Kleinunternehmerinnen und -unternehmer werden von ProLitteris bedrängt

DMZ –  GESETZ / RECHT ¦ Anton Aeberhard ¦    
KOMMENTAR

 

Egal wie eine Firma aufgestellt ist, ob mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder ohne, eine Rechnung schneit ins Haus. Und wehe, die wird nicht bezahlt – dann wird man betrieben.

Firmen, die ein Mahnschreiben von ProLitteris erhalten haben, vermuten dahinter eine Betrügerfirma. Denn genau diese Masche wenden Betrügerfirmen an. Doch - ProLitteris ist die Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft, die unter Aufsicht des Instituts für geistiges Eigentum die Gebühren fürs Kopieren von urheberrechtlich geschützten Werken wie Büchern oder Zeitungsartikeln einzieht. 

 

Nach Urheberrecht ist jede Firma, die einen Fotokopierer oder mindestens zwei miteinander verbundene Computer (ein sogenanntes Netzwerk) im Betrieb hat, ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl entschädigungspflichtig. Soweit die Theorie. Dies gilt auch dann, wenn keine geschützten Werke kopiert werden. Ein Witz, vor allem dann, wenn weder Kopien angefertigt werden, noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt werden.

 

Jedes Jahr fordert ProLitteris rund 100'000de Firmen auf, Angaben zu ihrer Branche und der Anzahl ihrer Mitarbeitenden zu machen. Betriebe ohne Fotokopierer und Netzwerk mussten den Erhebungsbogen nicht ausfüllen. Die schriftliche Erklärung genügte, dass solche Geräte nicht vorhanden sind. Doch trotz ausführlichen Erklärungsschreiben, mahnt und betreibt Pro Litteris weiter.

 

Sie sind gesetzlich verpflichtet, der ProLitteris Auskunft zu erteilen (z. B. durch Ausfüllen des Erhebungsformulars). Das bedeutet aber nicht, dass Sie anschliessend auch eine Vergütung bezahlen müssen. So schulden z. B. Betriebe aus dem Baugewerbe mit weniger als 15 Angestellten keine Vergütung, weil die Nutzeruntersuchung gezeigt hat, dass hier das Fotokopieren von urheberrechtlich geschützten Werken zu gering ist.

 

Über den gültigen Tarif gibt Pro Litteris konkret Auskunft, sobald ein Betrieb die eigenen Kennzahlen offen gelegt hat. Die Verwertungsgesellschaft Pro Litteris hat 2017 fast 30 Millionen Franken an Entschädigungen eingezogen und an rund 12'000 Autoren, Journalisten, Künstler und Fotografen weiterverteilt. Nach einer Umfrage mit mehr als 100 Betrieben, hat noch keiner von diesen in den letzten Jahren eine Entschädigung erhalten. Was passiert also wirklich mit diesem Geld?

 

Bereits im 2014 machte in den Medien der Vorwurf die Runde, dass der Geschäftsführer sich mit mehr als 300 000 Franken ein zu hohes Salär genehmigt hatte. Kritisiert wurde auch, dass Pro Litteris nachträglich 1,75 Millionen Franken in dessen Pensionskasse eingezahlt hat. Also auch intern mutet die Arbeitsweise doch sehr fragwürdig an.

 

2007 hat die Pro Litteris am Obergericht eine Prozesslawine gegen säumige Zahler provoziert und stiess damit bei Gewerblern und Kleinunternehmern auf Unverständnis. Gleichzeitig ist ihr hoher Verwaltungsaufwand der eidgenössischen Aufsichtsbehörde ein Dorn im Auge. Die Gesellschaft betont jedoch, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen und im Gegensatz zu den anderen vier Verwertungsgesellschaften die tariflich festgelegten Gebühren nur mühsam durchsetzen zu können. Manche Nutzer von Fotokopierern und internen Netzwerken wollen nichts davon wissen, dass sie es mit urheberrechtlich geschützten Werken zu tun haben, und werfen Rechnungen unbesehen in den Papierkorb.

Verständlich.

 

Pro Litteris schnitt 2016 von allen fünf Gesellschaften am schlechtesten ab. In den untersuchten drei Jahren hatte Pro Litteris einen Brutto-Verwaltungskostensatz von über dreissig Prozent. Das Urhebergeld wurde also nicht an diese verteilt. Mission nicht erfüllt. Somit hat eine solche Gesellschaft auch keine Berechtigung, sagen Betroffene.

 

Mehrere Hundert Klagen

Seit vier Jahren geht die Gesellschaft hart gegen säumige Zahler vor und bringt sie vors Zivilgericht. Ein Unding, dass man das Rechtssystem für eine unnötige Forderung, die zu gut einem Drittel für die Gesellschaft „drauf“ geht, rechtlich belangt werden kann. So gesehen ist die Gesellschaft gleich mehrfach schädlich.

Aber wer sich dagegen wehrt, wird sich vor Gericht wieder finden, daran führt kein Weg vorbei.


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