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Antworten auf die grössten Ängste vor Corona-Impfung

DMZ –  GESUNDHEIT / WISSEN ¦ Walter Fürst ¦   

 

Nur ein verschwindend kleiner Teil aller bisher Ungeimpften sind Impfskeptiker (klar von Impfgegnern zu unterscheiden) aus voller Überzeugung. Ein Teil hat das Gefühl, auf seine Fragen noch keine Antworten erhalten zu haben oder hat schlicht und vielleicht auch verständlicherweise Angst vor einer Impfung. Dies, weil die laute Minderheit immer wieder falsche Informationen streut. Impfskeptikerinnen und -skeptiker sind nicht dasselbe wie und Impfgegnerinnen und -gegner. Impfgegnerinnen und -gegner greifen in der Regel auf rhetorische Techniken zurück, mit denen die Impfbefürworter immer wieder konfrontiert werden. Aus der in einer Gesamtheit zur Verfügung stehenden Daten werden nur die Datenpunkte herausgegriffen, die ins Bild passen und die in die Argumentationskette von Impfgegnern herangezogen werden können. Zudem werden hundertprozentige Sicherheiten reklamiert, die weder beim Impfen noch bei der Klimadebatte noch bei sonst einem Thema versprochen werden können. Und schliesslich werden Fakten herangezogen, die keine Fakten sind und dann auch noch verzerrt und mit falschen Schlussfolgerungen dargestellt werden. Dies verunsichert die Impfskeptikerinnen und -skeptiker allerdings zusätzlich.

 

Jeder und jede Einzelne muss eine Entscheidung für oder gegen die Corona-Impfung treffen. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, sie betrifft die persönliche Gesundheit, und – das lässt sich nicht ändern – sie betrifft auch die anderen und damit die Gesellschaft.

 

Wir räumen mit einigen Falschmeldungen oder Missverständnissen auf und beantworten Fragen von Impfskeptikerinnen und Impfskeptikern.

 

Wurden die Impfstoffe zu schnell entwickelt?

Die Impfstoffe haben alle eine vollständige Zulassung, die sich von einem herkömmlichen Verfahren nicht unterscheidet, aber beschleunigt durchgeführt wurde. Die Impfstoffstudien zu Sicherheit und Wirksamkeit haben ganz regulär mehrere Zehntausend Probanden umfasst.

Der EMA (European Medicines Agency) wurden bereits kontinuierlich Daten übermittelt, bevor die Firmen die Zulassung beantragten, die einzelnen Phasen des Zulassungsprozesses sind nebeneinander und nicht hintereinander abgelaufen. Und sowohl mit der Technologie der Vektor- als auch der mRNA-Impfstoffe gab es schon vor Corona über viele Jahre Erfahrungen, etwa aus Studien zu möglichen Krebsimpfstoffen.

 

Es wurde also trotz der schnellen Zulassung kein einziger Schritt ausgelassen, sodass der Impfstoff sicher ist. In Bezug auf die Anforderungen an Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wurden keine Abstriche gemacht. Auch, wenn mRNA-Impfstoffe an sich neu sind, wird schon lange an ihnen geforscht, sodass viel über ihre Sicherheit bekannt ist.

 

Muss ich mir Sorgen wegen Langzeitfolgen machen?

Impfnebenwirkungen zeigen sich wenige Stunden bis Tage nach der Impfung. Was danach im Körper passiert, kann nicht mehr direkt mit dem Impfstoff zusammenhängen, da der Impfstoff selber längst vom Körper abgebaut ist. Durch die Wirkweise des mRNA-Impfstoffs ist daher nicht von Langzeitfolgen auszugehen. Diese Aussage ist daher an sich richtig, jedoch gibt es keinen Grund zur Sorge!

Mittlerweile sind weltweit bereits 5,5 Milliarden Dosen verimpft worden.

 

Wissenschaftler, Forscher und Ärzte gehen aufgrund des Aufbaus des Impfstoffs nicht von Langzeitfolgen aus. Mit einer Impfung werden neben den Antikörpern auch Immunzellen trainiert, die Corona-infizierte Zellen erkennen und zerstören können. Auch wenn diese erzeugten Antikörperspiegel nach der Impfung nach einigen Monaten abfallen können, kann eine schützende Immunantwort durch eine Impfung erreicht werden. Die Behauptung, dass in dem Fall die Schutzimpfung nicht mehr wirkt, ist falsch. Wie lange der Schutz anhält, wird im Rahmen der klinischen Prüfungen auch nach einer Zulassung weiter ermittelt.

 

Kann eine Impfung  eine schlimme Infektion verhindern?

Richtig! Aktuell ist davon auszugehen, dass sogar im Falle einer erneuten Infektion mit Sars-CoV-2 der Verlauf deutlich milder ist.

 

Enthalten die Impfstoffe wirklich gesundheitsschädliche Stoffe?

Auch diese Behauptung ist falsch. In den Covid-19-Impfstoffen sind kaum Substanzen enthalten, die eine allergische Reaktion auslösen könnten. So enthalten sie kein toxisches oder tierisches Material, wie etwa Formaldehyd, Hühnereiweiss oder Konservierungsmittel. Auch erzeugen sie keine infektiösen Partikel, sodass kein Risiko der Umwandlung zu einem vermehrungsfähigen Virus besteht.

 

Der Impfstoff ist wirkungslos, weil sich Menschen trotzdem anstecken können

Nein. Es wird zwar viel darüber diskutiert, dass sich Menschen trotz Impfung anstecken können und dass dies bereits vorgekommen sei. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Zum einen reagiert der Körper nicht bei allen gleich auf den Impfstoff und bildet keine Abwehr, oder verzögert,  das ist allerdings sehr selten. Zum anderen können sich bereits Geimpfte angesteckt haben, bevor sich die Immunität vollständig ausgebildet hat, denn dazu werden pro Mensch je zwei Impfungen benötigt. Erst nach der zweiten Impfung und nach einer Zeit der Bildung der Abwehr kann der Körper ausreichend Antikörper gegen das Virus bilden, führen Dr. Irit Nachtigall, Regionalleiterin Krankenhaushygiene in der Helios Region Ost und Dr. Dominic Fenske, Leiter Krankenhausapotheke im Helios Klinikum Erfurt aus.

 

Es soll tausende gemeldete Todesfälle durch die Impfungen geben. Stimmt das?

Nein, das ist falsch. Auffällig wäre, wenn es z. B. bei 1000 Geimpften in einem bestimmten Zeitraum nach der Impfung mehr Todesfälle gäbe wie bei Ungeimpften. Bei Geimpften ist diese Zahl in den Wochen nach der Impfung nicht höher, da gibt es also keine Auffälligkeit. U.a. verfolgt auch das Paul-Ehrlich-Institut diese Fälle und geht davon aus, dass nur ein zeitlicher Zusammenhang zu den Impfungen besteht. Die eigentliche Todesursache aber in der schweren Grunderkrankung und dem Alter der Patienten liegt.

 

Demgegenüber zeigen Berechnungen, dass zwischen Februar und Juli durch die Covid-Impfungen Spitalaufenthalte (davon auch auf Intensivstationen) und Todesfälle vermieden wurden.

 

In Israel waren zeitweise bis zu 60 Prozent der schwer kranken Spitalspatienten geimpft, wirken also die Impfungen nicht?

In Israel sind von der älteren Bevölkerung mehr als 90 Prozent geimpft. Je höher aber die Impfquote, desto grösser der Anteil der Geimpften unter den Patienten – weil es ja kaum Ungeimpfte mehr gibt. Statistiker haben gezeigt, dass die absoluten Zahlen der schweren Verläufe alleine einen falschen Eindruck erwecken. Sie setzten sie in Relation zur Gesamtanzahl Geimpfter und Ungeimpfter: Dann ist die Rate schwerer Fälle bei den Ungeimpften 3,1 x so hoch. Schlüsselt man die Zahlen dann noch genau nach Altersgruppen, Impfquoten und Bevölkerungszahl auf, zeigt sich, dass die Impfung zu einem hohen Prozentsatz vor schweren Erkrankungen schützt.

Geimpfte können grundsätzlich an Covid-19 erkranken, da die Impfstoffe nicht zu 100 Prozent wirksam sind. Das israelische Gesundheitsministerium hat Anfang Juli eine Analyse zur Wirksamkeit der Impfung bezüglich der sich verbreitenden Delta-Variante veröffentlicht. Sie ergab, dass die Impfung zu 64 Prozent eine Ansteckung verhinderte. Gegen schwere Verläufe liege die Wirksamkeit bei 93 Prozent, so die Analyse.

Erste Studien deuten darauf hin, dass der Impfschutz mit der Zeit abnimmt. Deshalb hat Israel damit begonnen, für bestimmte Bevölkerungsgruppen eine dritte Impfdosis anzubieten.

 

Impfdurchbrüche in Israel vor allem bei Personen mit Vorerkrankungen

Eine im Juli veröffentlichte Studie aus Israel hat sich mit erfolgten Impfdurchbrüchen beschäftigt. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass bei einem Grossteil der trotz Vollimmunisierung hospitalisierten Personen in der Studie Vorerkrankungen existierten. Im Vergleich zu hospitalisierten Ungeimpften sei die Anzahl der Vorerkrankungen grösser gewesen.

 

Fazit: Die Impfungen wirken, auch in Israel mit grossem Erfolg.

 

Ist Covid wirklich gefährlicher als Grippe?

„Bei der Influenza haben wir durch die jährlichen Wellen eine Grundimmunität in der Bevölkerung, beim Coronavirus nicht. Und unter jenen, die nicht geimpft sind und noch keinen Kontakt mit SARS-CoV-2 hatten, ist die Infektionssterblichkeit eindeutig höher als bei der Influenza.

 

Aber als jüngerem Menschen passiert mir doch nichts?

Von Januar bis Ende August 2020 haben gab es schwere Fälle in dieser Altersgruppe, auch Todesfälle. Vielen Patienten mussten nach einer Covid-Erkrankung die Lunge transplantiert werden.

 

Gutes Immunsystem reicht doch auch?

Ungeimpfte Kinder haben ein besser trainiertes Immunsystem, sagen Impfgegner. Dabei vergessen sie, dass die Impfstoffe den Abwehrzellen im Körper dieselben Alarmsignale geben wie krankmachende Viren. Sie sind aber nicht infektiös. Da die Impfseren zudem hoch speziell sind, kommt auch das Abwehrsystem geimpfter Kinder täglich mit Tausenden anderen Erregern in Kontakt, gegen die es sich aus eigener Kraft wehren muss.

 

Besteht die Gefahr, dass die Impfung unfruchtbar macht?

Studien mit vielen tausend geimpften Schwangeren haben keinerlei Probleme und keine Entwicklungsstörungen bei den Kindern gezeigt. Im Gegensatz dazu haben ungeimpfte Schwangere bei Covid-19 ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf mit einem Aufenthalt auf einer Intensivstation und auch ein höheres Frühgeburtenrisiko.

 

Schadet die Impfung in der Schwangerschaft?

Wenn eine Impfung schaden würde, müsste auch oder erst recht eine Covid-19-Erkrankung zu einer Infertilität führen, da in diesem Fall die Antigen-Belastung der Patientin durch das Corona-Spike Protein und somit auch die potenzielle Antikörper-Bildung deutlich höher und unkalkulierbarer als im Falle einer Impfung wäre.

Es gibt also bisher keinerlei Hinweise, dass sich eine Corona-Impfung negativ auf die Fruchtbarkeit oder die Schwangerschaft auswirkt. Die internationalen Fachgesellschaften haben ihre Empfehlungen überarbeitet und empfehlen deshalb die Impfung auch für Frauen mit Kinderwunsch.

 

Ich kann mich doch auch mit Nasen- und Rachensprays schützen?

Tatsächlich konnten mehrere solcher Sprays in Zellkulturen im Labor Viren deaktivieren.

 

Solche Sprays können eine Impfung – oder auch Masken – aber nicht ersetzen. Erstens ist die Wirkdauer begrenzt. Zweitens ist nicht auszuschliessen, dass beim Einatmen Viruspartikel in die tiefen Atemwege gelangen. Und es sind auch Infektionen über die Mundschleimhaut und die Augenbindehaut möglich. Sollte sich ein gewisser Infektionsschutz bestätigen, könnten Sprays eine zusätzliche Massnahme zur Impfung sein, etwa für Menschen, die schlecht auf eine Impfung angesprochen oder ein hohes Risiko – z. B. Spitalspersonal – haben.

 

Lesenswert:

-> Faktencheck Covid-Impfungen

-> Israel - Faktencheck: Wirkt die Impfung nicht?


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