RRRrrrr Renners Rasende Randnotiz - Fällt ins Wasser

Alon Renner (Potrait von Olivia Aloisi)
Alon Renner (Potrait von Olivia Aloisi)

DMZ – KOLUMNE ¦ Alon Renner ¦                         

 

Ich sitze hier und denke nach, wie ich Euch am besten verklickere, dass Eure Lieblingskolumne diese Woche – platsch - ins Wasser fällt. Den Zeigefinger zeichnet mir Olivia Aloisi nun schon seit 60 Ausgaben, ja, so viele Kolumnen wurden bis anhin verfasst, wöchentlich über den Mund. Da kommt man gar nicht zu Wort, vor lauter brüten, abwägen und grübeln. Und treuherzig doof in die Welt zu blicken. Ich meine, habt Ihr Euch mein Porträt schon mal näher angeschaut? Da stimmt doch etwas nicht. Ist Euch das bis anhin nicht aufgefallen? Da befindet sich mindestens ein T-Shirt zu viel im Bild. Und auch die Hand scheint mir am falschen Ort zu liegen. Um besser nachzudenken, müsste diese doch unter dem Kinn angebracht sein. Und auch im Profil, wäre die Zeichnung viel aussagekräftiger... Am besten als Ganzkörperbild, sitzend, nackt und mit nach vorne gebeugtem Oberkörper. Die Farbe: grau métallisé mit heller Patina an der richtigen Stelle.

 

Und wenn wir schon bei Rodin sind: Die Plastik «Der Denker» (Le Penseur) zählt zu seinen Hauptwerken und entstand zwischen 1880 und 1882. Das Original befindet sich in Paris, in jenem Museum, dass nach dem Künstler benannt wurde. Eine Kopie steht an seinem Grab. Eigentlich misst die Skulptur 72cm, aber 1902 wurde sie auf eine Höhe von 181cm vergrössert und als monumentale Version des Originals zum ersten Werk des Bildhauers im öffentlichen Raum.

Modell für dieses Kunstwerk, wie für zahlreiche weitere Arbeiten Rodins, stand der muskelbepackte Preisboxer Jean Baud, ausgesprochen wie beau, schön, der meist im Rotlichtmilieu auftrat. Wie genau habe ich nicht herausgefunden. Aber meine Fantasie geht eindeutig in Richtung «Chippendales». Die Plastik soll Dante Alighieri (1265 – 1321) darstellen, den umwerfenden Schöpfer der «Göttlichen Komödie» und bedeutendsten Dichter der Italienischen Literatur... Bin ich gerade dabei, mich mit Dante Alighieri zu vergleichen? Um Gottes willen, nein! Ich bemängle meine ungeeignete Statur, um einen sinnvollen Gedanken zu formulieren!

 

Durch Rodins lange Beschäftigung mit Dantes Werk und so auch mit der Vorstellung der Beschaffenheit von Himmel und Hölle, geriet der Bildhauer in eine schwere Existenzkrise. Zum guten Glück nahm er aber dies zum Anlass, um eine weitere Skulptur zu schaffen, die sich mit Alighieris «Göttlicher Komödie» auseinandersetzte. Aus dem «Inferno» - Dantes Text wird in Hölle, Fegefeuer und Paradies aufgeteilt - entwickelte er ein Portal für das Musée des Arts Décoratifs – ein Staatsauftrag, der 1880 aufgegeben wurde – : Das Höllentor! Hierfür schuf er 186 Figuren von denen gar manche freistehend sind. So auch «Der Denker», der in starker Anspannung, muskulös und verinnerlicht über das Tun und das Schicksal der Menschen nachsinnt.

 

Ein Abguss des Höllentors befindet sich auch neben dem Eingang des Zürcher Kunsthauses. Ein Ort, den ich aufgrund meiner selbstgewählten Isolation seit Monaten nicht besucht habe... Wenn ich mir das aber nun so richtig überlege: Nach all den Skandalen um den Neubau, die Bührle Sammlung, deren Präsentation und die damit einhergehende, ungeheuerliche Provenienz Forschung seitens der involvierten Stellen, gibt es wohl kein besseres Kunstwerk um aktuell die Besucher und Besucherinnen am Pfauen zu empfangen!

Dafür, dass ich Euch eigentlich erklären wollte, warum ich diese Woche keine Kolumne auf die Reihe bekommen habe, ist gerade unglaublich viel entstanden. Ich denke, ich muss mir mal ernsthaft einige Gedanken über mich machen.

 

Last but not least: Das Höllentor und viele weitere Werke Rodins waren wegweisend für die Moderne und verkündeten ein neues Zeitalter dreidimensionalen künstlerischen Schaffens. Jean Baud wurde 1911 auch auf der schweizerischen 50 Frankennote abgebildet. Denn er ist auch unser berühmter Holzfäller. Hodlers Holzfäller. Vielleicht sollte einmal jemand Christoph Blocher darauf aufmerksam machen, dass er sich da eine lumpenreine Schwulenikone zugelegt hat.

 

Nächste Woche geht es dann weiter mit: «Mord und Totschlag in der Malerei.» Wir widmen uns dem Werk des Kunstmalers und Mörders Caravaggio.

 

Ganz liebe Grüsse

Euer Alon

 

 

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