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Die Verkürzung des Genesenenstatus und das ganze Verfahren sollten revidiert werden

DMZ –  WISSENSCHAFT ¦ Dirk Specht ¦                           

KOMMENTAR 

 

Keine Überraschung: Das erste Gericht kassiert die Verkürzung des Genesenenstatus. Das ist jenseits der Begründung im Detail gut so. Das Gericht moniert erstens die Art der Umsetzung. Wie diese Entscheidung an das RKI delegiert wurde und dort – wie wir inzwischen wissen – sogar auf der Arbeitsebene durchgeführt wird, darf nicht akzeptiert werden. Ferner moniert das Gericht die fehlende wissenschaftliche Begründung.

 

Das sehe ich etwas anders, führt aber im Ergebnis zu einem noch schwierigeren Sachverhalt: Man kann wissenschaftlich sehr wohl begründen, dass eine Vorinfektion insbesondere gegen Omicron sehr rasch ihre Schutzwirkung einbüßt. Aus denselben Daten geht aber hervor, dass die Doppelimpfungen diesbezüglich nicht klar unterscheidbar besser da stehen.

 

Auch das wäre also juristisch angreifbar: Eine Ungleichbehandlung von Genesenen und doppelt Geimpften ist nicht begründbar. Auch das kann nicht auf der Ebene des RKI entschieden werden. Dessen Aufgabe ist die Erarbeitung wissenschaftlich begründeter Vorschläge. Der ganz Vorgang dient der Sache nicht. Die Politik sollte diese Entscheidung inhaltlich sofort revidieren und nicht weitere Urteile abwarten. Formal sind solche Festlegungen mit erheblicher Tragweite zukünftig anders zu regeln. “Etwas” mehr demokratische Legitimation als diese Ebene im RKI darf schon sein.

 

Das hat in einer ohnehin erhitzten Stimmung Schaden angerichtet. Nur eine rasche und klare Revidierung des ganzen Vorgangs kann den begrenzen. Rein organisatorisch ist eine Anhebung auf sechs Monate und vor allem eine Gleichstellung mit Doppelimpfungen geboten. Etwas anderes wird sich bei einer wissenschaftlich sorgfältigen Argumentation kaum halten lassen. Es ist richtig, auf Ungeimpfte weiter Druck auszuüben und ihnen die Nachteile ihrer Entscheidung auch aufzubürden. Zugleich ist auf die Notwendigkeit einer hohen Impfquote für das von allen ersehnte Ende der Pandemie hinzuweisen. Aber die Mittel müssen fair bleiben, gerade dann, wenn es um den Vergleich einer Impfung mit einer Vorinfektion geht.

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Kommentare: 1
  • #1

    Hydroxide (Samstag, 05 Februar 2022 14:17)

    Das Gericht ist kaum qualifiziert, die wissenschaftliche Begründung zu bewerten. Insbesondere nicht bei wiederum über's Knie gebrochenen Eilentscheidungen. Und nein, es ist mitnichten gut so, dass Gerichte immer wieder mit wissenschaftlich nicht haltbarer Argumentation Entscheidungen kippen. Wir hatten schließlich auch schon Entscheidungen, bei denen Gerichte meinten, ohne jeden Sachverständigen festlegen zu können, was ausreichend Sicherheitsabstand ist, um auf Masken verzichten zu können - in grobem Gegensatz zum Stand der Forschung.

    Auch der Verweis auf die demokratische Legitimation ist etwas merkwürdig. Unser Gesundheitssystem ist weitgehend selbstverwaltet, für die einzelnen Entscheidungen des regulären Gesundheitssystems gibt es auch nur eine extrem indirekte demokratische Legitimation - eben weil sich ein Virus, ein Bakterium oder eben auch pure physikalisch-mechanische Wechselwirkungen zwischen Umgebung und Knochen relativ wenig darum scheren, was Otto Normalbürger denkt, wie sie sich verhalten sollten. Wir könnten demokratisch heute die Pandemie für beendet erklären, den Virus würde das genauso wenig scheren, wie der Versuch verschiedener Minister, Schulen zur sicheren Umgebung zu deklarieren.