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Kulturland und Fruchtfolgeflächen opfern für SBB-Profit?

DMZ –  POLITIK / UMWELT ¦ IG MM ¦

Positionspapier IG Pro Brach Fuchsbühl, Bubikon

GASTKOMMENTAR

 

Der Regierungs- und Kantonsrat haben es in der Hand

Die SBB möchten in Bubikon eine neue Abstell- und Serviceanlage bauen. Diese würde eine Fläche von rund 80'000 Quadratmeter wertvollsten, fruchtbaren Boden verschlingen. Das Gebiet ist Lebensgrundlage für mehrere Familien und bietet Lebensraum für diverse und teilweise geschützte Tierarten. Auch in Feldbach und in Eglisau wollen die SBB weitere knapp 70'000 m2 Landwirtschaftsland (Feldbach 25'000m2, Eglisau 42'500m2) für zusätzliche Abstellanlagen beanspruchen.

 

Unwiderbringliche Zerstörung

Um die Grossüberbauung in Bubikon zu realisieren, müssten 5 Landbesitzer enteignet werden. Darunter drei aktive Bauern/Bio-Bauern, deren Existenz von der Bewirtschaftung und den Erträgen des Bodens abhängig ist. Zudem liegt das Plangebiet grossflächig in einer Gewässerschutzzone zwischen Wald und Weiher, wobei die Trinkwasserfassung der Gemeinde Bubikon dem Bau zum Opfer fallen würde. Auch ein Wildtierwechsel, eine weitläufige Heckenlandschaft und ein Bach würden zerstört werden.

 

Projektstand

Zurzeit liegen die Pläne, die die SBB und ihr Projektpartner ZVV (Zürcher Verkehrsverbund) schmieden, als Vorlage für den kantonalen Richtplan vor, unter Federführung des Regierungsrats. Im Herbst 2022 muss der Kantonsrat darüber befinden. Der Bau wäre bereits 2027 geplant und würde 4 Jahre dauern.

Grund für den Anspruch der SBB ist, dass es für mehr Bahnpassagiere mehr Züge brauche, die irgendwo abgestellt werden müssten. Die Bahnbetreiber rechnen ungeachtet der Corona-Pandemie künftig mit einem markanten Passagierzuwachs.

 

Kritik an Vorgehen und Absichten

Besonders stossend ist, dass in die Standort-Evaluation der SBB ausschliesslich Naturstandorte in absolut dezentralen Lagen eingeflossen sind. Es wurden nur Standorte in Betracht gezogen, wo gesunder und wertvoller Lebensraum von Tieren und Pflanzen sowie fruchtbares Kulturland geopfert und irreversibel zerstört würden. Die SBB und der ZVV unterlaufen damit jedes Bestreben, unsere raren naturbelassenen Landschaften zu erhalten und verstossen mit dem Vorhaben an diesem Standort eklatant gegen diverse kantonale Raumplanungsgrundsätze.

 

Derartige Anlagen müssen – gerade angesichts des Klimawandels – unbedingt auf bereits industriell genutztem Areal und auf jeden Fall auf längst versiegeltem Boden vorgeschlagen werden. Solche Standorte wurden für die neuen Anlagen nicht evaluiert – ein Schelm, wer denkt, dies sei, weil Landwirtschaftsland billiger ist und durch Enteignung erlangt werden kann, ohne dass sich das Volk wehren kann.

Im Zuge dessen muss betont werden, dass die Schweizerischen Bundesbahnen allein in der Stadt Zürich über 150'000 m2 ihrer bestehenden Depots und Gleisanlagen verkaufen wollen, resp. bereits verkauft haben. Die Verkäufe werden damit begründet, dass, diese Gleis-Areale in Zürich nicht mehr für den Bahnbetrieb gebraucht würden. So steht z.B. auf einer SBB-Projektseite1 zur Umnutzung des Depot G an der Josefstrasse:

"Wo heute das Reparaturzentrum (Depot G) der SBB steht, entsteht morgen ein neues Stück Stadt – auf einer Fläche, die grösser ist als vier Fussballfelder. Mitten in Zürich, mitten im Kreis 5. Hier sollen für die Nachbarschaft und die ganze Stadt unterschiedliche Angebote für Wohnen und Arbeiten, Gastronomie und Retail sowie grosszügige öffentliche Räume entstehen."

 

Die SBB beschreiben weiter:

«Die Reparaturwerkstatt wird heute noch durch die SBB genutzt. Langfristig werden die Unterhaltsarbeiten jedoch auf andere SBB Standorte im Raum Zürich verlegt, sodass das Areal für eine Umnutzung frei wird.“

Solche „anderen Standorte“ wären eben die billigeren Ländereien in Bubikon im Zürcher Oberland, in Feldbach am Zürichsee und in Eglisau. Das genannte Umnutzungsprojekt ist nur eines von vielen Beispielen, wo die SBB Immobilien AG städtische Gleisanlagen zu Gold macht.

 

Die SBB argumentieren, dass neue Abstellanalagen an Endpunkten von S-Bahnlinien liegen sollen. Damit käme der Endpunkt Rapperswil infrage, wo es bereits freistehende Gleisflächen hat. Das Argument «Endpunkt» scheint jedoch plötzlich nicht mehr relevant zu sein, da die SBB in Rapperswil ebenso planen, ihr Betriebsgelände für den Immobilienbau umzunutzen/zu verkaufen.2 Bubikon hingegen ist kein Endpunkt einer S-Bahn-Linie.

 

Forderung an die Projektverantwortlichen und die Behörden

Im Namen des öffentlichen Interesses an der Erhaltung intakter Landschaft und der Lebensräume von Tier und Mensch, rufen wir den Regierungs- und den Kantonsrat auf, die Eintragung im Richtplanentwurf zu streichen und die SBB zur Suche nach geeigneten Standorten zu bewegen.

 

Die SBB sollen im Dienst der Passagiere einen reibungslosen Bahnbetrieb gewährleisten, statt ihre Geleise abzureissen, um damit hohe Renditen zu erwirtschaften. Für Service- und Abstellanlagen seien deshalb prioritär die bereits bestehenden Gleisanlagen zu modernisieren oder alternativ bereits versiegelte Böden in Betracht zu ziehen. Es kann nicht sein, dass die SBB im grünen Mantel der CO2-armen Mobilität Natur zerstört, obwohl sie selbst hundertausende Quadratmeter für diesen Zweck nutzbare Flächen besitzen.

Die zuständigen Behörden haben hier die zwingende Pflicht, dem starken Rückgang der Biodiversität entgegenzuwirken und die SBB zu einem Umdenken bei der Planung aufzufordern. Dabei geht es nicht um die Frage, ob öffentlicher Verkehr oder Natur. Es geht vielmehr um eine sorgfältige Planung ohne Widerspruch gegen die anerkannten Raumplanungsprinzipien und den vom Bundesrat für die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur festgelegten Ziele.

Stand: Juni 2021


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