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Störungen bei Swisscom

DMZ – TECHNIK / POLITIK ¦ Chris Steinegger ¦

KOMMENTAR

 

Vor über 30 Jahren büffelte ich für die Theorieprüfung zum Erwerb des Privatpilotenscheins. Ich kann mich noch gut an ein Lehrmittel erinnern, welches das damalige Eidg. Luftamt, das heutige BAZL, herausgegeben hat. Ich meine es war ein Buch über Flugtechnik und Flugtaktik. Auf einer Seite war eine lustige Zeichnung eines Storches, der mit einem Baby im Anflug war. Die Bildlegende dazu: "Unfälle geschehen nicht einfach. Sie werden verursacht."

 

Das ehemalige Luftamt hatte einen durchaus ausgeprägten Sinn für Humor. Das kommt mir gelegentlich wieder in den Sinn wenn ich von Unfällen oder Pannen erfahre, die bei einiger Vorsicht vermeidbar gewesen wären. So auch vor ein paar Tagen als es die Swisscom geschafft hat, weite Teile des Festnetzes samt fast sämtlichen Notfallnummern lahmzulegen. Und das war ja nicht zum ersten Mal der Fall. Wenn dann der Sprecher gegenüber den Medien lakonisch bemerkt Störungen seien halt unvermeidlich und jede Störung sei unschön dann ist das meiner Meinung nach sehr billig. Wenn eine Skyguide nach diesem Muster arbeiten würde dann regnete es jede Woche Blech vom Himmel.

 

Wenn ein Blitz in eine Verteilerstation einschlägt oder ein Bagger ein Kabel aus dem Boden reisst dann ist das ein unglückliches und kaum vermeidbares Ereignis. Aber wenn man mehr oder weniger qualifiziertes Personal an produktiv arbeitenden Servern herumbasteln lässt, ohne dass vorgängig ausgiebig auf parallelen Testsystemen getestet wird, dann ist das schlicht fahrlässig. Piloten trainieren auf Simulatoren damit im Notfall jeder Handgriff zur Abwendung eines Unglücks sitzt. Auch die Skyguide bildet das Personal auf Simulatoren aus, bevor es aktiv in den Luftverkehr eingreifen darf. Der Shutdown einer halben Serverfarm ist zwar nicht mit einem Flugzeugabsturz zu vergleichen aber so harmlos ist der Ausfall von achtzig Prozent der Notfallnummern auch nicht.

 

Ich denke, dass hier an der Sicherheitskultur gearbeitet werden muss. Überall ein Vieraugen-Prinzip, von Ingenieuren geplante Modifikationen müssten ausnahmslos durch eine Kontrollstelle abgesegnet werden. Zudem müsste wahrscheinlich auch eine umfassende Analyse durchgeführt werden, inwieweit alle Systeme eine hohe Resistenz gegenüber Hackerangriffen aufweisen. Wenn da mal ein paar Russen oder Chinesen in die Systeme der Swisscom eindringen dann telefoniert die Schweiz wohl eine Woche nicht mehr. Und dann könnte der Mediensprecher nicht einfältig von sich geben: "Jede Störung ist unschön."


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