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Die Wiederholung der Fehler von 2020 ist überflüssig

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Dirk Specht ¦

KOMMENTAR

 

Trotz “Sicherheitsmaßnahmen” haben sich auf einem Event in Utrecht mindestens 5% (!!) der Besucher infiziert, fast 1.000 an der Zahl, Tendenz steigend. Bei dem Verdopplungstempo in NL sind das sehr rasch 16.000 als unmittelbare kausale Folge dieses Events.

Das wird trotz Impfungen Sterbefälle und LongCovid auslösen – auch in der Population der Besucher, vor allem aber in deren Umfeld bei ungeimpften Risikogruppen. Wäre der Schaden direkt bei dem Event beispielsweise durch eine Massenpanik verursacht worden, hätten wir heute die Presse voller Katastrophen-Bilder.

 

Covid-19 ist wohl für viele in der Gesellschaft immer noch zu unsichtbar. Wenn die Regierung in NL mehr als ihr Eingeständnis einer “Fehleinschätzung” leisten möchte, lässt sie die unmittelbaren kausalen Folgeschäden dieses Events präzise ermitteln. Dasselbe sollten alle Regierungen in Europa mit den EM-Events tun, denn es kann kaum Zweifel geben, dass auch hier sehr viel passiert ist. Hinzu kommen Urlaubsrückkehrer, die wie 2020 in den RKI-Berichten schon wieder eine große Rolle spielen.

Wenn man sich die Altersverteilung der festgestellten Inzidenzen in ganz Europa ansieht, hat man wie im letzten Sommer eine hohe Konzentration bei den jungen Erwachsenen – auch bei uns. Im letzten Jahr kamen Streeck et al. auf die Idee, das als gute Idee zu verkaufen, weil parallel die Hospitalisierungen nicht gestiegen sind.

 

Utrecht findet in dieser jüngeren Population überall im großen oder im kleinen statt. So beginnen die Wellen: Zuerst nehmen die Jüngeren das Virus auf, dann folgt die Diffusion in die Gesamtbevölkerung und parallel steigen damit sowohl die Quote als auch die Zahl der Hospitalisierungen. Diesen “Ketchup-Effekt” hatte ich bereits im letzten Herbst beschrieben: Coronews 16.10.20

 

Es macht fassungslos, auch in diesem Jahr wieder dieselbe Geschichte von den “unbedenklichen” Infektionen zu hören – seien es die Kinder oder die jungen Erwachsenen. Und wie 2020 kommen wieder die Hinweise, man müsse auf die Krankenhausdaten achten.

 

Wer das immer noch propagiert, ist entweder so ignorant, dass er denselben Fehler wiederholen muss oder eben doch ein Freund der Herdenimmunität per Infektion.

 

Man kann die Krankenhausdaten immer noch aus den Inzidenzen vorbestimmen – und zwar mit ca. vier Wochen Vorsprung. Ein Vorsprung, den man bei diesen exponentiellen Prozessen nun wirklich nicht aufgeben darf!

 

Dass die Impfquote die Welle dämpfen wird, macht schlicht keinerlei Unterschied, denn das lässt sich einfach in die Metrik einbauen: Wir werden bei dem erwartbaren Impfstand der kommenden Wochen eine um ca. 40-50% geringere Hostpitalisierungsquote als 2020 haben. Niemand muss daher auf die Krankenhausdaten warten. Diese folgen – in UK bereits bewiesen – unverändert wie ein Uhrwerk auf die Infektionen – was denn sonst !!

 

Dass wir in Europa und auch in Deutschland keine Rücksicht auf die Impfquote nehmen, die leider nicht schnell genug steigt, macht mich noch fassungsloser als die Dummheiten des Sommers 2020.

Im letzten Jahr konnte man zumindest noch argumentieren, es werde vielleicht gar keine andere Lösung als eine überwiegende Durchseuchung der Bevölkerung geben. Ich hatte mich immer dafür eingesetzt, auf eine Impfstrategie zu setzen und dieser eine Chance zu geben. Aber selbstverständlich waren letztes Jahr andere Positionen vertretbar. Nun ist die Lösung aber da und jede Woche, die wir die Inzidenzen niedrig halten, rettet kausal Gesundheit und Leben. Jeder Monat, den wir durchhalten, bringt uns der vollständigen Beseitigung der Pandemie näher.

 

Selbstverständlich rechtfertigt der bereits existierende Impfschutz vermutlich keinen Lockdown mehr, wobei wir bei Delta erst mal abwarten sollten, welche Zahlen wir tatsächlich sehen. In NL jedenfalls kommt die vierte Welle zu schnell und zu früh, die haben es tatsächlich geschafft, nochmals härter eingreifen zu müssen. In UK lässt die Regierung Johnson die gesundheitlichen Folgen knallhart zu.

 

Es geht aber gar nicht darum, wie letztlich auf die vierte Welle reagiert wird, sondern um deren leichte Vermeidbarkeit. Wir hätten jetzt sehr leicht NoCovid durchsetzen können – eine Lockdown-Vermeidungsstrategie, um das noch mal klar zu machen. Denn die erforderlichen Eingriffe wären jetzt ausgesprochen “billig” zu haben, im Herbst wird es sehr spannend, ob wir eher den Niederländern oder den Briten folgen. Eine vollkommen überflüssige Stressdiskussion im Rahmen des Wahlkampfes!

Dass die unmittelbar vor uns liegende Lösung per Impfung nun mutwillig gefährdet wird, zudem mit weitgehend ungeimpften Kindern, ist nicht mehr nachvollziehbar und Menschen, die immer noch von den Krankenhausdaten als Maß für die Pandemie sprechen, kann ich nur noch verachten: Das ist entweder Dummheit oder Absicht.


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