DMZ – GESUNDHEIT / WISSEN ¦ Markus Golla ¦
Atemwegserkrankungen sind unmittelbare Auswirkungen von COVID-19 – das ist längst bekannt. Verantwortlich für die oft gravierenden Langzeitfolgen des Virus ist jedoch vor allem eine
Schädigung der Blutgefäße. Laut Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) kann es bei einer Coronavirus-Infektion zu schweren Schädigungen
in den Blutgefäßen und zur Bildung von Blutgerinnseln kommen. Über diesen medizinischen Zusammenhang berichten sie auf ihrer Online-Pressekonferenz am Mittwoch, den 13. Oktober 2021, von 12.00
bis 13.00 Uhr, die anlässlich ihrer 37. Jahrestagung stattfindet. Dabei schließen sie sich den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) an, in der Behandlung des Coronavirus neben
entzündungshemmenden und virenbekämpfenden Medikamenten auch Gerinnungshemmer einzusetzen, um die gestörte Blutgerinnung zu behandeln. Zudem raten sie Patientinnen und Patienten mit
gefäßmedizinischen Erkrankungen dringend zu einer Corona-Impfung.
Seit fast zwei Jahren hat die COVID-19-Pandemie die Welt fest im Griff. Mit über 228 Millionen Betroffenen und fast 4,7 Millionen Todesfällen stellt diese Erkrankung eine gewaltige medizinische,
politische und humanitäre Herausforderung dar (1). Zunächst wurde Covid-19 aufgrund seiner primären Krankheitssymptome vor allem als Erkrankung der Atemwege wahrgenommen. „Heute wissen wir
jedoch, dass eine Hauptursache für die unterschiedlichen Ausprägungen und Langzeitfolgen dieser Infektionskrankheit eine primäre Schädigung der Blutgefäße ist“, erklärt Privatdozent Dr. med.
Farzin Adili, DGG-Experte und Klinikdirektor der Klinik für Gefäßmedizin, Gefäß- und Endovascularchirurgie am Klinikum Darmstadt. „Im Zuge einer Coronavirusinfektion entzünden sich die
Blutgefäßwände, wodurch die Blutgerinnungsneigung deutlich erhöht ist.“
Untersuchungen an Gefäßen der Lunge haben gezeigt, dass bei Covid-19-Erkrankten im Vergleich zu Kontroll- und Influenzapatientinnen und -patienten massive Störungen in der Lunge auftreten: So
kommt es bei ersteren beispielsweise besonders häufig zu einem Verschluss von Blutgefäßen durch Blutgerinnsel– Thrombosen – und zu gravierenden Schäden an den kleinsten Blutgefäßen, den
Mikroangiopathien. „Diese und weitere Phänomene können schwere Lungenerkrankungen – wie etwa einem Lungeninfarkt – zur Folge haben“, so Adili.
Zudem leiden Covid-19-Patientinnen und -Patienten häufiger als andere Erkrankte aus den anderen erwähnten Gruppen auch an Entzündungen der Blutgefäße. „Infolge dessen kann es vermehrt zu
schwerwiegenden Komplikationen mit potenziell tödlichem Ausgang wie Thrombosen, Lungenembolien, Schlaganfällen oder Durchblutungsstörungen in den Armen oder Beinen kommen“, sagt der DGG-Experte.
Neue Studienerkenntnisse haben gezeigt, dass die Belastung durch venöse Thromboembolien bei Covid-19-Patientinnen und -Patienten mit Krankenhausaufenthalt beträchtlich ist – und bei einer
Inzidenz von bis zu 25 Prozent liegt. Auch die Lungenembolie-Inzidenz ist bei diesen hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit 20 Prozent sehr hoch (5,6).
Die überragende Bedeutung der durch eine SARS-CoV-2-Infektion hervorgerufenen krankhaften Veränderungen der Gefäße lässt sich auch anhand der aktuellen Empfehlungen des RKI zur medikamentösen
Therapie ablesen: Neben entzündungshemmenden und die Viren bekämpfenden Medikamenten sollten demnach Gerinnungshemmer eingesetzt werden, um die gestörte Blutgerinnung zu beeinflussen. Die DGG
schließt sich diesen Empfehlungen an.
Patientinnen und Patienten, die bereits an gefäßmedizinischen Erkrankungen leiden, sollten sich laut der DGG unbedingt gegen das Coronavirus impfen lassen. „Diese Personen haben ein stark
erhöhtes Risiko für schwere oder gar tödliche Coronaverläufe“, betont Adili. Das gelte besonders für Patientinnen und Patienten nach gefäßchirurgischen Eingriffen – etwa nach einer Operation
eines Aortenaneurysmas, der Wiederherstellung der Durchblutung stark arteriosklerotisch verengter Arterien oder nach der Amputation einer Extremität aufgrund einer peripheren arteriellen
Verschlusskrankheit. „Die Sterblichkeit kann bei diesen Personen auf bis zu 40 Prozent erhöht sein“, so Adili (4) abschließend.
Quellen:
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COVID-19 Data Repository by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University; https://www.arcgis.com/apps/dashboards/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 (eingesehen am 20.09.2021 )
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Ackermann M, Verleden SE, Kuehnel M, Haverich A, Welte T, Laenger F, et al. Pulmonary vascular endothelialitis, thrombosis, and angiogenesis in
Covid-19. N Engl J Med. 2020 Jul 9;383(2):120–8.
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Lax SF, Skok K, Zechner P, Kessler HH, Kaufmann N, Koelblinger C, et al. Pul- monary arterial thrombosis in COVID-19 with fatal outcome: results from a
prospective, single-center, clinicopathologic case series. Ann Internal Med May 14 2020:M20–2566.
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https://www.eurekalert.org/news-releases/783249
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Zhang C, Shen L, Le K-J, Pan M-M, Kong L-C, Gu Z-C, et al. Incidence of ve- nous thromboembolism in hospitalized coronavirus disease 2019 patients: a
systematic review and meta-analysis. Front Cardiovasc Med Aug 6 2020;7:151.
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Helms J, Tacquard C, Severac F, Leonard-Lorant I, Ohana M, et al., CRICS TRIG- GERSEP Group (Clinical Research in Intensive Care and Sepsis Trial Group
for Global Evaluation and Research in Sepsis) High risk of thrombosis in patients with severe SARS-CoV-2 infection: a multicenter prospective cohort study. In- tens Care Med. Jun
2020;46(6):1089–98.
Mehr Informationen zur Jahrestagung siehe: https://www.gefaesschirurgie.de/
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