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Wo die Union uns doch ins Portemonnaie greift

DMZ –  WIRTSCHAFT / POLITIK ¦ Oliver Stock ¦

KOMMENTAR

 

CDU und CSU haben ihr Wahlprogramm vorgelegt und eines ganz  sicher versprochen: Steuererhöhungen wird es mit ihr nicht geben. Ganz so lupenrein gelingt das aber nicht. Bei vier Themen kommen höhere Abgaben auf die Menschen in Deutschland zu. Hier sind sie.

 

Es gibt zwei Dinge, die die Union fürchtet, wie der Bauer die Dürre: Wenn sie ihren Wählern erklären muss, dass etwas teurer wird. Und: Wenn sie mit Regeln aufwartet, die notwendigerweise immer Verbote beinhalten. CDU und CSU wissen, dass so etwas das Wohlbefinden stört und die Wahlchancen verringert. So war es immer. So erleben es gerade wieder auch die anderen Parteien. Und die Union hat sich deswegen alle Mühe gegeben, auf den 139 Seiten ihres Wahlprogramms Mehrkosten für Wählerinnen und Wähler zu verschleiern. Ganz gelungen ist ihr das allerdings trotz aller Anstrengung nicht.

Vier Punkte fallen ins Auge, bei denen auch Kanzlerkandidat Armin Laschet und seine Truppe nicht anders können, als mehr Geld von den Bürgern zu verlangen.

 

1. CO2-Abgabe steigt

Eine der windigsten Formulierungen im ganzen Wahlprogramm findet sich ausgerechnet unter der Überschrift: „Emissionshandel ausbauen – Verbraucherinnen und Verbraucher entlasten“. Dort heißt es: „Wir wollen den Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung straffen.“ Der geheimnisvolle Pfad – er beschreibt die derzeitige Beschlusslage der regierenden Union/SPD-Koalition, die sich im vergangenen Jahr darauf geeinigt hat, den CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden von diesem Jahr an schrittweise anzuheben: von 25 Euro pro Tonne bis auf 55 Euro im Jahr 2025, also im voraussichtlich letzten Regierungsjahr der nächsten Legislatur. Die Abgabe wirkt wie eine Steuer und hinter dem Bekenntnis zum „Aufwuchspfad“ steht die Bestätigung der Union, von dieser schrittweisen Steuererhöhung nicht abzuweichen. Allerdings fügen CDU und CSU hinzu, dass sie „so schnell wie möglich zu einem Europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme übergehen“ möchten. Dabei sollen Einnahmen Deutschlands aus dem Handel mit Emissionsrechten den Bürgern zurückgegeben werden. Wie das geschehen soll, und wie hoch die Einnahmen sein werden, ist unklar. Einer klar steigenden Belastung stehen damit diffuse Entlastungen gegenüber. Unterm Strich dürfte es erstmal teurer werden.

 

2. Selbständige müssen sich absichern

Das Wort „Pflicht“ taucht auf Seite 60 des Wahlprogramms auf. Wo es sonst immer „Anreiz“ heißt, greift die Union hier also zur klaren Vorschrift: Es geht um das Thema Altersvorsorge – eines der großen Streitthemen in der Politik, da klar ist, dass das bisherige Rentensystem in den nächsten Jahren unbezahlbar wird. Viel ändern will die Union dennoch nicht, aber eben einen entscheidenden Punkt auf jeden Fall: Selbständige, die sich bisher freiwillig in Altersvorsorgesystemen versichern konnten, müssen dies nach dem Willen der Union künftig zwangsweise tun. Sie sollen zwar zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und bestimmten privaten Vorsorgearten wählen können, aber ganz raushalten dürfen sie sich nicht mehr. Die Union will so erreichen, dass mehr Menschen ins öffentliche Rentensystem einzahlen, was den Druck auf dieses System etwas dämpfen würde.

 

3. Private Altersvorsorge wird Pflicht

Ein Stück, das „Eiertanz“ heißen müsste und damit beschriebe, wie sich jemand bewegt, ohne dass es auffällt, vollführt die Union unter der Kapitelüberschrift „Private Vorsorge neu gestalten“. Hier findet sich der Satz: „Wir werden Kriterien für ein Standardvorsorgeprodukt festlegen. Dieses Produkt ist verpflichtend für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Dies klingt nach einer Art Zwangsriester-Rente, allerdings machen die beiden konservativen Parteien eine Einschränkung: Die Bürger könnten der Einbeziehung in dieses System aktiv widersprechen, dann seien sie draußen. Wer jetzt aber an Freiwilligkeit glaubt, sieht sich einige Absätze später wieder getäuscht. Dort heißt es: „Wir verbinden mit diesen Maßnahmen die Erwartung, dass mehr Menschen privat vorsorgen. Sollte sich diese Erwartung nicht erfüllen, werden wir das Produktportfolio um ein staatlich organisiertes Standardvorsorgeprodukt erweitern und prüfen, ob wir zu einem stärkeren Maß an Verbindlichkeit kommen müssen.“ Das „stärkere Maß an Verbindlichkeit“ ist etwa so, als wenn der Lehrer empfiehlt Hausaufgaben zu machen. Wer allerdings der Empfehlung nicht folgt, bekommt eine „Sechs“ und bleibt sitzen. Deutlich wird: Geht es nach der Union, wird die private Altersvorsorge zur Pflicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden dort einzahlen müssen. Es wird also teurer, weil auch die Union sieht, dass die Alterseinkommen sonst wegschmelzen wie das Eis am Stiel bei 30 Grad im Schatten.

 

4. Mehr Geld für die Pflege

Beitragszahlungen, die eigentlich früher auslaufen sollen, mal eben bis zur Mitte des Jahrhunderts festzuschreiben – das ist der Union in ihrem Wahlprogramm mit Blick auf die Pflegeversicherung eingefallen. Sie schlägt vor, den Pflegevorsorgefonds bis 2050 zu verlängern, was mit entsprechenden Beitragszahlungen verbunden sein dürfte. Die Bundesregierung hat mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz diesen Fonds bei der Bundesbank angelegt worden. Ein Anteil von 0,1 Prozentpunkten der Pflegeversicherungsbeiträge werden pro Jahr dort angelegt. Aktuell sind dies etwa 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. 2017 hieß es dazu aus dem Gesundheitsministerium: „Über einen Zeitraum von 20 Jahren soll so Geld angespart werden, um danach zu erwartende Beitragssteigerungen abzumildern.“ Aus den 20 Jahren von damals würden jetzt nach den Vorstellungen von CDU/CSU weitere knapp 30 Jahre, eben bis 2050.

 

Unterm Strich: Bei den Themen Klima und Altersvorsorge kommt auch die Union um eine Erhöhung von steuerähnlichen Abgaben nicht herum. Sie verpackt es nur mehr oder weniger geschickt und geht damit den Weg, den Politiker am liebsten gehen: Wo Widerstand zu erwarten ist, werden sie undeutlicher.    

 

 

Herausgeber: Wo die Union uns doch ins Portemonnaie greift: WirtschaftsKurier - Nachrichten und Kommentare aus Politik und Wirtschaft


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