· 

Schweden: Neue Studie zeigt – Corona-Sonderweg ist mehrfach falsch und gefährlich

DMZ – INTERNATIONAL ¦ W. Fürst & A. Aeberhard ¦  

KOMMENTAR             

 

Bereits Mitte 2020 stand fest, dass der Sonderweg von Schweden gescheitert ist. Wir berichteten in regelmässigen Abständen (Verzeichnis am Ende des Artikels). Um zu wissen, dass es so kommen musste, muss man durchaus kein Experte sein: Der lockere Sonderweg ist bereits beim Start gescheitert. Viele Tote wurden bewusst in Kauf genommen.

Die mangelnden Corona-Massnahmen in Schweden hatten noch weitere Auswirkungen auf das Pandemie-Geschehen – und zwar für ganz Skandinavien. Das beweist eine neue Studie. Denn im Rückblick zeigt sich klar, dass Schweden im ersten Jahr der Pandemie ein Nettoexporteur des Sars-CoV-2-Virus in nordische Nachbarländer war. Das betonte John Pettersson von der Universität in Uppsala am Dienstag (16.11.2021) gegenüber dem schwedischen TV-Sender SVT.

 

Der gescheiterte Sonderweg

Im 2020 hat sich Schweden entschieden, einen anderen Weg zu gehen als andere europäische Staaten. Lockdowns sollten vermieden werden, die Geschäfte offen bleiben, das Leben im Land sollte möglichst frei von Restriktionen seinen gewohnten Gang nehmen. Die Verluste sind enorm, auch wirtschaftlich. Hohe Fallzahlen waren die Folge, die letztendlich auch die Mutation des Virus begünstigten.

 

Begründet wurde der vergleichsweise lockere Umgang mit der Corona-Pandemie auch mit der Hoffnung auf eine möglichst schnell eintretende Herdenimmunität, obschon bereits damals feststand, dass es eine solche nicht geben kann.

 

Laissez-faire war laut Studie die falsche Strategie

Schwedens falsche Corona-Strategie trug der Studie zufolge dazu bei, dass das Coronavirus in andere Länder getragen werden konnte. Die Forscher haben die Virusausbreitung in Nordeuropa modelliert. Schweden hätte mit strengen Massnahmen die Ausbreitung wohl deutlich reduzieren können. Der Studie lagen 71.000 Patientenproben zugrunde, anhand derer eine Art genetischer Stammbaum für die Ausbreitung des Virus in den nordischen Ländern erstellt werden konnte. Es stellte sich heraus, dass Infektionsketten mit Ursprung in Schweden in mehreren hundert Fällen die Landesgrenzen überschritten.

 

Die nordischen Länder, hier definiert als Dänemark, Finnland, Norwegen, Island und Schweden, bieten ein Beispiel für geografisch, politisch und sozial verwandte Länder, die unterschiedliche COVID-19-Kontrollstrategien anwenden. Die Reaktionen unterschieden sich in den ersten 6 Monaten der Pandemie deutlich, bevor sie sich in den folgenden 6 Monaten ähnlicher wurden, was einen natürlichen Vergleich innerhalb und zwischen den nordischen Ländern bot. Schweden verfolgte zunächst einen weniger restriktiven Ansatz auf der Grundlage von Empfehlungen im Vergleich zu legislativen Ansätzen in den anderen nordischen Ländern. In Schweden wurden durch empfehlungsbasierte Massnahmen keine allgemeinen Bewegungsbeschränkungen durchgesetzt, Schulen für Kinder unter 16 Jahren blieben geöffnet, für infizierte Haushalte wurde keine obligatorische Quarantäne verhängt und Unternehmen arbeiteten weiterhin mit Anpassung an Distanzbeschränkungen.

 

Im Gegensatz dazu verhängten Norwegen, Finnland und Dänemark invasivere Einschränkungen der Bevölkerungsbewegung, darunter erzwungenes Homeoffice für Beschäftigte im öffentlichen Sektor, Schulunterricht zu Hause, gezielte Schliessung von Unternehmen im privaten Sektor, Schliessung von Restaurants, Museen, Sportzentren usw. sowie geschlossene internationale Grenzen für Nicht-Residenten. Island, eine kleine homogene Inselbevölkerung (ca. 350.000), hat nie Einschränkungen für Bevölkerungsbewegungen wie Norwegen, Dänemark und Finnland eingeleitet, sondern sich auf gross angelegte Tests und Kontaktverfolgung konzentriert, um die Ausbreitung des Virus innerhalb der Gemeinschaft zu begrenzen. Im Verhältnis zur Bevölkerungsgrösse hatte Schweden eine höhere Anzahl von COVID19-bedingten Fällen und Todesfällen als die anderen nordischen Länder, mit einer kumulativen Inzidenz von rund 9.758 Fällen und 137 Todesfällen pro 100.000 Menschen, verglichen mit rund 4.465 Fällen und 43 Todesfällen in Dänemark, 2.169 Fällen und 14 Todesfällen in Norwegen, 1.608 Fällen und 17 Todesfällen in Finnland. und 1.790 Fälle und acht Todesfälle in Island bis zum 2. Mai 2021; die meisten Fälle traten zwischen April und Juli 2020 und zwischen November 2020 und März 2021 auf.

 

Die Studie unterstreicht den Nutzen kontinuierlicher genomischer Überwachung und retrospektiver Studien, um Unterschiede in der Pandemiereaktion in Bezug auf die Übertragungsdynamik zu vergleichen und zu verstehen. Insbesondere deuten die Daten darauf hin, dass sich die Überwachung der Übertragungskette als nützliche Metrik für den Vergleich der Ergebnisse von Strategien zur Eindämmung von Ausbrüchen erweisen könnte.

 

Weitere Artikel 

Ausflugstipps

In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps. 

Unterstützung

Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie.

Rezepte

Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren.

Persönlich - Interviews

"Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

Inhalte von Powr.io werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell und Marketing), um den Cookie-Richtlinien von Powr.io zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Powr.io-Datenschutzerklärung.
Kommentare: 0