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Auswertung AGES: Jede fünfte Corona-Neuinfektion betrifft Sechs- bis 14-Jährige

DMZ – GESUNDHEIT / POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦           

KOMMENTAR

 

Die aktuelle Auswertung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zeigt, dass jede fünfte in der vergangenen Woche nachgewiesene Corona-Infektion ein Kind im Alter zwischen sechs und 14 Jahren betroffen hat. 

Bereits im Oktober 2020 haben wir gewarnt, dass Kinder und somit Schulen durchaus Treiber der Pandemie sein können. "Schulen gehören durchaus zu den relevanten „Infektionsumfeldern“. Elf Prozent der nachvollziehbaren Infektionsketten beginnen dort." Und was ist an den Schulen in der Zwischenzeit geschehen? Fast ein Jahr und tausende Artikel, x Studien und Erfahrungswerten später? Nichts. Pädiatrie Schweiz hat vor Kurzem sogar eine Mitteilung zu SARS-CoV-2 an den Schulen veröffentlicht und spricht dort svon einer auf Durchseuchung angelegten Strategie. Untragbar! 

 

Aktuelle Auswertung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

Zwischen 27. September und 3. Oktober waren von den insgesamt 12.668 behördlich bestätigten Infektionen in Österreich 2.530 - exakt 20 Prozent - der Altersgruppe 6 - 14 zurechenbar. Sehr ähnliche Zahlen, wie in Deutschland und der Schweiz.

Die Schüler, Lehrlinge und Auszubildenden haben in Österreich mittlerweile mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 331 Fällen je 100.000 Einwohner die 15- bis 24-Jährigen deutlich überflügelt, die während des Sommers die höchste Inzidenz aufwiesen. Aktuell liegen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei einer Inzidenz von 217,8. Mit 2.052 Fällen tragen die 15- bis 24-Jährigen mit 16,2 Prozent zum Infektionsgeschehen bei. Damit liegen sie in absoluten Zahlen inzwischen sogar eine Spur hinter den 25- bis 34-Jährigen, die in der abgelaufenen Woche mit 2.063 Fällen 16,3 Prozent der Infektionen ausmachten.

 

Dass SARS-CoV-2 verstärkt Kinder betrifft hängt damit zusammenhängen, dass nach wie vor keine Schutzimpfungen gegen Covid-19 für Unter-Zwölfjährige verabreicht werden.

 

In Österreich sind aktuell 61 Prozent der Bevölkerung vollimmunisiert, in der Schweiz 59 Prozent und in Deutschland 65 Prozent.

 

 

"Es hat niemand die Kinder gefragt, ob sie durchseucht werden wollen. Also schaue ich es als meine Verantwortung an, die Kinder zu schützen."

 

Schulpräsidentin Chantal Galladé, Winterthur

 

Experten kritisieren seit Monaten den lockeren Umgang an Schulen

Nach Expertenmeinungen gehen die Länder zu nachlässig mit der heftigen Corona-Welle an den Schulen um. Es wurde verpasst, die Schulen auf die Delta-Variante des Coronavirus vorzubereiten. Das Problem habe sich seit Monaten abgezeichnet. Damit sagen die Experten allerdings nichts Neues, umso erschreckender aber, das bisher nichts geschehen ist, trotz der xfacher Warnungen aus der ganzen Welt.

Wiederholtes Testen, CO2-Sensoren oder Masken in Schulzimmern sind angezeigt, doch vielerorts bereits Geschichte. Experten warnen vor den Langzeitfolgen und anderen Komplikationen, welche die Medizin noch nicht kennt.

 

Die einzig gute Nachricht ist, dass die steigenden Infektionszahlen bei den Jüngeren nicht dazu geführt haben, dass sich ältere Menschen anstecken.

  

"Massenexperiment an eigenen Kindern“: Karl Lauterbach fordert strengere Corona-Regeln in Schulen

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt auch in Deutschland weiter an, einige Städte haben eine Inzidenz von über 200. Dennoch gibt es in den Schulen Präsenzunterricht und kaum mehr Corona-Regeln. Epidemiologe und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert im RND-Interview strengere Quarantäneregeln und warnt vor einem „Massenexperiment“ an den eigenen Kindern.

 

"Ich fürchte, wenn wir jetzt nicht schnell handeln, stehen wir vor einer Durchseuchung grosser Teile der Ungeimpften, einschliesslich der Kinder."

 

"Wir haben eine neue Lage und bei den Ungeimpften eine so hohe Inzidenz, dass man zu neuen Massnahmen greifen muss. Sonst wird bald die Bevölkerung zu Recht fragen, ob die Politik die Pandemie noch im Griff hat."

   

„Masseninfektion der Jugend“

In einem eindringlichen Statement warnte auch eine Gruppe von Wissenschaftlern um die Professoren Andrew Ewing (Molekularbiologie, Universität Göteborg) und Matthias Schneider (Medizinische und Biologische Physik, TU Dortmund), sowie Dr. Yaneer Bar-Yam (New England Complex Systems Institute) und Gunhild Nyborg (Epidemiologin der Universität Oslo) explizit vor einer „Masseninfektion der Jugend“.

Die Erklärung weist darauf hin, dass die weltweit grassierende Delta-Variante „zu den am schnellsten übertragbaren Viren gehört, die wir kennen“, und mit einem hohen „Risiko von Langzeitkomplikationen auch bei jungen Menschen, einschliesslich Organschäden“ verbunden ist.

 

Weiter heisst es: „Die Minimierung der Zahl der Infektionen ist die beste Strategie, um das Auftreten neuer, gefährlicherer Varianten zu verhindern. Jeder Infektionsfall ist gleichzusetzen mit dem Kauf eines weiteren Loses für die Variantenlotterie.“ Gestützt auf internationale Studien und Datenerhebungen schlussfolgern sie, dass „Kinder und junge Erwachsene jetzt einer grösseren Bedrohung durch SARS-CoV-2 ausgesetzt sind als zu jedem anderen Zeitpunkt der Pandemie“.

 

Um zu verhindern, dass „die meisten ungeimpften Personen innerhalb kurzer Zeit mit dem Virus in Berührung kommen“, fordern die Wissenschaftler deshalb „ausreichende nicht-pharmakologische Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie“ und eine Kombination von „Impfkampagnen mit nicht-pharmazeutischen Massnahmen“, um „die Übertragung von SARS-CoV-2 zu unterbinden“.

An den Schulen müssten Behörden umgehend „Ressourcen bereitstellen, damit Kinder und Jugendliche in kleineren Gruppen unterrichtet werden können“. Das Statement schliesst mit der kategorischen Feststellung: „Eine Masseninfektion junger Menschen ist keine ethisch vertretbare Option.“

Die Politik der Regierungen in Bund und Ländern steht in diametralem Gegensatz zu diesen wissenschaftlich begründeten Forderungen. Die „Masseninfektion junger Menschen“ ist für sie nicht nur eine „vertretbare Option“, sondern längst Realität.

 

Regierungen in ganz Europa tun nicht ansatzweise genug, um die Pandemie einzugrenzen. Deshalb müssen Schüler und junge Arbeiter selbst die Verantwortung für ihre Gesundheit und das Leben ihrer Angehörigen übernehmen.

 

 

 

Weitere Artikel und Studien:

 

Was man bisher wusste

Auch Kinder können sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 anstecken und es verbreiten. Bisherigen Daten zufolge ist jedoch der Krankheitsverlauf von COVID-19 selbst bei Babys und Kleinkindern häufig geringer ausgeprägt und verläuft milder als bei Erwachsenen.

Kranke Kinder sollen zu Hause bleiben und bei Bedarf ärztlich behandelt werden.

 

Um zu wissen, wer mit dem Coronavirus infiziert ist, sind Antikörpertests eher weniger relevant. Sie eignen sich aber umso mehr in der Forschung, um bereits genesene Personen auf eine vergangene Infektion zu testen – oder deren Blutproben. Die Schulen blieben weiterhin offen, ebenso die Kindertagesstätten. Bislang wurden Kinder nicht als Pandemietreiber gesehen. Ein neues Analyseverfahren im Antikörpertest deckt nun eine deutlich höhere Infektionsrate auf.

 

Sechsfache höhere Ansteckungsrate bei Kindern

Die neue Methode ergab im Vergleich zu den vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Ernährung (LGL) gemeldeten Fällen nun eine um das sechsfache höhere Ansteckungsrate bei Kindern. Knapp die Hälfte (47 Prozent) der Kinder mit Antikörpern zeigten keine Symptome. Rund ein Drittel (35 Prozent) der Kinder, die mit einem auf das Virus positiv getestetem Familienmitglied zusammenlebten, wiesen Antikörper auf. Dies deutet laut den Wissenschaftlern auf eine höhere Übertragungsrate hin als in bisherigen Studien beschrieben - und damit auch auf eine höhere Dunkelziffer bei Kindern. Da viele Personen - bei Kindern knapp die Hälfte - keine Covid-19-typischen Symptome entwickeln, werden sie nicht getestet. Um verlässliche Daten über die Ausbreitung des Virus zu bekommen, reicht es also nicht aus, nur auf das Virus selbst zu testen.

Es ist also wahrscheinlich, dass Kinder wie bei anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe als Treiber "funktionieren". Einige Untersuchungen sprechen dafür, andere dagegen. Die neuste Studie aus Bayern spricht klar dafür.

 

 

 

 

 

Quellen: 

 

Weitere Artikel zu Schulen und Kitas 


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