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Es gibt aus medizinischer und psychologischer Sicht keinen Grund für Kinder auf Masken zu verzichten

DMZ –  GESUNDHEIT / WISSEN ¦ MM ¦ AA ¦              

 

Hinter einer Maske bleibt ein Grossteil der Mimik verborgen, aber nicht alles ist verloren. In Zeiten der Maskenpflicht müssen wir uns oft etwas mehr Mühe geben, um die Mimik der anderen zu deuten oder um sich "sichtbar" und somit verständlich zu machen. Es sind nicht nur Mund und Nase, die die Maske versteckt, sondern auch Muskeln wie der Risorius, der die Mundwinkel zur Seite zieht, wenn wir uns ekeln oder uns etwas peinlich ist und der Kinnmuskel, der Zweifel ausdrückt oder der Unterlippensenker, der Ironie signalisieren kann. Soviel steht aber trotzdem fest: Einen driftigen Grund, auf Masken zu verzichten, gibt es nicht. Im Gegenteil - in der aktuellen Phase ist es unerlässlich, dass man Masken trägt - insbesondere an Schulen. Keine Frage!

Bereits im Oktober 2020 hat die DMZ gewarnt, dass Kinder und somit Schulen durchaus Treiber der Pandemie sein können. Masken, Lüftungen und letztlich Impfungen müssen mehr sein als blosse Worte.

 

Deshalb gibt es auch mehrere Elternorganisationen, die sich stark machen und bereits adäquate Massnahmen in Schulen forderten, leider bisher praktisch ungehört. Kinderschutzorganisationen haben am 21.09.2021 vor dem Bundeshaus in Bern den Schutz der Kinder vor dem Coronavirus in den Schulen gefordert. Die Regierung müsse ihre entsprechende Verantwortung endlich wahrnehmen.

"Eine ungebremste Durchseuchung unserer Jüngsten, für welche noch keine Impfung zugelassen ist, ist inakzeptabel!" Mit diesen Worten und einer Pressemitteilung sowohl an die Presse, als auch mit einem Schreiben an die verantwortlichen Kantone wendete sich auch die Arbeitsgruppe "Kinder schützen – jetzt!" am 26. Oktober an die Öffentlichkeit.

 

Stand der Forschung

  • Kinder können sich mit SARS-CoV-2 infizieren, daran erkranken und das Virus auf andere Menschen übertragen. 
  • Eine Erkrankung kann auch bei Kindern schwerwiegende Folgen haben und zu LongCovid und PIMS führen. 
  • Kinder können an Covid sterben 
  • 70 – 80% aller Kinder und Jugendlichen in der Schweiz sind noch nicht immun.
  • Es gibt keine Herdenimmunität. Kinder haben keinen lang anhaltenden Infektionsschutz. Die zweite Erkrankung mit Corona ist oftmals schlimmer als die erste.
  • Auch doppelt und frisch geimpfte Eltern von kranken Kindern erkranken durch Impfdurchbrüche an Covid. Die meisten Erwachsenen haben bis zum Frühjahr ohne Booster einen sehr stark verminderten Impfschutz.
  • Seit der Deltavariante sind in der Schweiz zunehmend deutlich jüngere, kritisch kranke Patienten auf der Intensivstation.
  • Covid-19 schädigt direkt das Gehirn.

 

Wie schwer fällt Kindern das Maskentragen?

Der Psychologieprofessor Claus-Christian Carbon hat das in Schulen untersucht – und war über die Ergebnisse überrascht.
„Obwohl immer mehr Europäerinnen und Europäer solche Masken akzeptieren, haben viele das Gefühl, dass die soziale Interaktion durch das Tragen einer Maske beeinträchtigt wird. Das stellt ein grosses Hemmnis für das konsequente Tragen der Masken dar“, erläutert der Wahrnehmungspsychologe Prof. Dr. Claus-Christian Carbon. Der Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre an der Universität Bamberg hat dazu eine experimentelle Studie durchgeführt.

 

Auch der Mimikforscher Markus Studtmann weiss: "Eine ganze Reihe von Emotionsausdrücken ist durch die Maske schlechter wahrzunehmen."Studtmann ist Verhaltensforscher an der Universität Potsdam, sagt er in der Zeit. "Je subtiler Signale, desto schwieriger sind sie zu erkennen", sagt auch Ursula Hess, Professorin für Psychologie an der Humboldt-Universität Berlin. Selbst wenn die Mundregion höchst rege ist, wenn dort all die Muskeln spielen, die Markus Studtmann so gut kennt: "Für viele Gesichtsausdrücke braucht man den unteren Teil nicht", sagt Ursula Hess. Denn: Auch die obere Hälfte unseres Gesichts ist ausdrucksstark. Jeder weiss, dass ein intensives Lächeln bis hinauf zu den Augen ausstrahlt. Und negative Emotionen wie Trauer oder Ärger lassen sich in der oberen Hälfte oft sogar besser erkennen.

 

Studie

Claus-Christian Carbon testete systematisch, wie Gesichtsmasken die Lesbarkeit von Emotionen beeinflussen. An der Studie nahmen 41 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 18 und 87 Jahren teil. Sie bewerteten die emotionalen Ausdrücke von zwölf verschiedenen Gesichtern. Jedes Gesicht wurde zufällig mit sechs verschiedenen Ausdrücken dargestellt: wütend, angewidert, ängstlich, glücklich, neutral und traurig. Dabei waren die Gesichter vollständig sichtbar oder teilweise von einer Gesichtsmaske bedeckt. Auch wenn man durch Masken die Mimik schwerer deuten kann, man kann einiges dazulernen. Der Wahrnehmungspsychologe empfiehlt als Konsequenz: „Wir können die Unfähigkeit, Emotionen zu lesen, ausgleichen. Zum Beispiel können wir vermehrt Körpersprache, Gesten und mündliche Kommunikation einsetzen, um weiterhin effektiv sozial interagieren zu können.“

 

In mehr als 10 Studien untersuchte Claus-Christian Carbon mögliche Auswirkungen des Maskentragens. Dabei stellte er fest:

  1. Kinder zwischen 9 und 11 Jahren erkennen Emotionen unter der Maske richtig - und besser als die untersuchten Erwachsenen. Kinder lernen schneller als Erwachsene, mit veränderten Situationen umzugehen und sich - bspw. beim Erkennen von Mimik - unbewusst stärker auf die freie Gesichtspartie zu konzentrieren.
  2. Einschränkungen im (Fremd-)Sprachenunterricht, die das Lernen von Aussprache beeinträchtigen könnten, können durch clevere technische Lösungen verhindert werden.
  3. Kinder haben sich so gut an die Maske gewöhnt, dass sie sie zum Einen unbewusst auch ausserhalb der Settings, in denen sie Pflicht ist, tragen (bspw. "vergessen" sie schlicht, die Maske abzunehmen) und - je nachdem, welches Design sie haben - stolz auf "ihre" Maske sind.
  4. In einer der Studien in Zusammenarbeit mit Kinderärzten fand Carbon heraus, dass Kinder, deren Eltern die Maske als selbstverständliche und positiv im Sinne effektiven Infektionsschutzes verknüpfte Massnahme vermitteln, keine Probleme mit der Maske haben. Lehnen Eltern die Maske ab, leiden Kinder unter dem Konflikt mit den Regeln in Gesellschaft und Schule.
  5. Kinder haben einen hohen Gerechtigkeitssinn. Wenn sei sehen, dass Erwachsene Regeln nicht befolgen, empfinden sie das als unfair.

Über Masken hinausgehend beobachtet Carbon eine kreative und anpassungsfähige junge Generation, die Herausforderungen der Pandemie mit Innovation und Kreativität löst. Diesen Lernprozess wird sie nicht wieder verlieren und hat ihn uns Erwachsenen voraus. Welch positive und ermutigende Sicht auf Kinder in der Pandemie im Gegensatz zum negativen medialen Framing aller Massnahmen, die Kinder betreffen. Kinder sind Teil dieser Pandemie und sie können und wollen auch Teil der Lösungen sein.

 

Deshalb sollte man endlich aufhören unsere Erwachsenenprobleme mit den Massnahmen (und hier stv. mit der Maske) zu Problemen der Kinder zu machen. Lösen wir die entstehenden Herausforderungen zusammen mit ihnen anstatt Kinder mit den Problemen allein zu lassen und ihnen zu suggerieren, dass es keine Lösungen gäbe ausser der, Massnahmen zu framen und zu bekämpfen. Das beschädigt sie mehr und nachhaltiger als eine Schutzmaske. Es gibt aus psychologischer Sicht keinen Grund für Kinder auf Masken zu verzichten. Es ist reine Ignoranz oder geschieht sogar, um Kinder für gefährliche Herdenimmunitäts-Experimente zu missbrauchen. Eine intelligente Gesellschaft passt sich an und findet Lösungen.

 

Trotzdem werden in der aktuellen Diskussion zur (Lockerung der) Maskenpflicht an Schulen immer wieder eine Reihe von Argumenten gegen das Tragen von Masken angeführt. Allerdings sind die vermeintlich medizinische Aspekte (Sauerstoffmangel, Todesfälle, Verunreinigung mit Keimen etc.) von Medizinern, Hygienikern und Fachgesellschaften umfassend beantwortet und als Fake-News entlarvt.

 

Unterdessen belegt eine Studie der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC nach einem Vergleich zwischen Schulen mit und ohne Maskenpflicht gar, dass in solchen ohne Maskenpflicht das Risiko für Infektionen 3,5-Mal höher war. Die Anzahl der ausgebrochenen Infektionen in Schulen ohne Maskenpflicht war sogar fast zehn Mal höher als in Schulen mit Maskenpflicht. Die Studie spricht für eine Fortsetzung der regelmässigen Testungen an Schulen sowie für eine generelle Maskenpflicht, schlussfolgern auch die Autoren der Studie. Bei den aktuellen Zahlen könnte es sich sonst noch dramatischer entwickeln.

 

Fazit

Grundsätzlich ist der Mundschutz keine allzu grosse Barriere. Es ist gar nicht so schwierig, die Emotionen anderer auch mit Maske wahrzunehmen und medizinisch gibt es auch keine Gründe, die gegen die Maske sprechen würden.

 

Ob wir uns je umgewöhnen können, ist ungewiss. Allerdings wird wohl kein Weg daran vorbeiführen, zu lernen, mit der Maske zu leben.

 

 

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