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Spaltung als Chance

DMZ –  GESELLSCHAFT ¦ Ralph G. Meier ¦                     

 

Seit Beginn der aktuellen Pandemie und insbesondere seit der Möglichkeit, sich impfen zu lassen oder nicht, scheint ein „grausames Monster“ mit einer riesigen Axt die menschliche Gesellschaft zu spalten. Dabei wird vor allem der ideologische Graben zwischen Geimpften und Ungeimpften, Massnahmenbefürwortern und Massnahmenkritikern offensichtlich. Das Entsetzen scheint gross, wie konnte das nur geschehen?

Vor allem, wenn sich der Graben durch Familien und Verwandtschaften hindurchzieht, wenn wir es also ganz direkt zu spüren bekommen, geben wir uns betroffen und bemühen uns um Verständnis des Gegenübers, was aber nur selten gelingt.

 

Aber ist diese Spaltung wirklich etwas Neues, nie Dagewesenes?

Ganz klar: Nein

 

Schon als Kinder werden wir konditioniert, alles was wir sehen und erleben, einzuteilen, in gross und klein, gut und böse, schwarz und weiss, und so weiter. So lernen wir auch früh, unsere Mitmenschen einzuteilen. Wer ist uns sympathisch? Wer hat ähnliche Interessen wie wir?

 

So nehmen wir Menschen an und lassen sie an unserem Leben teilhaben, oder wir lehnen sie ab und schliessen sie aus unserem Leben aus.

Natürlich ist dies nicht immer konsequent möglich, wir können uns unsere Familie nicht aussuchen, oder unsere Verwandtschaft, mit wem wir in einer Schulklasse sind oder mit wem wir im Berufsleben zusammenarbeiten müssen.

 

Wir lernen, auch in diesen relativ kleinen Biotopen, Partnerschaften zu bilden, die unserer Vorstellung entsprechen.

 

Das Ganze setzt sich dann fort in immer grössere Dimensionen. So können wir uns entscheiden, welche politische Partei wir unterstützen wollen, indem wir sie wählen oder ihr sogar beitreten.

Dann können wir auch entscheiden, in welchem Land, also in welchem politischen System wir leben wollen, oder eben nicht.

 

Unterscheidung und somit Spaltung kann als ein Naturgesetz gesehen werden, das mehr oder weniger offensichtlich ist.

 

Die aktuelle Pandemie hat nicht eine Spaltung der Gesellschaft erzeugt, sondern sie hat sie lediglich sichtbar gemacht.

Wir waren schon immer so, wie wir jetzt sind, aber wir mussten es selten öffentlich kundtun.

Erst mit Beginn der Pandemie, und speziell seit eine Impfung verfügbar ist, sind wir gezwungen, Stellung zu beziehen. Obwohl wir jetzt in der Öffentlichkeit oft genötigt werden, eine Maske zu tragen, haben wir diese – im bildlichen Sinne – fallengelassen.

 

Vorher konnten wir uns in unserer „Privatsphäre“ verstecken und unseren Mitmenschen gegenüber nur zeigen, was wir zeigen wollten, das hat viel zum sozialen Frieden beigetragen.

Damit ist nun Schluss: Wir sind gezwungen, uns zu entblössen, wir müssen zeigen, wer wir sind, wie wir denken und fühlen. Klar führt dies zu Konflikten in den Familien, Vereinen, Interessen- und Staatsgemeinschaften.

 

Dies ist zuweilen sehr ärgerlich und oft schmerzhaft, aber es ist auch ehrlicher.

In der Pandemie werden teils langjährige Freundschaften beendet, Familien zerrüttet und durchgeschüttelt, Demokratien auf eine harte Probe gestellt, aber ist das wirklich so schlimm?

Wir Menschen wurden gezwungen, ehrlicher und offener zu sein, uns zu offenbaren und positionieren, das kann auch als Chance gesehen werden, dass unsere Lebensgemeinschaften nach Beendigung der Pandemie ehrlicher und tiefgründiger sein werden.

 

Wir haben gelernt, einander mit anderen Augen zu sehen und nach dem Streit folgt – meistens – die Versöhnung.

 

Klar, der Lack ist ab, aber die Farbe ist noch da.

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