DE: Das Urteil des BVerfG erzeugt in Kreisen Reaktionen, die nicht mehr zu akzeptieren sind

DMZ – GESETZ / RECHT ¦ Dirk Specht ¦                              

KOMMENTAR

 

Das Urteil des BVerfG sollte Klarheit schaffen. Das tut es, denn es macht klar: Ein Teil unserer Gesellschaft ist spätestens mit der Corona-Krise in eine Art Aufkündigung dessen, was wir Staat nennen, abgedriftet. Ich rede hier nicht mal von Werten wie Humanismus, Solidarität, Rücksichtnahme. Ich meine das Minimum dessen, was wir als Gesellschaft an Zusammenhalt brauchen: Die – zudem mühsam erkämpfte – Verabredung einer staatlichen Organisation, deren Entscheidungen wir zwar mit geregelten Mitteln beeinflussen wollen und dürfen, die wir aber ansonsten akzeptieren – auch, wenn wir sie nicht mögen oder sie zu unserem Nachteil sind.

 

Nun haben die obersten Wächter dieses Staates gesprochen. Kubicki findet das „enttäuschend“. Nun gut, das darf er, aber so eine Äußerung darf er angesichts der gespannten Lage auch lassen. Weidel hetzt offen gegen die Richter. Ich würde mich freuen, wenn das endlich mal justiziabel wäre?

 

Das sind aber nur Aussagen von der Spitze des Eisbergs. Bewegt man sich durch die Social Media Foren, so sind dort die Reaktionen bisher bereits staatsferner Protagonisten mehr als eindeutig. Auch das oberste Gericht hat dort keinerlei Kredit mehr, das Urteil keine klärende Wirkung – außer einer staatsrechtlich vollständigen Abkehr.

 

Man kann an der Stelle nicht mehr von einer Spaltung der Gesellschaft sprechen, denn dieser Teil hat damit das minimale Fundament einer Gesellschaft verlassen. Es sind vermutlich sehr verschiedene Strömungen, die in diesem Milieu – man sollte es so nennen – zusammenkommen. Die Gefahr einer staatsfeindlichen Zusammenführung besteht, die AfD mag der führende Rattenfänger sein, aber gewiss nicht der einzige.

Wie groß dieser Teil ist, ist schwer zu überblicken. Die Grauzone zwischen Unzufriedenen, vielleicht teilweise auch intellektuell schlicht überforderten und dem eben nicht gespaltenen, sondern abgespaltenen Rand ist dafür zu unklar.

 

Zugleich ist Krise – und die ist weder auf Corona beschränkt, noch geht Corona einem raschen Ende entgegen. Das fordert von Staat und Gesellschaft Leistungsfähigkeit sowie rasches, präzises und konsequentes Handeln. Ressourcen für bisherige Besänftigungs- und Kompromisspolitik bestehen nicht – zeitlich nicht, organisatorisch nicht, ökonomisch nicht, gesamtgesellschaftlich nicht.

 

Es wird unvermeidlich sein, dass der Staat sich im Auftrag und zum Erhalt der Gesamtgesellschaft mit dem abgespaltenen Teil anlegt. Das ist eine mehr als bedauerliche Entwicklung. Sie zu vermeiden, wäre uns allen genehm, aber das könnte sehr unangenehm enden.

 

Demokratien haben immer wieder Phasen innerer Spannungen erlebt. Szenen von der Straße wie derzeit, vor den Parlamenten oder jüngst stellvertretend, weil nicht so gut schützbar, Kliniken sowie Impfzentren hat es oft gegeben. Davor sollten wir nicht zurück schrecken, ein falsches Entgegenkommen wäre nicht zielführend. Da sind längst Kräfte und Strömungen entstanden, die kein Entgegenkommen mehr wollen, die das auch nicht mehr belohnen würden. Das sind destruktive Strömungen mit einer mehr oder weniger klaren staatsfeindlichen Agenda, die jede Verabredung mit gesellschaftlichem Konsens längst aufgegeben haben.

 

Damit kann man keine Verhandlungen führen, dem sind Grenzen zu setzen. Die Entgrenzung ist nämlich der Kern oder Ursprung des Problems.

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