders zu frisieren. Nach der Konfrontation wurde die Praktikantin ohne Begründung aufgefordert, das Praktikum abzubrechen.

 

In 72 Beratungsfällen wurden rassistische Vorfälle in der Nachbarschaft und/oder im Quartier registriert. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie haben die Diskriminierungsvorfälle in den privaten Bereich, besonders auf die Nachbarschaft, verlagert. Zum Beispiel schikanierte eine Nachbarin eine anerkannte Flüchtlingsfamilie nach deren Einzug in eine neue Wohnung. Die Frau äusserte sich wiederholt despektierlich über Menschen muslimischen Glaubens, schrie die Kinder im Treppenhaus an und belästigte die Familie mehrmals mit unbegründeten Lärmklagen und Polizeirufen. Auf Wunsch der betroffenen Familie wies die Beratungsstelle die Nachbarin schriftlich auf die Straftatbestände der Rassismusstrafnorm hin. Dies führte zu einer Verbesserung der Situation.

 

Das häufigste Diskriminierungsmotiv war mit 304 Fällen die Ausländerfeindlichkeit bzw. Fremdenfeindlichkeit, gefolgt von Rassismus gegen Schwarze mit 206 und Muslimfeindlichkeit mit 55 Meldungen. In jedem vierten Beratungsfall stellten die Beratungsstellen eine Mehrfachdiskriminierung fest. Am häufigsten wurde ein Zusammenwirken rassistischer Diskriminierung mit Diskriminierung aufgrund des Rechtsstatus, des Geschlechts und der sozialen Stellung genannt.

Der Rassismusbericht 2020 wurde graphisch neu gestaltet und inhaltlich besser auf die Zielgruppen abgestimmt. Ausserdem werden Fälle, bei denen ein rassistisches Motiv nicht ausgeschlossen werden kann, als Fälle rassistischer Diskriminierung ausgewertet. Dank dieser Anpassung werden Vorfällen des Alltagsrassismus und im privaten Bereich besser Rechnung getragen. Wegen dieser Neuerung werden die Ergebnisse des Berichts 2020 nicht mit den Auswertungen der vergangenen Jahre verglichen.

Der Bericht kann auf Deutsch, Französisch und Italienisch unter www.network-racism.ch heruntergeladen und bestellt werden bei: Beratungsnetz für Rassismusopfer, Tel. 031 302 01 61, beratungsnetz@humanrights.ch.

 

 

 

 

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