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AT:   EU sieht Zukunft der Union auch am Westbalkan

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

 

Österreich unterstützt die Einbindung der sechs Westbalkan-Länder in die Konferenz zur Zukunft Europas, erklärt das Bundeskanzleramt (BKA) in seiner aktuellen EU-Jahresvorschau. Von Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und dem Rat der Europäischen Union wurde dieses Diskussionsformat im Vorjahr mit dem Ziel gestartet, gemeinsam mit BürgerInnen der EU Antworten auf Zukunftsfragen zu finden. Seitens des Rats, derzeit unter französischem Vorsitz, wird in Hinblick auf eine europäische Perspektive für den Westbalkan allerdings auf anstehende Reformen der Länder, etwa bei der Rechtsstaatlichkeit, hingewiesen. Rechtsstaatlichkeitsmängel ortete die Europäische Kommission auch bei den EU-Mitgliedern Polen und Ungarn, weswegen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen beide Staaten Verfahren gemäß Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet wurden. Festgestellt werden soll dabei, ob Grundwerte der Union – wie die Unabhängigkeit der Justiz – in den betroffenen Ländern verletzt werden.

 

Die Beiträge zur eingangs beschriebenen Zukunftskonferenz der EU können die TeilnehmerInnen über eine mehrsprachige digitale Plattform übermitteln. Eingeholt werden Vorschläge zu wirtschafts- und sozialpolitischen Themen sowie zu den Bereichen Bildung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Klima und Migration. Die Abschlussveranstaltung der Konferenz ist am 9. Mai 2022 physisch in Straßburg geplant.

 

EU soll geeint auftreten

Generell geht es der EU-Kommission darum, 2022 das gemeinsame Handeln der Union in den Vordergrund zu rücken. Nicht nur bei den noch offenen Handelsvereinbarungen mit dem Vereinigten Königreich und mit der Schweiz solle die Staatengemeinschaft mit einer Stimme sprechen, die EU-Mitgliedsstaaten würden auch von einem geeinten Vorgehen im Klimaschutz, der Wirtschafts- und Fiskalpolitik und bei Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit profitieren. Weiters wird von Brüssel eine Einigung über das Migrations- und Asylpaket anvisiert und eine Sicherheitsunion zum Schutz vor Terrorismus, organisiertem Verbrechen und Cyberangriffen. Auf Initiative von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde 2022 überdies als das Europäische Jahr der Jugend ausgerufen.

 

Teilhabe Jugendlicher im Fokus

Angesichts der Einschränkungen junger Menschen aufgrund der COVID-19-Pandemie will die EU-Kommission heuer den Fokus verstärkt auf die Bedürfnisse Jugendlicher richten, unter anderem mit einem neuen Austauschprogramm als Ergänzung zu Erasmus + und dem Europäischen Solidaritätskorps: "ALMA" – Aim, Learn, Master und Achieve. Dieses Mobilitätsprogramm für Jugendliche ohne Ausbildung oder Job soll die Möglichkeit bieten, zwischen zwei und sechs Monaten Berufserfahrung in einem anderen Mitgliedstaat zu sammeln. Starten soll das aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierte Programm im dritten Quartal 2022. Österreich weist im Zusammenhang mit dem Jahr der Jugend speziell auf die geplante Jugendkonferenz mit allen Bundesländern hin. Grundsätzlich forciere man das partizipatorische Element der Jugendpolitik im Wechselspiel mit EntscheidungsträgerInnen.

 

Eigenmittel: Österreich gegen Schuldenunion

Prioritär behandeln will der französische Ratsvorsitz heuer die Kommissionsvorschläge zur Änderung der Verordnung über den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 – 2027 inklusive des COVID-19 bedingten Aufbauinstruments "NextGeneration EU" (NGEU) sowie zum Eigenmittelbeschluss. Letzterer Punkt betrifft die vorgeschlagene Einführung neuer Eigenmittel zur Finanzierung des EU-Haushalts. Österreich betont laut Bundeskanzleramt, dass die Schuldenaufnahme im Rahmen der NGEU zur Krisenbekämpfung einmalig bleiben muss. Keinesfalls dürfe dadurch eine Schuldenunion eingeführt werden, weswegen auch neue Eigenmittel lediglich für Schuldenrückzahlungen, aber nicht für neue Ausgaben verwendet werden sollten. Für die Einführung neuer Kategorien von Eigenmitteln der EU, beispielsweise 25% der Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem, bedarf es in Österreich der Zustimmung von jeweils zwei Drittel der MandatarInnen in Nationalrat und Bundesrat.

 

EU-Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention stockt

Seit 2010 wird über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), deren Einhaltung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) überprüft wird, verhandelt. Ungelöst sind bis dato Fragen wie das Zusammenspiel von Bestimmungen in der EMRK und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedsstaaten oder das Ausmaß der Kontrollbefugnisse des EGMR. Österreich arbeite anhand eines Gutachtes des Europäischen Gerichtshofs aktiv dabei mit, die Beitrittsinstrumente an Europäisches Recht anzupassen, heißt es aus dem Bundeskanzleramt, wo auch das Ressort für EU und Verfassung verortet ist. Die Verhandlungen darüber dürften aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

 

Transparenz bei politischer Werbung soll Demokratie stärken

Klar definiert ist hingegen der Zeitplan für ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Demokratie in der EU und zum Schutz der Integrität von Wahlen, das die Europäische Kommission Ende 2021 schnürte. Dieses Demokratiepaket soll nach Vorstellung der Kommission 2023 in Kraft treten und bis 2024 in allen Mitgliedstaaten umgesetzt sein. Enthalten sind darin unter anderem Legislativvorschläge zu Werbung und Finanzierung Europäischer Politischer Parteien beziehungsweise entsprechender Stiftungen.

So soll dem Entwurf zufolge politische Werbung für BürgerInnen künftig klar erkennbar sein und Angaben zur Identität des Sponsors und zu den Werbeausgaben enthalten. Untersagt würde der Einsatz von Targeting- und Amplifikationstechniken, sofern sie nicht sinnvollen Transparenzanforderungen unterworfen sind. Bei Verstößen gegen die Transparenzvorschriften hätten die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Geldbußen einzuführen. Das Bundeskanzleramt unterstützt den Vorstoß im Sinne funktionierender demokratischer Prozesse.

 

Europäisches Parlament will einheitliche Regelung zur EU-Wahl

Ebenfalls 2024 sollen die Pläne des Europäischen Parlaments zur Vereinheitlichung der nationalstaatlichen Wahlsysteme bei der EU-Wahl greifen. Unter anderem werden einheitliche Regelungen für die Briefwahl durch UnionsbürgerInnen in Drittstaaten und ein unionsweit festgelegter Wahltag (Europatag am 9. Mai) sowie einheitliche Tage bzw. Zeiten zur Erstellung der Wählerverzeichnisse, Kandidatenlisten und Schließung der Wahllokale vorgeschlagen. Anstoß zur angepeilten Wahlrechtsreform der EU bot der Brexit, mit dem 46 Sitze im EU-Parlament frei wurden. Diese sollten gemäß Reformplan über transnationale Listen einem einheitlichen Wahlkreis zugeteilt werden. Dabei ist allerdings für das Bundeskanzleramt fraglich, ob die Vergabe von Sitzen über eine direkte Europawahlliste primärrechtlich gedeckt ist, da der Vertrag über die Europäische Union (EUV) eine Sitzverteilung nach Ländern vorsehe.

Grundsätzlich gibt das BKA zu bedenken, dass die angepeilte EU-Wahlrechtsreform möglicherweise Verfassungsänderungen in Österreich erfordert. Außerdem würde das angestrebte einheitliche Fristengefüge nicht problemlos mit dem heimischen Briefwahlsystem vereinbar sein. Die Verhinderung von Doppelstimmabgaben könne derzeit in Hinblick auf den Datenaustausch nicht hinlänglich gewährleistet werden.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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