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Erfahrungsberichte: Familien leiden massiv unter Mitgliedern der „Querdenker“

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Querdenker“, bzw. solche, die sich dafür halten und doch nur der blinden Gefolgschaft folgen, "verbreiten nicht nur sehr viel Lügen, Unfug, Blöd- und Irrsinn, Fake-News und gefährliche Ideologien, sondern schaden vor allem dem betroffenen Umfeld."

 

Eine Beleidigung für jeden echten Querdenker, dass sich diese Leute als solche bezeichnen, bzw. diese als solche bezeichnet werden. Denn bis vor der Pandemie waren Querdenker diejenigen, die neue Wege aufzeigten, und Querköpfe waren die, die diese versperrten. Die besten Vordenker und die geradlinigsten Denker waren eigentlich Querdenker. Mit der Massnahmengegnerschaft wurde dieser Begriff aber definitiv ad absurdum geführt und in einen Begriff der sinnbildlichen Lächerlichkeit gewandelt.

 

"Aber sobald man mit solchen Leuten in Berührung kommt, spielt diese Begrifflichkeit absolut keine Rolle mehr. Denn man stellt rasch fest, dass es sich vorwiegend um sehr aggressive, rechthaberische, narzisstische, feindselige und fehlgeleitete Menschen handelt, die sich grösstenteils komplett verloren haben.“ Ihr Umfeld, der Beruf, Freundschaften, die Familie – alle leiden; leiden wegen ihnen. Wie und ob Angehörige den Querdenkern, nennen wir sie fortan „Verschwörungsgläubige“, helfen können, hängt sehr vom einzelnen, konkreten Fall ab. Und der Zeitpunkt spielt eine Rolle. Wenn man zum Beispiel im Umfeld mitbekommt, dass jemand erst anfängt, sich mit verschwörungsmythischen Aussagen (die fortlaufend alle widerlegt werden) zu beschäftigen, kann man sie oder ihn etwa unterstützen, diese Aussagen zu überprüfen. Danach ist es meist zu spät.

 

Von Anfang an

Seit März 2020 rechnen Verschwörungsgläubige z.B. auch die Zahl der Todesopfer durch Covid-19 herunter, behaupten, dass diese Menschen ohnehin gestorben wären. Geht es aber um Impfungen, klingen die Behauptungen ganz anders und einzelne Menschen, die versterben und bereits geimpft waren, werden nun als "Opfer" der Impfung dargestellt. Dies, wie immer in solchen Kreisen ohne entsprechende Belege. So soll bewiesen werden, dass die Impfungen gegen das Virus, das es nicht gibt, tödliche Nebenwirkung hätten. Der Auftakt der Corona-Impfungen wird von einer Welle an Desinformation begleitet. Falsche Fotos und Gerüchte über angebliche Spätfolgen werden verbreitet. Die üblichen „Experten“ stehen „natürlich“ wieder in der ersten Reihe. Einige Menschen lassen sich dadurch leider auch verunsichern. Und so geht es durch das gesamte „Pandemieregister“.

Auch aus einer Spezialauswertung im Rahmen des 8. SRG-Corona-Monitors durch das Institut Sotomo für die Sendung „Schweiz aktuell“ resultiert, dass mehr als 60 Prozent der Befragten wegen unterschiedlichen Ansichten zum Umgang mit Corona im Privaten schon in einen Konflikt involviert waren. Rund ein Viertel hat deswegen sogar schon einen Kontakt abgebrochen, vielfach der einzig gangbare Weg. Skeptiker, selbsternannte Querdenker und Dauernörgler sind dafür verantwortlich.

 

Die Umfrage

Die DMZ hat einen Aufruf (anonyme Teilnahme möglich) gemacht, dass sich betroffene Menschen melden können, um ihre Geschichte zu erzählen und zu sagen, wie sie sich als Angehörige von diesen Verschwörungsgläubigen fühlen.

Haarsträubend, was daraufhin für Geschichten bei uns eingetroffen sind. Ganze Familien gingen zu Bruch, Gewalt, Drohungen, Verleumdung, Üble Nachrede, Gerichtsverhandlungen und Vieles mehr sind die Folgen.

 

Glaubt der eigene Lebenspartner, der Bruder oder die Mutter an QAnon, Great Reset, Pizzagate, den Deep State, an Fernsteuerung mittels Impfung oder andere Verschwörungsmythen, droht das oft, die Familie zu entzweien. Es gibt bereits erste Selbsthilfegruppen.

Wir haben uns entschieden, einige krasse Beispiele bei uns zu veröffentlichen. Dabei wahren wir die Anonymität, da letztlich Namen nichts dazu beitragen können.

 

Erfahrungsberichte

Die erste dramatische und traurige Geschichte handelt von Arthur (Name bekannt) und seinem „verschollenen“ Bruder; einem Bruder, der während der Coronazeit in die Verschwörungsszene abdriftet. Eine Art Tagebuch, welches Arthur aktuell führt. Lesen Sie nachfolgend einen Auszug aus dem Originaltext:

 

Diese Texte sind ein Versuch, eine unglaublich kräftezehrende Phase in Worte zu fassen. Eine Phase, welche mit einem Kontaktabbruch endet.

 

Verschwörungsschrott flutet das Internet

Nein, das Verbreiten von FakeNews und Schwurbelinhalten ist KEINE Meinung!

Wie oft hörte ich seit Ausbruch der Coronapandemie diesen Einwand, dass ich keine anderen "Meinungen" gelten lassen würde. Ich sei ein Besserwisser und Sturkopf. Ich musste mir dies von meinem Bruder anhören und auch von Kollegen (die jetzt "Ex-Kollegen" sind).

 

Selbstverständlich lasse ich andere Meinungen gelten. Eine Meinung kann man zum Beispiel zum Wetter haben: Wenn es regnet, finden das die einen schlecht, die anderen freuen sich über das Nass von oben. Knallt die Sonne im Sommer runter, flippen die einen vor Freude aus, die anderen finden das zu heiss. Das sind Meinungen über das Wetter.

 

Definitiv KEINE Meinung ist es jedoch, zum Beispiel online falsche Wetterprognosen zu verbreiten oder falsche Messwerte zu veröffentlichen. Und genau das machen die Schwurbler, Coronaleugner und Covidioten. Man muss sich nur deren Quellen ansehen.

 

Nachfolgend ein kleiner Auszug der "Quellen" meines Bruders. Es ist eine Liste des Grauens:

  • RT.com (Russia today)

  • Kopp Verlag

  • KenFM

  • Rubikon.news

  • Klagemauer.tv (kla.tv) Ivo Sasek Sekte

  • epochtimes.de

  • RTV Talk

  • Wochenblick.at

  • pravda-tv.com

  • Servus.tv

  • theeuropean.de

  • transinformation.net

  • ovalmedia (Corona Ausschuss)

  • TimeToDo.ch

  • Attila Hildmann (Reichs Broccoli)

  • Bodo Schiffmann

  • YouTube allgemein

  • Fellner live

  • Dr. Rüdiger Pötsch

  • Prof. Dr. Stefan Hockertz

  • Dr. Reiner Fuellmich

  • Dr. Sucharit Bakhdi (Der violett-Hemd-Baccardi)

  • Corona Rebellen Helvetia

  • Gefühlte 93'483 Mal "Netzfund"

  • AfD

  • Freeworldnews.US

  • t.me/BCInfokanal

  • Daniel Stricker

  • Roger Bittel

  • Panikmache - Nein Danke (Schwurbelforum von Andreas T.)

 

Diese "Quellen" kann man zusammenfassen als "Schrottplätze des Internets". Diese ziehen labile Schwurbler geradezu magisch an. Und der gefundene Schrott wird dann als alternative Fakten und als absolute Wahrheit fleissig geteilt. Übt man als aussenstehender "Normalo" daran Kritik, regt man zum Hinterfragen an - dann ist man innert Sekunden ein Schlafschaf, ein Systemling, ein Mainstream-Medien-Konsument und weiss nicht was noch alles.

 

Eine auffällige Gemeinsamkeit haben all diese Schwurbler: Wissenschaftliche Erkenntnisse, wissenschaftliche Arbeit und wissenschaftliches Vorgehen ist denen ein Fremdwort. Und es ist - psychologisch gesehen - bei allen Schwurblern das selbe Problem: Eine absolute Überforderung mit der Situation. Man versucht, mit einfachen Antworten äusserst komplizierte Zusammenhänge zu erklären. Und genau das nutzen all die Schwurbelquellen aus: Manipulation aus der ganz rechten Ecke, Manipulation aus den Sektengruppierungen (kla.tv) und ganz gezieltes Streuen von Fehlinformationen (aus verschiedenen Lagern) um Staaten und Regierungen - in dieser sonst schon anspruchsvollen Lage - ganz gezielt zu destabiliseren.

 

Man bringt Schwurbler NICHT mehr aus dieser Blase raus. Mit absolut rein gar nichts mehr. Weder mit Empathie noch mit der Holzhammermethode noch mit Hilfsangeboten. Die sind komplett in ihrer Kloake versunken und waren es meist auch schon vorher (Chemtrailthematik, 9-11 "Lüge", und viele mehr). Was ich mit meinem Bruder und seinem Umfeld erlebt habe, schildere ich in Kurzberichten und einigen Aufsätzen. Es ist die Chronologie eines fehlgeschlagenen Rettungsversuchs und dem langsamen Versinken des Bruders im braunen Morast.

Am Ende bleibt die Kloake, der Bruder ist verschwunden. Danke für das Interesse“

 

Wieso anonym?

Diese Frage stellt sich immer zu Beginn, wenn es darum geht, seine persönliche Geschichte zu erzählen. So auch in vorliegendem Fall. Natürlich möchte Arthur anonym bleiben, weil er nicht zusätzlich auch noch einen rechtlichen Streit mit seinem Bruder durchstehen will. Nach allem, was bisher vorgefallen ist, traut Arthur seinem Bruder durchaus zu, dass er rechtliche Schritte einleitet.

 

Denn auch der Bruder legt, wie der Grossteil der „Verschwörungsgläubigen“ vermeintlich grossen Wert auf Anonymität im Internet. Denn der Deep State oder sonstige Feinde schauen ja zu. Auch typisch ist ein krasser Gegensatz in der Szene, dann aber trotzdem unter Echtnamen die wirrsten Geschichten zu veröffentlichen. Nach einem guten Verhältnis zu seinem Bruder kam plötzlich alles anders – mit der Pandemie im 2020 - extrem anders.

 

Wie alles begann Geschrieben im November 2020 - Rückblick auf den Anfang

Der Nebel hängt tief an diesen Novembertagen und Lichtintensität ist gedämpft so dass es gar nicht richtig hell werden will. Es rührt sich nichts, die Felder ruhen und selbst der Wind scheint sich seit Tagen schlafen gelegt zu haben. Alles ist still, lediglich in der Ferne hört man ein paar Krähen schreien. Das erinnert mich an meinen Bruder. Schreiende Krähen und ein Rotmilan, der von den Krähen angegriffen wird. Diese Szenerie habe ich diesen Sommer oft beobachtet, wenn ich auf der Gartenterrasse auf dem Liegestuhl in den Himmel schaute. Das nervenzermürbende Geschrei der streitsüchtigen Krähen störte die Ruhe und Idylle. Immer und immer wieder dieses heisere Geplärre und die Angriffe. Doch der Rotmilan war mit seinen Flugkünsten klar überlegen. Ein paar gezielte Hackschläge mit seinem Schnabel hätten gereicht – und die Krähen wären zerfetzt gewesen. Doch der Rotmilan war geduldig und nachsichtig mit den leicht dämlich wirkenden Krähen. Und jetzt, im November, wieder dieses Krähengeschrei. Kläglich, abgedroschen. Ein liebloses Krächzen hinaus in den Nebeltag – niemand findet es wirklich schön. Niemand erfreut sich daran und nicht vergebens verbindet man die Präsenz von Krähen auch immer mit dem Tod.

 

Das krächzende Jammern ist unnütz und drückt auf die Stimmung. Ich denke über die vergangenen 9 Monate nach, in denen mein Bruder das Bild von sich in meiner Erinnerung komplett ausgetauscht hat. Vom "Bruder" ist er zur krächzenden Krähe mutiert. Vom Bruder, zu dem ich wohl jederzeit hätte gehen können, wenn Not am Mann gewesen wäre – ist er zum Fremden geworden. Die vielen guten Erinnerungen an früher, an gemeinsame Projekte oder Familienfeste sind nun unter einem dunklen Mantel von Dunst, Staub und Schmutz verdeckt. Auch wenn sich dieser ganze Prozess über 9 Monate hinweg gezogen hat, ist das Geschehene für mich immer noch kaum fassbar. Mein Bruder ist tief in den Sog von Verschwörungsgruppierungen geraten. Versunken im Sumpf von Fake-News, Lügen und rechtsextrem gesteuerten Inhalten. Ich bin immer noch fassungslos.

 

Ich erinnere mich noch an den Anfang, wie das alles begann – in den ersten Tagen des Jahres 2020. Corona begann ein Thema zu werden: Zuerst zaghaft, dann immer intensiver. Und ich wusste damals eigentlich instinktiv und sofort, dass auf Grund der Meldungen aus Norditalien ein Tsunami auf uns zurollen wird. Der Bundesrat erliess erste Massnahmen. Ich weiss noch heute nicht, warum ich sofort gefühlt habe, dass uns etwas erwartet, das wir alle noch nie erlebt haben. Mir war klar, dass danach nichts mehr so ein wird wie vorher. Es war eine Klarheit, etwas das mir sagte: Da musst Du jetzt durch. Es war, wie wenn ein Instinkt aktiviert worden wäre. Ein Knopf der gedrückt wurde und der mir sagte: "Du musst auf alle der Familie aufpassen". Der Bundesrat verschärfte die Massnahmen immer weiter und mein inneres Befinden begann sich in demselben Masse zu verschlechtern. In dieser Zeit erfolgten auch die ersten Postings meines Bruders. Auf Whatsapp schickte er zwei Links zu Videos von Rolf Krohn und Prof. Bakhdi. Ich habe mir diese beiden Videos damals angeschaut – und machte das erste Mal die Bekanntschaft mit Verschwörungs-Theorie-Videos zum Thema COVID-19. Das war mir damals noch nicht so klar. Aber mein Gefühl sagte mir, dass irgend etwas nicht stimmte mit diesen Videos: Beim Sichten des Inhalts leuchteten bei mir so einige Warnlampen auf. Es waren die selben Warnlampen, welche bei mir blinken, wenn ich beruflich mit einem eigenartigen Auftrag konfrontiert bin. Entweder mit unrealistischen Projektideen und Zielen oder wenn der Auftraggeber als Mensch – und wenn es nur das Telefonat ist – in mir das Stopp-Signal aufleuchten lässt. Ich bin immer gut beraten gewesen, wenn ich diese Gefühle und Warnlampen beachtete.

 

Ich begann also, mich mit Corona, COVID-19 und all den Themen ringsherum zu informieren. Ich las Studien zu anderen früheren Pandemien in anderen Ländern. Ich las Dokumente mit dem Beschrieb eines üblichen Pandemieverlaufs mit den Wellen. Begriffe wie "the hammer and the dance" und die zugehörigen Diagramme brannten sich in meinem Gedächtnis ein. Und innert kürzester Zeit war mir klar: 80% der Inhalte der Videos waren Lüge, Fake-News, Schrott. Ich lernte erst später, dass ganz bewusst meist rund 20% Wahrheit mitgemischt wird in die Videos: Für einen Laien oder jemanden, der einfach alles glaubt, wird es so extrem schwer bis unmöglich, Wahrheit und Unwahrheit zu unterscheiden. Und wenn, wie im Falle von Bakhdi, noch Titel wie "Prof. Dr." mitschwingt, dann wird der Inhalt von gutgläubigen Schwurblern sowieso noch viel eher gutgeheissen.

 

Inzwischen wurden die Videos auf YouTube im Rahmen der Fake-News-Säuberung entfernt. Die Uni-Kiel hat sich in mehreren Papieren von Prof. Dr. Bakhdi distanziert. Aber das wusste ich damals alles natürlich noch nicht. Ich Antwortete nicht auf diese Postings von meinem Bruder. Auch meine Frau schrieb nichts. Wir hatten wohl beide die selben Gedanken. Anfang März trafen wir uns nochmals in der Stadt und anlässlich dieser Begegnung äusserte mein Bruder seinen legendären Satz: "Was sie mit Greta nicht fertig gebracht haben, versuchen sie nun mit Corona. Das Ganze ist sowieso nur eine Grippe". Ich weiss nicht, welches Gefühl damals in mit überwogen hat. War es das Schamgefühl, dass mein Bruder derart dummes Zeug äusserte oder war es mein Entsetzen über die Vermengung der Klimabewegung mit Corona und vor allem den Gebrauch der Bezeichnung "sie". Wen meinte er mit "sie"? Mir gingen anschliessend jede Menge Gedanken durch den Kopf. Da ich die Verwendung der Bezeichnung "sie" in Zusammenhang mit dem Krankheitsbild der Psychose aus dem Bekanntenkreis gut kannte, stellte ich mir wirklich die Frage: Ist mein Bruder psychotisch? Leidet er unter Verfolgungswahn?

 

Warum mein Engagement? Was waren meine Beweggründe?

Prinzipiell kann es einem egal sein, was jemand anderer in seinem Leben macht. Und dann eben doch auch wieder nicht. Alkohol, Drogen, Sekten … da einfach wegzuschauen das kann vielleicht jemand mit einem sehr abgebrühten Charakter – aber prinzipiell ist es eine Charakterfrage, einem Menschen aus dem Umfeld, der in Schieflage gerät, seine Hilfe anzubieten. Das genau gleiche gilt für Menschen, welche in die Verschwörungsszene abdriften. Und selbst da gibt es Unterschiede. Wenn zum Beispiel jemand an gewisse Dinge "glaubt", diese jedoch nicht sein Leben bestimmen und man einfach aus einem Gespräch weiss, dass derjenige da dran "glaubt", dann kann man ihn einen stillen Verschwörungsgläubigen nennen. Er missioniert nicht – hat einfach bei einem gewissen Thema eine "leicht verkrümmte" Wahrnehmung der Dinge.

Prinzipiell ist so jemand jedoch unauffällig und ungefährlich und er führt allgemein ein ganz normales Leben. Anders verhält es sich bei aktiven Verschwörungsgläubigen. Sie versenden aktiv Texte und Links zu Videos auf Whatsapp, Facebook und anderen gängigen Kanälen. Sie tun dies zu 99% mit öffentlichen Postings.

 

Bei meinem Bruder war dies einer der Hauptbeweggründe, warum ich mich mit Nachdruck bei ihm meldete. Er gehörte zur Familie. Schwurbelkollegen habe ich – oder sie haben mich - entfreundet. Das geht problemlos – auch wenn man sich schon 20 Jahre kennt. Wenn ein gewisser "Blödheitslevel" erreicht ist, dann erträgt man die Schwurbeleien einfach nicht mehr und man zieht einen Schlussstrich – nicht aber bei einem Bruder. Was habe ich nicht alles versucht… aber schlussendlich blieb dennoch alles wirkungslos.“

 

X Nachrichten hin und her, verhärtete Fronten. Alle Hilfsangebote wurden ausgeschlagen und meist mit Beleidigungen und abgedroschenen Phrasen aus der Verschwörungsgläubigenszene quittiert. Es ist wichtig, Dinge zu erklären, mit Fakten zu überzeugen, aber auch zu wissen, dass es Menschen gibt, die man nicht erreichen kann.

 

„Die Antworten beinhalten ein typisches Muster: Plötzlich war ICH derjenige, der in "Schwurbelgruppen" dabei war (dabei sind es OnlineSelbsthilfegruppen). ICH sei plötzlich geistig krank - und er will/wollte offenbar nie mehr etwas von mir hören. Es war seine Antwort auf meinen Versöhnungsbrief, auf mein Friedensangebot, auf ein „sich wieder vertragen“, Und seine Antwort liess mich sprachlos zurück. Irgendwie hat mich seine Mail getroffen. Sehr getroffen sogar. Und andererseits habe ich es gut wegstecken können. Denn mir war nun definitiv klar, dass er derart abgedriftet ist, dass es quasi keine Hilfe mehr gab für ihn. Er hatte die letzte rote Linie überschritten mit seiner Antwort: Man schlägt NIE aber wirklich NIE jemandem ein Friedensangebot aus, wenn dieser die Hand zur Versöhnung ausstreckt. NIEMALS! Und wenn man berücksichtigt, dass ich das Friedensangebot schrieb - aber mit dem ganzen Mist nicht angefangen habe, dann ist seine Antwort noch viel unverständlicher, inakzeptabler.

 

Ich hatte viel Zeit, um nachzudenken und mir wurde klar, dass ich meinen Bruder schlicht und ergreifend aus meinem Leben streichen musste. Ich musste meine Gesundheit unbedingt schützen vor diesem unglaublichen "Energiedieb" und negativen Menschen. Dazu gehört auch, dass ich die beiden Türen, die ich offen gelassen habe nun schliessen musste. Das heisst: Ich werde auch nicht für ihn da sein, wenn er aus der Fake-News-Kloake aussteigen will und ich werde auch nicht für ihn da sein, wenn er schwer krank würde. Hart - aber es ist so, sonst bleibe ich auf der Strecke. Und ich werde das in den nächsten Tagen und Wochen durchziehen. Definitiv.

 

Das Fass ist übergelaufen, meine Geduld am Ende. Familie hin oder her: Ich werde mich auch im realen Leben von diesem negativen Menschen trennen. Ich war der irrigen Annahme, dass ich meinen Bruder aus seiner Kloake rausbekomme. Dass er erkennt, welchen rechtsextremen Mist, welche unglaublichen FakeNews und welche abscheulichen Aussagen zu Corona er online und öffentlich teilt. Das war ein Irrtum: Er ist entschwunden, als ob er von Scientology vereinnahmt worden wäre. Mein Bruder ist nicht mehr mein Bruder - er ist ganz einfach eine bemitleidenswerte Kreatur geworden. Ohne Medienkompetenz kramt er auf den Schrottplätzen des Internets und hat das Gefühl, bei jedem Fund eines rostigen Nagels irgend ein Stück Gold oder Platin gefunden zu haben. Und das teilt er dann fleissig und öffentlich. Voller Stolz ... das Umfeld ist ihm egal. In asozialer und ignoranter Art und Weise hat er in 12 Monaten rund 2500 Postings abgesetzt. Er verhöhnt damit die Coronatoten und die Menschen mit Langzeitschäden aufs Übelste.

Man vergisst, der Streit verblasst. Vielleicht gibt es irgendwann dennoch ein Vergeben und ein Abschliessen... aber VERTRAUEN werde ich NIE mehr können.“

 

Die DMZ wird in den nächsten Wochen weitere Erfahrungsberichte veröffentlichen. Haben auch Sie etwas zu sagen? Möchten Sie Ihre Geschichte erzählen? Dann melden Sie sich via Email intern@mittellaendische.ch.

 

 

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Kommentare: 3
  • #3

    Daniela M. (Mittwoch, 06 Oktober 2021 13:45)

    Ein sehr guter und anschaulicher Beitrag und Erfahrungsbericht; tragisch, dass es soweit kommen kann/muss, aber wohl exemplarisch für viele Verwandtschaftsbeziehungen und Freundschaften in dieser Zeit. Zum Glück betrifft es in meinem Fall nicht so nahe Verwandte, die auch weniger "extrem" sind, aber bei einer Freundin weiss ich, dass sie auch voll in diesem Verschwörungssumpf steckt. Auch wenn ich das mittlerweile nicht mehr mitverfolge, da ich keine Nachrichten mehr von ihr bekomme und sie auf Facebook und Co. wohl zu viel geblockt wurde. In einem weiteren Fall ist der Kontakt vorläufig auch "eingeschlafen". Auch zum Selbstschutz, denn ich habe zuerst noch versucht, die Videos und Posts genau anzuschauen und mir ein Bild zu machen und dann dagegen zu argumentieren - mich entsprechend zu informieren, wobei ich durch meinen Job schon recht gut über die Pandemie informiert bin. Aber ich habe auch gemerkt, dass meine Argumente jeweils auf "taube Ohren" stossen und dass sich die Betreffenden gar nicht richtig damit auseinandersetzen, sondern diese schlicht ausblenden. Weil nicht sein kann, was nicht in ihr "Weltbild" passt.

  • #2

    Anita Weber (Dienstag, 05 Oktober 2021 15:54)

    Ganz genau so erging es mir mit meiner Mutter :-(
    Aber nun ist es gut, so wie es ist.

  • #1

    Regina Misteli (Dienstag, 05 Oktober 2021 15:48)

    Das isch e super Biitrag. Ville Dank!