Ein sehr kurtzweilige vnd hochnutzliche Fabel / von der Tyranney.

DMZ – HISTORISCHES / KULTUR ¦ 1618 ¦

 

Die Fabel redt von Tyranney:

     Zeigt / wie es so gefährlich sey /

     Bey Hoff zureden außher frey.

DEr Löw / als aller Thier ein König /

     Hielt etlich seiner Räht argwönig /

Vnd meint er hett vrsach genug /

     Daß er sie straffen möcht mit fug:

Gedacht allein / wie ers angriff /

     Daß ihm derselben keinr entlüff:

Besorgte / mach er ein Proceß /

     Sie möchten sich außreden / deß /

Was er bring wider sie auff oban:

     Drumb griff er sein sach also an:

Weyl an der zahl waren nur drey /

     Da Wolff der erst war an der Reyh /

Dann der Esel / zu letst der Fux /

     Ließ er sie all drey bscheiden flux /

Bey Hoff sich gsambt zustellen eyn:

     Vnd gab der sach ein solchen schein:

Wie ihm fürkom ein handel schwer /

     Da er ihrs Rahts nottürfftig wer.

Als sie nun kamen zu der stett /

     Vnd er sie wol empfangen het:

Wußt / daß sein Höle vbel stunck:

     Fragt er den Wolff / was ihn bedunck /

Von seinem Köngklichen Pallast?

     Den Wolff sein zung bald überrast:

Besorgte sich keiner gefaar /

     Vnd sprach: Herr König es ist waar /

Schön vnd zierlich ist der Pallast:

     Allein dunckt mich / er stinck zu fast!

Vnd eh er recht besah das ort /

     Faßt ihn der Löw bey disem wort.

Sprach: Schmähest mich in meinem Hauß /

     Was thust / wann ich dich ließ darauß?

Zerriß in stracks in seinem Grimm.

     Vnd wendt zum Esel seine Stimm.

Sag: wie gefallt dann dir mein Hoff?

     Der Esel / den die forcht betroff /

Antwortet. Herr / wie mich bedeucht /

     In ewerm Sal es lieblich reucht.

Meint ihm solt nit gehn wie dem Wolff.

     Doch aber ihn solchs wenig holff.

Dann zornig fuhr ihn an der Lew.

     Esel / du bist mir nit getrew:

Was mir der Wolff zu vil gesagt;

     Sagstu zu wenig / als verzagt:

Dein schmeichlerey / vnd deß Wolffs trutz /

     Schaffet euch beiden gleichen nutz!

Der Löw den Esel auch zerriss.

     Fuchs gdacht zuhalten sein gebiss /

Als ihn der König auch gefragt:

     Sprach er: Mein Herr / der schnupp mich plagt /

Daß ich rieche keinen geruch:

     Vnd manglet mir jetz mein schnupthuch /

Welchs in der eyl ich ließ dahinden.

     Der Löw meint auch vrsach zufinden /

Daß er erhaschen köndt den Fuchs.

     Sagt: Du bist vrsach deß Geruchs /

Durch deinen schnupp / welcher duchloff /

     Mit seinem gstanck den gantzen Hoff.

Herr König / sprach der Fuchs in eyl /

     Daß euch der zorn nit übereyl:

Laßt mich vorlangen mein schnuppthuch;

     Alsdann erkennet den Geruch.

Der König gab ihm dessen fug.

     Der Fuchs braucht schnell disen betrug:

Vnd bracht der Füchßin vnderthuch.

     Der Löw sprach: pfuy dich der Geruch

Ist ärger / dann meins Hoffs gestanck:

     Nit fählen kans / du bist Todt Kranck /

Oder dein Hauß ist angesteckt.

     Daß nun mein Hoff bleib vnbesteckt /

Fahr hin: Komm wider zu der stund /

     Alsbaldt du wider bist gesund:

Daß ich mit dir / an statt dern beeden /

     Mich mög nach notturfft vnderreden.

Der Fuchs / dem sein list wol erschossen /

     Merckte gar leichtlich disen possen:

Daß ihn der Löw auch fressen wölte /

     Wenn er sich bey ihm gsund eynstölte:

Bedanckte sich / vnd macht angends

     Ein demütige Reverentz:

Nam seinen abschid von dem Hoff.

     Doch ihn der Löw nie mehr antroff;

     Dann er in sicherheit verschloff.

Erinnerung auß der Fabel.

     WO Tyranney nimt überhand /

     Findt Gricht vnd Recht

          nit mehr bestand:

     Sonder Gewalt / List vnd Betrug /

     Mit falschen schein / hat den vorzug!

Wer d'Warheit redt komt in gefahr:

     Ja offt wol vmb das Leben gar.

Wirdt dann gebraucht die schmeichelkunst:

     So findt sie doch auch kleine gunst:

Sonder man nimt daher erst schein /

     Dich zbringen auch in gfahr vnd pein.

Vnd hilfft da nichts / es muß hindurch:

     Gleich wie der pflug macht eine furch.

Vnd geht alsdann an solchem ort /

     Wie man waar sagt in eim sprichwort:

Daß der / der schlagen wolt einen Hund /

     Gar bald auch einen Bengel fund:

Vnd da man schon nit ursach gab /

     Nam man sie von eim zaun herab.

Derhalben klug der billich heißt /

     Der sich herauß zuwicklen weißt.

Jedoch wie klug er immer ist /

     So braucht es noch all ränck vnd list.

Vnd wirdt noch gfragt: ob man hab fug /

     Gfahr abzuwenden mit betrug?

Zwar mancher ist der solches glaubt /

     Der darfur halt es sey erlaubt.

Ich setz an sein ort wie dem sey.

     Doch aber findt sich das darbey /

Daß der gstalt der Warheit sich muß leyden:

     Welchs doch ein jeder Christ solt meyden.

Das best ist: Wer Hoff nit muß seyn /

     Daß keiner sich selbs tringe eyn:

So bleibt er sicher vnd wol frey /

     Für solcher gfahr vnd Tyranney.

Wer aber je / nach dem Beruff /

     Darzu ihn sein Gott selbst erschuff /

Muß seyn bey Hoff / im Raht im Gricht /

(Ohn welches sonst die welt bstünd nicht)

Der setz auff Gott sein zuversicht:

     Vnd bleib getrew / in seiner pflicht /

An Gott / vnd seiner Obrigkeit:

     Liebe das Recht / vnd die Warheit:

Vnd sey in allem thun beflissen /

     Das er behalt ein gut Gewissen.

Komt dann schon widerwertigkeit /

     Gleich selbsten von der Obrigkeit:

Die etwan dein Trew nit erkennt.

     Oder wirst von der Welt angrennt:

Die dich verlestert vnd verkleint /

     Die anderst redt / vnds anderst meint:

Vnd man drauff (ob man schon nit sicht

     Ins Hertz) gleichwol ein Vrtel spricht.

Oder was sonsten Gott verhengt /

     Daß du mit Creütz wirst angesprengt.

So wirdt jedoch dir Gott beystahn /

     Dein Ehr retten vor jederman /

Vnd dir helffen auß aller gfahr /

     Gott geb / wie dir bestellet war:

Dich segnen / vnd nach disem Leben /

     Das Ewig dir zur bkrönung geben.


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