Nationalrat Kilian Baumann sagt wegen Drohungen alle Auftritte ab - Im Interview mit der DMZ

Kilian Baumann
Kilian Baumann

DMZ – POLITIK / GESETZ ¦ Walter Fürst ¦

 

Drohungen und Vandalismus prägen den aktuellen Abstimmungskampf um die beiden Agrarinitiativen. Vor allem Kilian Baumann wird hart angegangen und mit Drohungen und Hassnachrichten eingedeckt. Nur zu verständlich, dass seine Erklärung von letzter Woche hinfällig wurde: «Aufgeben ist keine Option und wäre ein falsches Zeichen.» Doch bei den ganzen Angriffen und Drohungen ist der einzige vernünftige Schritt alle weiteren Auftritte bis auf Weiteres abzusagen. Denn die Drohungen wurden zunehmend heftiger und auch immer mehr gegen seine Familie gerichtet.

 

Wegen seinen kompetenten und informativen, sowie sachlichen Auftritten für ein Ja zur Trinkwasser-Initiative und zur Initiative Pestizidverbot wurde der Biobauer regelrecht mit Hass eingedeckt. Wie man mit solchen Drohungen umgehen und was getan werden kann wird u.a. auch auf der Internetseite der Schweizerische Kriminalprävention erklärt: "Drohungen gehören im Strafrecht zur Deliktgruppe der «Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit» und nicht – wie viele vielleicht vermuten würden – zu den strafbaren «Handlungen gegen Leib und Leben». Strafrechtlich gesehen, ist eine Aussage oder Handlung dann eine Drohung, wenn der Adressat oder die Adressatin damit in Angst und Schrecken versetzt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob mit Gewalt, mit dem Tode oder mit einer für die betroffene Person erschreckenden Nachricht gedroht wurde. Die Idee hinter der Strafbarkeit liegt darin, dass die Handlungsfreiheit der betroffenen Person mit der Drohung eingeschränkt wird.

 

Neben der Tatsache, dass eine Drohung an sich schon strafbar ist, stellt sich bei Drohungen immer auch die Frage, ob die angedrohten Handlungen ausgeführt werden. Für die Prävention heisst dies, dass nicht nur präventiv gegen Drohungen an sich vorgegangen werden sollte, sondern auch die Einschätzung der Drohungen zur präventiven Arbeit gehört. Bedrohte Menschen sollten den Gang zur Polizei nicht scheuen, wenn sie die Drohung ernst nehmen, Angst bekommen und das angedrohte Übel schwer wiegt. Der ultimative Nachteil wird durch Todesdrohungen angekündigt, und diese sollten – werden sie ernst genommen – auch in jedem Fall angezeigt werden. Eine perfide Form stellen anonyme Drohungen dar. Die betroffenen Personen können die Ernsthaftigkeit nicht einordnen, da sie den Absender nicht kennen, was zusätzliche Ängste auslösen kann."

 

Interview mit Kilian Baumann

DMZ: Ihr Engagement ist enorm und ist, wie der "Gegenwind" klar aufzeigt, der richtige Weg. Haben Sie solche Angriffe wie Sie aktuell über Sie eingehen erwartet?

Ich engagiere mich für eine nachhaltige und ökologische Landwirtschaft und prangere regelmässig die marktbeherrschende Stellung und den grossen politischen Einfluss der grossen Agrarkonzerne an. Dabei ist mit einem rauen Gegenwind zu rechnen, das war mir bewusst. Mit dem aktuellen Ausmass habe ich aber so nicht gerechnet. 

 

DMZ: Was denken Sie über solche Menschen, die öffentlich und teilweise unter Echtnahmen Kommentare und Drohungen ausstossen?

Es ist bedenklich, dass die politische Debatte nicht mehr sachlich geführt werden kann. Die aufgeheizte Stimmung ist sicher auch auf die tendenziöse Berichterstattung zu den Initiativen in der Agrarpresse zurück zu führen. So wird die Empörung in gewissen landwirtschaftlichen Kreisen kultiviert und durch den laschen Umgang mit Beschimpfungen und Beleidigungen in den Kommentarspalten wird die Grenze des Sagbaren immer weiter verschoben. 

 

DMZ: Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie dabei?

Auch wenn nicht anzunehmen ist, dass diese Drohungen in die Tat umgesetzt werden, ist die Situation doch bedrückend. Ich habe ein ungutes Gefühl, wenn ich abends Familie und Hof zurück lasse, um irgendwo in der Schweiz an einem Podium oder Publikumsanlass teilzunehmen. Darum habe ich meine Teilnahme an diesen Veranstaltungen nun bis zum Abstimmungstermin abgesagt. 

 

DMZ: Wurde Ihnen bereits Hilfe angeboten?

Wir Grüne sind in der Partei und der Fraktion im Austausch und unterstützen uns gegenseitig. Nachdem ich die Drohungen publik gemacht habe, hat das Bundesamt für Polizei mit mir Kontakt aufgenommen.  

 

"Das Kommunikationsverhalten über die digitalen Medien zeichnet sich unter anderem auch dadurch aus, dass die Hemmschwellen für asoziales Verhalten durch die Distanz und die vermeintliche Anonymität tiefer liegen als bei der Face-to-Face-Kommunikation. Drohungen sind auch in digitalen Medien strafbar, und diese Form des Drohens sollte angezeigt werden, denn die Strafverfolgungsbehörden können unter Umständen die Absender ausfindig machen und den Drohenden einen Schuss vor den Bug verpassen."

Schweizerische Kriminalprävention

 

Was Menschen mit solchen Drohungen angetan wird, was bei diesen ausgelöst wird, ist nicht leicht wegzustecken. Menschenverachtende Aussagen sollen abwerten. Dahinter liegt die Vorstellung , dass bestimmte Menschen mit anderen Ansichten weniger wert sind als andere. Ob anonym oder unter Klarnamen, im Netz verlieren einige Menschen die Scheu und überschreiten Grenzen des Anstands und der Gesetze. Deshalb gilt es, auch künftig vermehrt gegen solche Vergehen und Straftaten vorzugehen. Wir wünschen Kilian Baumann und seiner Familie viel Kraft und Geduld in dieser schwierigen Zeit und Unterstützung von Menschen, die normal ticken.


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