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Der weinende Geiger

Foto: Marcos Tristao
Foto: Marcos Tristao

DMZ –  INTERNATIONAL ¦ AA ¦

 

Afro Reggae ist eine Bewegung, die mit Musik, Theater, Kunst, Bildung und Sport versucht, die Gewalt zu stoppen und die Kultur der Favelas in die Welt zu tragen. Die Arbeit von Afro Reggae ist ein Gegenpol zu der sensationalistischen Berichterstattung über die Favelas von Rio, in denen zwei Millionen Menschen leben und die nur erwähnt werden, wenn es um Gewalt und Verbrechen geht. José Junior ist Mitgründer einer der Köpfe und Koordinatoren der Aktivitäten von Afro Reggae. Er erzählt über den Beginn.

 

"Afro Reggae hat vor 13 Jahren als integratives Projekt begonnen. Unser Hauptziel ist es, die verschiedenen sozialen Schichten zusammenzuführen: Die Oberschicht von Rio de Janiero und die Favelas näher zusammen zu bringen. Afro Reggae ist keine Band, sondern ein sehr weitreichendes soziales Projekt, das von den Favelas getragen wird und von Menschen aus der Favela realisiert wird. Es ist ein soziales und politisches Projekt. Afro Reggae unterhält 61 verschiedene Projekte. Wir haben Musiker, wir haben Theater und Tanzgruppen. In der 'Favela von Parada de Lucas' betreiben wir ein Center, in dem die Bewohner der Favela ausgebildet werden. Das Hauptaugenmerk bei diesem Center liegt auf Ausbildung für Kinder und Erwachsene im IT Bereich. In der 'Favela von Vigaro Geral' bauen wir gerade ein Kulturcenter. Wir haben fünf Filme gedreht und produziert. Zwei sind bereits erschienen und drei sind gerade in der Postproduktion."

 

Favela Rising

In Europa kennt man Afro Reggae auch wegen des Films "Favela Rising", der die Geschichte der Bewegung erzählt. Nach einem Massaker der Militärpolizei an den Favela-Bewohnern ist Afro Reggae als kulturelle Widerstandsstrategie gegen Polizei-Gewalt geboren worden. An welchem Punkt hat Afro Reggae beschlossen, die Polizei in ihre Arbeit zu integrieren?

"Zu Beginn unserer Arbeit haben wir die Polizei kritisiert und angegriffen. Wir wollten nicht mit ihnen, sondern gegen sie arbeiten. Dann wurde ein Afro Reggae Mitglied von der Polizei angeschossen. Wir verstanden, dass es weitaus produktiver ist, zu versuchen einen Dialog mit der Polizei zu führen, Kräfte zu versammeln, anstatt uns in Opposition zu ihnen zu stellen."

 

In Rio de Janeiro gibt es an die 750 Favelas. Afro Reggae ist in vier Favelas präsent unter anderen im "Complexo do Alemao". Die Favela, in der rund 100.000 Menschen leben, wurde im Mai diesen Jahres Zeil einer militärischen Operation. Neben Afro Reggae haben auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International protestiert. Die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die das Vorgehen der Militärpolizei gegen die Bevölkerung untersuchen sollte, wird verlangt.

 

Afro Reggae versteht sich als kulturelles Sprachrohr der Favelas, das den Menschen Zukunftsperspektiven gibt. Die Zentren, die Afro Reggae in den Favelas unterhält, werden durch die weltweiten Auftritte der MusikerInnen und den Verkauf ihrer Filme, wie Favela Rising und CD Verkäufe finanziert.

 

Bei dem weinenden Jungen handelt es sich um den Brasilianer Diego Frazao Torquato, der in den Slums von Rio aufgewachsen ist und ständiger Armut und Gewalt ausgesetzt war. Dank der Organisation „Afro Reggae“ hatte er über die Musik wieder eine Perspektive für sein Leben gefunden. Das Bild entstand auf der Beerdigung seines Geigenlehrers  Evando Joao da Silva, der für ihn Freund und Mentor war. Evando wurde am 18. Oktober 2009 in Rio De Janeiro ausgeraubt und anschliessend erschossen.

 

Leider starb Diego wenige Monate später selbst im Alter von 13 Jahren an den Folgen einer Leukämie.


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