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Ausgerechnet ein IW-Gutachten fördert die Diskussion über eine Vermögensteuer

DMZ –  WIRTSCHAFT ¦ Dirk Specht ¦

 

Die Stiftung Familienunternehmen hat beim Institut der Deutschen Wirtschaft ein Gutachten in Auftrag gegeben, die Betriebsvermögen in Deutschland und die daraus resultierende Vermögensungleichheit zu untersuchen.

Ein spannender Auftrag, denn diese Vermögenswerte nicht börsennotierter Unternehmen wurden bisher nur grob auf ca. 1,1 Billionen geschätzt, aber nicht systematisch erhoben. Die Forscher fanden nun heraus, dass der Wert eher in der Bandbreite von 2,4 bis 3,1 Billionen liegt, was die Vermögensungleichheit gerade zugunsten der Auftraggeber, also der Unternehmerfamilien nochmals erhöht.

 

Man kann den Forschern an dieser Stelle kaum vorwerfen, ein Gefälligkeitsgutachten angefertigt zu haben. Sie begründen jedoch im Sinne der Auftraggeber, aber aus meiner Sicht durchaus zurecht, dass die Bedeutung dieser Unternehmen für die Wirtschaftsstruktur Deutschlands sehr wichtig ist und gegenüber solchen mit großer Dominanz börsennotierter Unternehmen Vorteile hat. Ebenso wird auf die Bedeutung und die Unterschiede der sozialen Sicherungssysteme in Europa hingewiesen sowie auf die Tatsache, dass diese bei den Vermögensvergleichen leider nicht bewertet werden.

 

Sehr strittig ist natürlich die Frage, ob eine Umverteilung beispielsweise durch eine Vermögensteuer erfolgen kann und sollte. Hier weisen die Forscher auf die Nachteile insbesondere für nicht liquide Betriebsvermögen hin.

 

Diese Sicht teile ich und halte eine Vermögensteuer in unserer Steuersystematik mit progressiven und vergleichsweise hohen Einkommensteuertarifen für das falsche Mittel. An der Stelle sind auch viele Vergleiche mit Ländern, die eine Vermögensteuer erheben, verfehlt, denn dort sind die Einkommensteuern deutlich niedriger. Man kann ökonomisch durch eine niedrige Einkommensteuer die Vermögensbildung erleichtern und dann an der Stelle abschöpfen. Aber eine Kombination aus hoher Einkommen- und zusätzlich einer Substanzbesteuerung hat überwiegend Nachteile und sie ist zudem verfassungsrechtlich begrenzt. Wer diesen Weg über eine reine Symbolsteuer hinaus gehen will, muss aus fiskalischen und ökonomischen Gründen schon die gesamte Steuersystematik in Deutschland anfassen.

 

Aus meiner Sicht ist das nicht mehr der richtige Weg, denn die Digitalisierung und Globalisierung stellen uns vor neue Probleme, die damit nicht lösbar sind. Das haben auch die USA längst erkannt, um nur ein Land zu nennen, in dem eine Vermögensteuer existiert, die aber kaum ein Zukunftsproblem löst.

 

Dass es in dem Gutachten keinerlei alternativen Vorschlag zur Umverteilung gibt, ist vielleicht doch dem Auftraggeber der Studie geschuldet. Ich sehe in diesen Ergebnissen erneut einen Beleg, die Unternehmen selbst stärker zu besteuern. Dazu hatte ich zum selben Thema vor einigen Tagen geschrieben: Eine Vermögensteuer ist das falsche Mittel.

 

Eine angemessene Besteuerung der unternehmerischen Wertschöpfung und eben nicht der Substanz ist ein global dringend erforderliches Projekt, welches mit der jüngst beschlossenen Mindeststeuer einen ersten Schritt weiter gekommen ist. Es ist die einzige nachhaltige Quelle zur Refinanzierung der Staaten – und die muss zugleich global fair verteilt werden, um die Ungleichgewichte zwischen den Staaten aufzufangen. Es ist eine notwendige Antwort auf Globalisierung und Digitalisierung zugleich.

 

Das muss über die Mindeststeuer hinaus weiter entwickelt werden. Sofern die Wertschöpfung angemessen besteuert wird, dürften sich die Unternehmenswerte als Nebeneffekt reduzieren, so dass die Vermögensungleichheit an der Stelle zurück kommen würde. Das ist aber zweitrangig, denn der entscheidende Punkt ist ein anderer: Die Unternehmen und damit deren Besitzer müssen einen deutlich höheren Beitrag zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben leisten. Wenn das passiert, ist es letztlich egal, wie die Buchwerte verteilt sind.

 

Der Ansatz bei den Unternehmen würde zudem börsennotierte Aktiengesellschaften und Familienunternehmen nebst deren höchst unterschiedlichen Besitzverhältnissen egalisieren. Das ist ein weiteres Thema, welches in diesem Gutachten nicht betrachtet wurde, denn die börsennotierten Unternehmen Deutschlands sind überwiegend in ausländischem Besitz. Die Wertschöpfung dieser Unternehmen sowie ihr Buchwert gehen unserer Gesellschaft weitgehend verloren.


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