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Sieben zivilgesellschaftliche Organisationen versuchen erneut den Bundesrat zur Vernunft zu bewegen

DMZ –  GESUNDHEIT / POLITIK ¦ Walter Fürst ¦       

KOMMENTAR

 

Mit einem Offenen Brief an den Gesamtbundesrat appellieren sieben zivilgesellschaftliche Organisationen für eine nachhaltigere und menschlichere Strategie der  Pandemiebewältigung und somit ein weiteres Mal an die Vernunft des Bundesrates. Leider sind die bisherigen Versuche als eher gescheitert zu bezeichnen, da sich der Bundesrat jeweils bequemt nicht zu antworten. Eine inakzeptable Unart, die einer Regierung unwürdig ist. Bei Wirtschaft und Gastro / Tourismus wird jeweils umgehend das Gespräch gesucht. Geht es aber um Fakten und Expertisen, tat sich der Bundesrat bisher sehr schwer und wurstelt sich mehr schlecht als recht durch die Pandemie, macht Fehler um Fehler und ist aktuell im Begriff den grössten zu machen. Unentschuldbar sind die meisten davon. Reaktion auf Kritik? Fehlanzeige. Der Bundesrat ist unfehlbar. Oder wie es Bundesrat Maurer (SVP) zu formulieren vermag: „Die Experten – deren Meinung ich kaum mehr zur Kenntnis nehme – scheinen für mich nicht in der realen Welt zu leben.“

 

Die überaus engagierten und stets am Ball der aktuellen Faktenlage agierenden sieben zivilgesellschaftlichen Organisationen äussern sich im Schreiben an den Bundesrat zu den gesundheitlichen aber auch den, für den Bundesrat offenbar am wichtigsten geltenden wirtschaftlichen Schäden, aufgrund von Masseninfektionen. Sie üben Kritik am „Schweizer Mittelweg“ und fordern eine nachhaltigere, menschlichere Strategie der Pandemiebewältigung.

 

Jedes Kind der Welt hat ein Recht darauf, gesund und sicher aufzuwachsen, sein Potenzial zu entfalten, angehört und ernst genommen zu werden. So hat es die Uno-Generalversammlung vor dreissig Jahren in der Konvention über die Rechte des Kindes festgeschrieben. Wann immer Entscheidungen getroffen werden, die sich auf Kinder auswirken können, hat das Wohl des Kindes Vorrang. Dies gilt in der Familie genauso wie für staatliches Handeln. Seit 2 Jahren werden diese Rechte in der Schweiz wissentlich ignoriert.

 

Der teilweise unglaublich faktenresistente Bundesrat, der auch kaum auf Warnungen der Wissenschaft achtete und auch aktuell nicht achtet, wird in der Einleitung des Briefes zuerst mit den harten Fakten konfrontiert, die in der Kompaktheit und Übersichtlichkeit eigentlich logischerweise dafür sorgen müssten, dass sich der Bundesrat endlich besinnt und sich den wesentlichen Dingen widmet. Den Menschen.

 

In einem Rückblick auf die Vorgeschichte des aktuellen Kontrollverlusts werden die gemachten Fehler noch einmal deutlich vor Augen geführt: „Die Schweiz treibt auf immer höheren, kurz aufeinanderfolgenden Corona-Wellen. Die herbstliche Delta-Welle konnte sich nicht nur bei ungeimpften Erwachsenen, sondern ausgehend von den Schulen vor allem unter Kindern, Lehrpersonen, (auch geimpften!) Eltern und Grosseltern ohne Boosterangebot ausbreiten. Trotz explodierender Fallzahlen an den Schulen verzichtete der Bundesrat darauf, seine Kompetenz per Epidemiengesetz Art. 6 wahrzunehmen, das föderale Verantwortungs-Ping-Pong zu beenden und für einen einheitlichen Mindestschutz an den Schulen zu sorgen.“

 

Dass bereits die Delta-Welle erneut unhaltbare Zustände auf Intensivstationen und in Heimen zur Folge hatte, wird ebenfalls aufgearbeitet: „Wiederum war das bereits überlastete Personal in den Spitälern mit Schwerstarbeit konfrontiert, und wieder starben zu viele Menschen an Covid. Als sich im Dezember die immunevasive Omikron-Variante auszubreiten begann, unterliess es der

Bundesrat unter anderem aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen, die Welle wenigstens mit

kurzfristig wirksamen Schutzmassnahmen abzubremsen. Seit Januar 2022 erlebt die Schweiz bei rekordhoher Zirkulation von Omikron BA.1 den totalen Kontrollverlust in der Pandemiebekämpfung mit einem Zusammenbruch der Teststrategie und der Kontaktnachverfolgung, während in Dänemark und Österreich bereits BA.2 mit einem deutlichen Übertragungsvorteil die Oberhand gewinnt.“ Brutal, aber so sind Fakten.


Grundlagen der Pandemiebekämpfung

„In einer Krise sollten wir uns an die Prinzipien der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft erinnern: „Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen.“ steht in der Präambel, und Art. 11, Absatz 1 „Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung.“ mahnt zum Schutz der Kinder und Jugendlichen.

 

„Eine Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren Kindern umgeht.“

Eduardo Galeano


Die bundesrätliche Coronapolitik nimmt sehr hohe Fallzahlen mit dem Argument in Kauf, die Hospitalisierungen seien noch vertretbar und das Gesundheitssystem nicht komplett überlastet. Sie vernachlässigt dabei jedoch wesentliche Faktoren:

  • Es werden reihenweise Operationen verschoben.
  • Vulnerable Personen können sich kaum noch schützen.
  • Kinder unter 12 Jahren hatten kein rechtzeitiges Impfangebot und werden in den Schulen quasi zwangsweise durchseucht. Seit der ungebremsten Delta-Ausbreitung an den Schulen bricht der Bundesrat sein Versprechen, dass die Normalisierungsphase erst beginnen würde, nachdem alle exponierten Bevölkerungsgruppen eine Impfmöglichkeit hatten.
  • Je nach Altersgruppe und Impfstatus leiden 3 – 20 % der Infizierten unter Long Covid bzw. Post-COVID-19. Auch Geimpfte sind bei Impfdurchbrüchen nur unzureichend vor Long Covid geschützt; bestenfalls halbiert sich das Risiko.

Die Durchseuchung ungeimpfter Kinder oder Erwachsener mit Omikron führt aufgrund neuster wissenschaftlicher Studien nicht zu einer breit wirksamen, lang anhaltenden Immunisierung. Davon abgesehen kann die Infektion auch bei Kindern  erheblichen Schaden anrichten (PIMSLongCovid, Neurocovid...).

 

„Die ungefragte Durchseuchung von weitgehend ungeschützen Kindern und Jugendlichen bei

Präsenzpflicht, die Gefährdung von Vulnerablen und die Inkaufnahme von Hunderten neuen Long-Covid-Fällen pro Tag sind inakzeptabel.“

ProtectTheKids / Corona-Mahnwache / IG Risikogruppe Schweiz / Sichere Schule / Kinder schützen – jetzt! / Long Covid Kids Schweiz / Bildung Aber Sicher CH


„Der Bundesrat hätte gemäss Epidemiengesetz (EpG) Art. 6 in der besonderen Lage die Kompetenz, Massnahmen anzuordnen, wenn die ordentlichen Vollzugsorgane nicht in der Lage sind, den Ausbruch und die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhüten und zu bekämpfen. Wir appellieren an den Bundesrat, die Verfassungsgrundsätze zu beachten und nach dem erneuten Kontrollverlust basierend auf den Zielen des Epidemiengesetzes auf eine nachhaltigere und menschlichere Niedriginzidenz-Strategie hinzuarbeiten.“, führen die Organisationen weiter aus.

 

Die Zivilgesellschaften stellen im Schreiben an den Bundesrat auch die Frage, ob die Impfung als alleiniger Weg aus der Pandemie gesehen werden kann. Vor einem Jahr sei man denn auch voller Hoffnung gewesen. „Schneller als erwartet wurden Impfstoffe zugelassen. Die hohe Wirksamkeit der mRNA-Impfungen gegen Hospitalisierung und Tod ist für die bisherigen Varianten von SARS-CoV-2 unbestritten. Inzwischen hat sich jedoch bestätigt, dass auch dieser Schutz mit der Zeit nachlässt und eine Auffrischimpfung erforderlich macht. Der hohe Schutz der Impfung gegen schwere Verläufe führte dazu, dass das BAG berechtigterweise eine hohe Impfquote in der Bevölkerung anstrebte und noch immer anstrebt. Problematisch ist jedoch, dass eine hohe Impfquote zu lange nicht nur als notwendiges, sondern auch als hinreichendes Mittel zur Bekämpfung der Pandemie propagiert wurde. So erfreulich der Rückgang von Hospitalisationen und Todesfällen im Verhältnis zu den Neuinfektionen auch ist, seine Darstellung als "Entkopplung" schwerer Verläufe von der Inzidenz führte leider zu einer Herabstufung der Inzidenz als Überwachungskriterium.“

 

„Die Nichtberücksichtigung der Inzidenz ist kontraproduktiv – sie führt zu Zeitverlust am Beginn einer Welle und ignoriert den direkten Zusammenhang mit der Anzahl zukünftiger Long-Covid-Fälle.“

ProtectTheKids / Corona-Mahnwache / IG Risikogruppe Schweiz / Sichere Schule / Kinder schützen – jetzt! / Long Covid Kids Schweiz / Bildung Aber Sicher CH

 

Ausserdem leistet diese Politik einer Entwicklung Vorschub, bei der Infektionen verharmlost und Public-Health-Massnahmen nicht richtig umgesetzt werden.


Faktenaufstellung

„Proportional zu den rekordhohen täglichen Neuinfektionen generiert unser Land neue Long-Covid-Fälle. Bei Kindern rechnet man mit einem Long-Covid-Risiko von mindestens 3 % [MPU-2021]. Junge, nicht geimpfte Erwachsene (16 – 30 Jahre alt) hatten sechs Monate nach einer Covid-Infektion (ohne Hospitalisierung) Neurosymptome wie Geschmacks- und/oder Geruchsstörungen (28 %), Fatigue (21 %) und Gedächtnisstörungen (11 %) [BBL-2021].

 

Bei Omikron rechnet man über alle Altersgruppen mit Long Covid bei 10 bis 20 % der Fälle, ohne einen starken Zusammenhang mit der Schwere der akuten Infektion [MPU-2022]. Eine Studie fand im September 2021, dass Geimpfte 47 % seltener an Long Covid erkranken [MBR-2021]; Kinder ohne Impfschutz haben diesen Vorteil nicht.

 

Für Long-Covid-Betroffene, die mit Dauerkopfschmerzen, Brain Fog, Muskelschwäche oder Chronic Fatigue kämpfen, wie auch für ihre Angehörigen ist es unverständlich, dass der Bund noch keine systematische, landesweite Erhebung (nationale Long-Covid-Studie) in die Wege geleitet hat und die Notwendigkeit einer solchen Erhebung sogar bezweifelt.

 

Für vulnerable Menschen ist die anhaltend hohe Viruszirkulation ein unerträglicher Zustand, denn sie müssen sich seit zwei Jahren fast ununterbrochen isolieren und können sich kaum vor einer Infektion schützen, wenn sie schulpflichtige Kinder haben.“

 

Klare Faktenlage sollte zu klarer Sicht verhelfen, die offenbar der Politik fehlt. Die sieben Zivilgesellschaften führen deshalb erneut die aktuelle Situation vor das politische Auge. Denn während Medien und Exponenten aus der Politik bei rekordhohen Inzidenzen von einer harmlosen Endemie träumen und das Narrativ „Grundimmunität“ stetig und unablässig bewirtschaften, antworten sie jeweils selber darauf mit beinahe verschwörungsgläubigen Artikeln. Hauptsache es wird kommentiert, die Empörung auf beiden Seiten geschürt und damit und Klicks und somit Geld verdient. Völlig egal, wie viele Menschen diesem Treiben noch zum Opfer fallen werden.

 

„Milder“ Verlauf

Eines sollte mittlerweile überall angekommen sein: Infektionen mit dem angeblich „milden“ Omikron führen durch das Schliessen der Impflücke zu keiner Grundimmunität der Bevölkerung. „In Dänemark und Norwegen infizieren sich Personen, die vor kurzem von Omikron BA.1 genesen sind, mit der Untervariante BA.2. Während BA.1 schon 53 Mutationen gegenüber dem Wildtyp aufweist, lässt BA.2 mit 70 Mutationen eine weiter optimierte Immunflucht vermuten.“ schreiben die sieben Zivilgesellschaften weiter in ihrem Brief an den Bundesrat. „Gebietet uns das Präventionsprinzip nicht, dass die Durchseuchung mit Omikron dringend unterbrochen werden müsste, solange wir nicht genau verstehen, wie virulent diese Untervarianten sind und wie oft sie bei Re- und Durchbruchsinfektionen zu Long Covid führen? Untersuchungen, die bei Covid-Infektionen auf Schäden im zellulären Immunsystem hinweisen (z.B. T-Zellen), mahnen zur Vorsicht [CPH-2022].“


Fragen an den Bundesrat - Antworten aus der Wissenschaft

Wie beurteilt der Bundesrat, dass Hospitalisierungen von Kindern in den letzten Wochen stark zugenommen haben?

Je mehr Kinder sich anstecken, desto mehr schwere Komplikationen wie PIMS werden auftreten. Die Wahrscheinlichkeit für ein Kind, wegen COVID-19 hospitalisiert zu werden, war seit Beginn der Pandemie noch nie so hoch.

 

Ist eine „Immunisierung“ grosser Teile der Bevölkerung mit Omikron BA.1 nicht unsinnig, wenn wir davon ausgehen müssen, dass sie uns nur unzureichend vor BA.2 und weiteren Varianten schützt?

Hochinzidenz beschleunigt die Antigendrift, begünstigt die Entstehung immun-evasiver Varianten und erschwert somit die Versorgung der Bevölkerung mit passenden Impfstoffen. Dies erscheint bei einem potenten Virus wie SARS-CoV-2 umso problematischer, als es kein Naturgesetz gibt, welches automatisch zu weniger virulenten Varianten führt. Zudem besteht das Risiko einer Rekombination von Omikron mit der weiterhin zirkulierenden Delta-Variante [CDR-2022].“

 

Es gibt keine Grundimmunität und somit auch kein Ende der Pandemie

„Für die Annahme, Omikron habe zu einer breiten Grundimmunität der Bevölkerung geführt und bedeute das „Ende der Pandemie“ gibt es keine Evidenz. Im Gegenteil: Man kann sich unmittelbar nach einer Omikron-Infektion erneut infizieren – eine Infektion mit Omikron ergibt nur eine schwache Immunität gegen eine Omikron-Reinfektion und eine limitierte Kreuzimmunität gegen eine Delta-Infektion [VSE-2022]. Zudem schwindet die Impfstoffwirksamkeit gegen symptomatische Erkrankung sowie Hospitalisierung schneller für Infektionen mit Omikron als mit Delta [VSR-2022].“

 

Volkswirtschaftliche Schäden durch Hochinzidenz

Die Zivilgesellschaften befassen sich in Ihrem Schreiben an den Bundesrat auch mit der wirtschaftlichen Seite, die dem Bundesrat stets die wichtigste war. Aus volkswirtschaftlicher Sicht könne es kurzfristig verlockend sein, in der Hoffnung auf eine „breite Immunisierung“ das Ende der Krise auszurufen und die Bevölkerung zu einem freundlichen Konsumklima und sorglosen Mobilitätsverhalten zu animieren. Doch aufgrund des Fitness-Gewinns neuer, immun-evasiver Virusvarianten selbst gegenüber Populationen mit einer sehr hohen Impfquote müsse man damit rechnen, dass eine zu lockere Schweizer Coronapolitik Jahr für Jahr weitere Wellen mit hoher Inzidenz nach sich ziehen werde. „Eine solche Entwicklung wird jedoch einen erheblichen Teil der Bevölkerung aufgrund bewusster Risikominimierung, Unsicherheit, akuter oder chronischer Erkrankung in ihrer wirtschaftlichen Aktivität ausbremsen [WSJ-2022].“

  • In den Sektoren Industrie und Dienstleistung müssen Arbeitgeber:innen mit krankheitsbedingten Ausfällen und höheren Prämien bei Krankentaggeldversicherungen rechnen.
  • Die schon in normalen Zeiten grossen Schwankungen unterworfenen Betriebe in Tourismus und Gastronomie werden es bei andauernd hohen Infektionszahlen noch schwerer haben, planen zu können: Internationale Gäste bleiben aus, Servicepersonal fehlt krankheitshalber, wechselt in sicherere Branchen oder kann für saisonabhängige Betriebe nur noch erschwert aus dem Ausland akquiriert werden.
  • In Gesundheit und Pflege wird das seit zwei Jahren durch Schwerstarbeit mit COVID-19-Erkrankten überbelastete und erschöpfte Personal weiter verheizt. Immer mehr Pflegefachpersonen verlassen ihren Beruf. Ohne Aussicht auf eine nachhaltige Verbesserung der miserablen Arbeitsbedingungen wird sich der Personalmangel weiter verschärfen.
  • Schulen werden aufgrund von akuten und Long-Covid-Erkrankungen ebenfalls mit abnormal hohen Personalausfällen und -fluktuationen konfrontiert. Der Anteil der Schüler:innen mit erhöhtem Förderbedarf aufgrund von Brain Fog, Chronic Fatigue oder psychosozialer Belastung durch (chronische) Erkrankung von Familienangehörigen nimmt zu.
  • Krankenversicherungen müssen wiederkehrend mit hohen Kosten für stationäre Behandlungen und Rehabilitation von Covid-Patient:innen rechnen, Versicherte mit höheren Prämien. Die Folgen einer zu lockeren, der kurzfristigen Gewinnoptimierung verpflichteten Coronapolitik werden erst mit Verzögerung in den Sozialversicherungen sichtbar – in den Zahlen der Invalidenversicherung sind die Langzeitgeschädigten aus der ersten Covid-Welle gerade erst «angekommen».

 

„Seit Omicron vor nur neun Wochen erstmals identifiziert wurde, wurden der WHO mehr als 80 Millionen Fälle gemeldet – mehr als im gesamten Jahr 2020. Wir werden auf absehbare Zeit mit COVID leben, aber lernen, mit COVID zu leben, kann nicht bedeuten, dass wir diesem Virus freien Lauf lassen. Es kann nicht bedeuten, dass wir wöchentlich fast 50.000 Todesfälle aufgrund einer vermeidbaren und behandelbaren Krankheit hinnehmen. Es kann nicht bedeuten, dass wir eine unannehmbare Belastung unserer Gesundheitssysteme hinnehmen, wenn jeden Tag erschöpftes Gesundheitspersonal wieder an die Front geht. Es kann nicht bedeuten, dass wir auf ein Virus setzen, dessen Entwicklung wir weder kontrollieren noch vorhersagen können.“

Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation

 

Wie weiter?

„Es ist kontraproduktiv, wenn Gesundheitspolitiker und Medien Schwarz-Weiss-Malerei betreiben, wenn differenzierte Lösungen durch Gegenüberstellen extremer Positionen verhindert werden. Ein  Paradebeispiel dafür sind Schulen. Mantramässig wurde wiederholt, dass Schulen offen bleiben müssen. Dabei geht es gar nicht um die Frage, ob Schulen um jeden Preis offen zu halten oder unbedingt zu schliessen sind; es geht darum, sie mit adäquaten, niederschwelligen und insbesondere technischen Massnahmen für saubere Luft sicherer zu machen. Wir fordern den Bundesrat zu einer

differenzierteren Krisenkommunikation und -bewältigung auf.“, schreiben die Zivilgesellschaften weiter.

Eine rekordhohe Viruszirkulation bedeute nicht, dass die Maskenpflicht als Werkzeug versagt hätte; sie solle vielmehr dem BAG Anlass zu einer Überprüfung sein, weshalb führende Industrienationen aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse FFP2-Masken empfehlen.

 

Wird der Bundesrat die gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Folgen der bisherigen Corona-Politik sorgfältig analysieren?

„Der aktuelle Kontrollverlust ist kein Grund, alle Vorsichtsmassnahmen fallen zu lassen, sondern Anlass, die gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Schäden aufgrund mangelhafter Prävention und einer wiederkehrend hohen Inzidenz korrekt zu bewerten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.“

 

Wir fordern eine nachhaltigere und menschlichere Niedriginzidenz-Strategie, welche Masseninfektionen  und die daraus resultierenden Kollateralschäden (einschliesslich Long Covid) sowie die Gefährdung vulnerabler Personen nach dem Abklingen der aktuellen Welle proaktiv vermeiden will. Dadurch sollen besonders exponierte Berufsgruppen wie Fachpersonen in Medizin und Pflege sowie Lehrpersonen in Zukunft entlastet und besser geschützt werden. 

 

Die unterzeichnenden Zivilgesellschaften ProtectTheKids, Corona-Mahnwache, IG Risikogruppe Schweiz, Sichere Schule, Kinder schützen – jetzt!, Long Covid Kids Schweiz, Bildung Aber Sicher CH

Referenzen
[BBL-2021] “Long COVID in a prospective cohort of home-isolated patients”, B. Blomberg et al., Nature Medicine, nature.com, 23.06.2021.
[MBR-2021] “Wie häufig ist Long Covid nach einer Durchbruchinfektion?”, M. Brupbacher, Tages Anzeiger, 27.11.2021.
[MPU-2021] “Fast 20 Prozent der erkrankten Erwachsenen entwickeln Long Covid”, M. Puhan, srf.ch, 19.10.2021.
[CDR-2022] “Drosten befürchtet Rekombination aus Omikron und Delta”, C. Drosten, rnd.de, 22.01.2022.
[CPH-2022] “Immunological dysfunction persists for 8 months following initial mild-to-moderate SARS-CoV-2 infection”, C. Phetsouphanh et al., Nature Immunology, nature.com, 13 Jan. 2022.
[MPU-2022] “Long Covid wegen Omikron: «Wir wissen frühestens im April mehr»”, M. Puhan, srf.ch, 18.01.2022.
[VSE-2022] “Neutralizing immunity in vaccine breakthrough infections from the SARS-CoV-2 Omicron and Delta variants”, V. Servellita et al., medrxiv.org, preprint, 26. Jan. 2022.
[VSR-2022] COVID-19 vaccine surveillance report, UK Health Security Agency, 27 January 2022 (week 4).
[WSJ-2022] “Covid-19, Endemic or Not, Will Still Make Us Poorer”, Greg Ip, The Wall Street J., Jan. 19, 2022.

 

 

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