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Verschwörungstheoretiker platziert Todesanzeige vom Vater, der an der Corona-Impfung gestorben sei

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Anton Aeberhard ¦

KOMMENTAR

 

Ein, auf Telegram, Youtube, Facebook aktiver Impfkritiker und Verschwörungsfanatiker, behauptet, dass sein Vater an einer Covid-19-Impfung gestorben sei. Er ging gar soweit, dass er den Fall als Todesanzeige auf todesanzeigeschweiz.ch platzierte (die Anzeige wurde in der Zwischenzeit gelöscht). Auch gegenüber 20min machte er Aussagen dazu, wie er in einem eigenen Video (vom Interview) auf seinem Youtubekanal zeigt. Es scheint, dass in diesen Kreisen jedes Mittel recht ist.

 

Wie kam der Fall an die Öffentlichkeit?

Der Sohn des Verstorbenen gab sich sehr aktiv und wollte auf mehreren Plattformen seine Sicht der Dinge darstellen. Offenbar ist er auch als Autor tätig. Er schrieb dazu, nach Löschung der Todesanzeige, auf diversen Portalen: "Guten Abend mir ist was spezielle passiert. Habe vor 2 Tagen eine Todesanzeige für meinen Vater (hier nennt er gar den Namen und  den ehem.Wohnort des verstorbenen Vaters) auf die Internetseite todesanzeigeschweiz.ch gemacht. Da hiess es für 175.- Franken sei es 3 Jahre online. Mir wurde per Email bestätigt das es online ist und ich die Rechnung erhalte. Nach nur einem Tag hat der das gelöscht und nicht mal per Email begründet. Doch ich habe zum Glück das Bild mit der Todesanzeige gespeichert und in meiner Telegram Gruppe ****News 888 gespeichert und da kann man die Anzeige jetzt noch ansehen da wird NICHT zensiert noch nicht. Dann habe ich einen Tag danach 5 Anrufe von 20min.ch erhalten und die haben mit mir ein Interview gemacht. Dieses wird am Montag kommen sagte der mit Video und Text doch er wird es schneiden. Genau darum und weil mein Vater nach der Impfung verstorben ist und da so vieles falsch lauft habe ich das unzensierte Interview von 20min.ch auf meinem Yotube Kanal gespeichert und hier kann es jeder anschauen. Da könnt ihr hören wie der sagt es sein noch kein Menschen in der Schweiz an diesem Gen Experiment gestorben https://www.youtube.com/watch?v=fzuvyKzcIXM&t=607s wir sollten diese Fälle alle auf einer Internet Seite sammeln vielleicht hier ? Wenn das nicht zensiert wird oder auf Telegram ? Danke wenn ihr es weiter gebt und wenn jemand das Foto mit der Todesanzeige will kann ich es euch auch mailen Danke euch allen da draussen auch für die vielen Brief die ich jetzt jeden Tag bekomme." Auf Facebook wird der Urheber regelmässig gesperrt. Seine Post sind absurder Natur, Verschwörungstheorien, hohe Aggression gegen Behörden, die er zelebriert. Neben Posts wie "CH Regierung finanziert blutige satanische kinderfeindliche Kunst" oder "Freimaurer Ritual auf dem Mond und Nasa gibt neue Ufo Dokumente frei", sowie "Aufruf zur Heilmeditation in Liestal Schweiz wegen geplanter blutiger Demo die weltweit stattfinden soll vor Ort bin um 10 h dort". Der Verdacht liegt nahe, dass auch die Todesanzeige lediglich dazu dienen sollte, seinen wirren Aussagen Gewicht zu verleihen. Auch das erwähnte Spital Basel hatte keinen solchen Fall.

Aufgrund der Beschreibungen des Verschwörungstheorienanhängers, im Bezug auf den Gesundheitszustand seines Vaters, vor der vermeintlichen Impfung, die bislang nicht nachgewiesen werden konnte, lässt vermuten, dass nicht die Impfung, sondern die Vorerkrankungen Ursache für den Tod waren. Fakt ist allerdings, dass der Urheber, dieser Meldung(en) einschlägig bekannt ist als Verbreiter von abstrusen Theorien und Fake-News.

 

Impfgegner werden nicht mehr

Es gibt keine Belege dafür, dass die Impfgegner mehr werden. Im Gegenteil. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) fragt seit 2012 alle zwei Jahre Einstellungen zum Infektionsschutz ab. Die Gruppe derjenigen, die Impfungen uneingeschränkt befürwortet, ist immer grösser geworden und nur noch 1 Prozent lehnen Impfungen ganz ab. Entgegen der oft verbreiteten Annahme halten nicht Aka­de­mi­ke­rinnen und Akademiker häufiger Impfungen für überflüssig, sondern Menschen mit „niedrigem Bildungsniveau“. Grund für diese "Verschwörungstheorien" gegen das Impfen ist die Dummheit der Impfgegner mit alternativem Weltbild.

 

Schwache "Argumentation"

Die Argumentation der Impfgegner folgt meist einer relativ einheitlichen Linie. Die Basis ist ein „alternatives Weltbild“, in dem Big-Pharma-Konglomerate und staatliche Gesundheitssysteme in wahlweise länder-, welt- oder universums­umfassenden Verschwörungen für unermessliche Summen die Menschheit entweder gezielt vergiften, um dann an Medikamenten noch unermesslichere Summen zu verdienen, oder die Entwicklung der Geimpften geistig und körperlich so weit beeinflussen, dass jeder Geimpfte sich weiterhin willenlos dem Staats- oder Pharmaimperium unterwirft. Ausgehend von dieser Weltsicht ziehen die Impfgegner in den Kreuzzug gegen alles, was ihnen in ihrer Welt gerade besonders aufstösst oder womit sich mit ein paar „Sachbüchern“ ein netter Nebenverdienst erzielen lässt.

 

Das spezifische Impfhalbwissen wird erzeugt durch pseudowissenschaftliche und halbverstandene Studien, durch Rosinenpickerei und absichtliche Fehlinterpretationen, durch Verschwörungstheorien und Aufbauschen ernsthafter Kritik. 

 

Neue Medien

Möglichkeiten der modernen Informationsgesellschaft erleichtern die Vernetzung und Verbreitung impfkritischer Ideen. Der Rückgang der impfpräventablen Erkrankungen lässt deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und Gesundheitspolitik sinken. Auch deshalb werden die sehr seltenen Komplikationen des Impfens im Vergleich zu den bestehenden Erkrankungskomplikationen überbewertet. Trotzdem wollen sich die meisten Menschen schützen. Der harte Kern der Impfgegner mache am Ende höchstens ein Prozent der Bevölkerung aus, schätzt man beispielsweise auch an der Charité in Berlin. 

 

Covid-19

Die Impfung gegen Covid-19 ist nicht nur ein grosser Lichtblick im Kampf gegen das Corona-Virus. Man sieht bereits Wirkung. Dennoch sind einige Menschen verunsichert und Gerüchte über angebliche Nebenwirkungen halten sich hartnäckig. Zu Unrecht.

Die Algorithmen des Datenkonzerns Facebook stehen immer wieder in der Kritik, da sie besonders emotionalisierende Aussagen eher begünstigen als solche mit überprüften Fakten. Was Menschen wütend macht, hat tendenziell eine grössere Reichweite und erlaubt somit mehr Werbeeinnahmen für das Unternehmen. Daran grundsätzlich etwas zu ändern, würde bedeuten, das Geschäftsmodell entweder radikal zu ändern oder auf Einnahmen zu verzichten. Beides ist nicht wirklich zu erwarten.

 

Natürlich kann theoretisch auch eine Impfung Ursache sein

Jede Meldung in Zusammenhang mit einem Todesfall wird durch Pharmacovigilance-Expertinnen und Experten abgeklärt, gestützt auf Krankengeschichten, Analysen, Laborwerten und wenn verfügbar auf Obduktionsberichten. Die Fachleute kommen in den bisher ausgewerteten Fällen zum Schluss, dass ein kausaler Zusammenhang mit den Covid-19 Impfungen bisher unwahrscheinlich ist. Bereits im letzten Jahr, reagierte Swissmedic auf eine ähnliche Meldung: "Auf Social-Media-Kanälen und Informationsplattformen kursiert die Meldung über den Tod einer 91-jährigen Person im Kanton Luzern, nachdem sie sich gegen Covid-19 impfen liess. Abklärungen der kantonalen Gesundheitsbehörden und von Swissmedic haben ergeben, dass aufgrund der Krankengeschichte und des Krankheitsverlaufs ein Zusammenhang zwischen dem Tod und der Covid-19 Impfung höchst unwahrscheinlich ist."

Auch laut Paul-Ehrlich-Institut (in Deutschland) gibt es nicht einen einzigen belegten Fall, in dem die Impfung zum Tod führte. Gewohnt akribisch listen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) Todesfälle und Mortalitätsraten im Zusammenhang mit einer Impfung gegen Covid-19 auf.

Für Thomas Mertens, Virologe und Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO), ist zunächst eine Zahl wesentlich: 85 Jahre. So hoch ist das  Durchschnittsalter der Verstorbenen, nach einer Impfung in Deutschland: "Wenn man in einer Gruppe von Menschen impft, die sowieso ein statistisch hohes Risiko hat, in nächster Zeit zu sterben, dann kann es natürlich auch sein, dass jemand im engeren zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung stirbt." Das muss dann aber nichts mit der Impfung zu tun haben, trotzdem werde dies im Einzelfall überprüft.

 

Oft wird von Betroffenen eine Kausalität "konstruiert"

Die bekannte Oberärztin Dr. med. Anita Niederer-Loher (mbF Infektiologie / Spitalhygiene, Co-Leitung reisemedizinische Sprechstunde, Kantonsspital St. Gallen und Ostschweizer Kinderspital) erklärt es unabhängig dieses vorliegenden Falles so: "Die Wahrnehmung eines Ereignisses, das in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung auftritt, ist individuell sehr unterschiedlich. Oft wird von Betroffenen eine Kausalität "konstruiert", um selbst besser damit umgehen zu können. Dies passiert vor allem aus dem Bedürfnis heraus, einen Grund oder eine Ursache für ein schmerzendes Ereignis, wie es der Tod eines Vaters sicherlich ist, definieren zu können. Grundsätzlich muss man aber wissen, dass in der Schweiz durchschnittlich jeden Tag 180 Personen an verschiedenen Ursachen versterben (unabhängig von Corona!) und ca. 110 davon sind > 80 Jahre alt.

Damit ist eigentlich sofort klar, dass es unausweichlich ist, dass einige dieser Todesfälle auch nach einer Impfung auftreten werden. Insbesondere dann, wenn wie in letzter Zeit sehr viele Personen dieser Altersgruppe im gleichen Zeitraum geimpft werden. Dennoch ist es natürlich wichtig, dass jeder Todesfall, der nach einer Impfung auftritt untersucht wird im Hinblick auf die Todesursache. Das wird sowohl bei uns in der Schweiz als auch in den anderen Ländern immer gemacht und es zeigt sich, dass Todesfälle nicht häufiger nach Impfung auftreten als sonst. Damit gibt es bisher keine Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen COVID-Impfung und Versterben. Es kann aber eben durchaus vorkommen, dass jemand nach der Impfung verstirbt. Und dann ist es weiterhin wichtig, dass dies gemeldet und die Todesursache abgeklärt wird."

 

Weiterhin ist es wichtig, dass dies jeweils auch gemeldet und die Todesursache abgeklärt wird. Ein "Breitschlagen" eines solchen Falles in den Medien ohne die zugehörigen Fakten zu kennen ist aber in keinem Fall zielführend.

 

"Langzeitfolgen des Impfstoffs sind noch unklar"

Durch die Wirkweise des mRNA-Impfstoffs ist allerdings nicht von Langzeitfolgen auszugehen. Das Risiko für Nebenwirkungen liegt im Bereich von 0,0001 Prozent. Schwere Impfschäden treten zudem meist sehr zeitnah auf – in der Regel zeigen sich langfristige Nebenwirkungen spätestens nach acht Wochen. Was danach im Körper passiert, kann nicht mehr direkt mit dem Impfstoff zusammenhängen, da der Impfstoff selber längst vom Körper abgebaut ist. Durch die Wirkweise des mRNA-Impfstoffs ist daher nicht von Langzeitfolgen auszugehen. Diese Aussage ist daher an sich richtig, jedoch gibt es keinen Grund zur Sorge!

 

Mögliche Nebenwirkungen: An der Einstichstelle kann es zur Rötung, Schwellung und auch leichten Schmerzen kommen. Auch Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit sowie Schüttelfrost und gelegentlich Fieber zählen zu den Nebenwirkungen, die in den ersten drei Tagen nach der Impfung auftreten können. Denn beim Ankurbeln des Immunsystems macht der Körper keinen Unterschied zwischen einem echten Infekt und dem durch Impfung nur „vorgetäuschtem“. Deshalb entsprechen manche Nebenwirkungen den Symptomen eines leichten Infekts.

 

Eine schwere Nebenwirkung von Impfungen kann ein anaphylaktischer Schock sein. Das ist eine massive allergische Reaktion des gesamten Körpers, die lebensbedrohlich verlaufen kann und die direkt in den Minuten nach der Impfung einsetzt. Deshalb bleiben Geimpfte nach der Impfung auch noch für einige Minuten unter Beobachtung durch medizinisches Personal, das im Notfall ein Gegenmittel spritzen kann. Menschen, die zu schweren allergischen Reaktionen neigen, sollten sich deshalb vor der Impfung im Impfzentrum beraten lassen.

 

Andere sehr seltene Nebenwirkungen werden sich in den Statistiken erst zeigen können, wenn mehrere Millionen Menschen geimpft wurden. Auch Spätfolgen der Impfung müssen sich, wenn es sie denn gibt, erst noch zeigen. Allerdings werden Impfstoff im Körper recht schnell wieder abgebaut. Daher sind späte unerwünschte Nebenwirkungen, die erst nach Monaten oder gar Jahren auftreten, nicht zu erwarten.

Um mögliche Folgen der Impfung frühzeitig zu erkennen und zu überwachen, führt die Europäische Arzneimittelagentur EMA seit Sommer 2020 europaweite Beobachtungsstudien durch. Sehr seltene Nebenwirkungen zeigen sich oft erst, wenn sehr viele Menschen geimpft wurden, daher ist eine kontinuierliche Beobachtung und Aufmerksamkeit richtig und wichtig. 

 

Fakt

Es gibt zwar Berichte, dass Menschen kurz nach einer Impfung gegen Covid-19 gestorben sind. U.a. verfolgt auch das Paul-Ehrlich-Institut diese Fälle und geht davon aus, dass nur ein zeitlicher Zusammenhang zu den Impfungen besteht. Die eigentliche Todesursache aber in der schweren Grunderkrankung und dem Alter der Patienten liegt. 


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