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AT: EU-Wirtschaftspolitik: Digitalisierung, gemeinsame Industriestrategie, Klimaneutralität

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                  

 

Unter dem Motto "Chancenreich Österreich - digital, nachhaltig, wirtschaften" wird derzeit an einer Standortstrategie gearbeitet, die die zentralen Zukunftsthemen - für Österreich und Europa - in den Fokus stellt: Technologieführerschaft, nachhaltige Energie, effiziente und transparente Wertschöpfungsketten, globale Wettbewerbsfähigkeit und den Erhalt des innovativen Gesundheitssystems und des Wohlstands für die nächsten Generationen. Das hält Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck in der Einleitung zur EU-Jahresvorschau 2022 für ihr Ressort fest, die dem Nationalrat vorliegt (III-555 d.B.). Sie werde sich daher auf europäischer Ebene weiterhin besonders für eine Modernisierung des europäischen Wettbewerbsrechts, eine Anpassung des Beihilfenrahmens an globale Dynamiken, umfangreiche Investitionen in innovative Produktion sowie Digitalisierungs- und Technologieprogramme und für eine selbstbewusste, faire und regelbasierte Handelspolitik einsetzen, so die Wirtschaftsministerin im Bericht.

 

Update der gemeinsamen EU-Industriestrategie

Gemeinsam mit den 27 EU-Mitgliedstaaten 2022 wird die Europäische Kommission heuer intensiv an einer Überprüfung der Wettbewerbspolitik sowie der Umsetzung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt arbeiten, ist dem Bericht zu entnehmen. Durch eine gemeinsame, koordinierte EU-Industriestrategie seien weitere Effizienz- und Fortschrittsimpulse zu erwarten, die auch wesentlich zur Resilienz und Widerstandsfähigkeit der europäischen Industrie beitragen und den Übergang zu einer grünen und digitalen Wirtschaft erleichtern sollen. Im Fokus Österreichs stehen dabei dem Bericht zufolge unter anderem der Ausbau von strategischen Wertschöpfungsketten, insbesondere um bei Rohstoffen wie bei Halbleitern, Magnesium oder Lithium die Abhängigkeit von Drittstaaten zu reduzieren, oder auch eine Modernisierung des EU-Wettbewerbs- und des Beihilfenrechts sowie ein Ausbau der strategischen Kapazitäten in Bereichen wie Raumfahrt, Cybersicherheit und 5G zur Sicherung der Technologie-Souveränität Europas.

 

Ein wichtiger Innovationsmotor, um Produktionen in Europa aufzubauen, seien die IPCEIs – die "Important Projects of Common European Interest", hebt Schramböck im Bericht hervor. Für die Souveränität sei auch wichtig, sensible Wertschöpfungsketten wie die Entwicklung und Produktion von pharmazeutischen Produkten in die Europäische Union zurückzuholen.

 

3,5 Mrd. € für nationalen Aufbau- und Resilienzplan

Die Aufbau- und Resilienzfazilität sei das Kernelement des zeitlich befristeten Instruments "Next Generation EU" für die wirtschaftliche Erholung der Europäischen Union. Österreich kann dem Bericht zufolge daraus mit etwa 3,5 Mrd. € an Zuschüssen rechnen. Der nationale Aufbau- und Resilienzplan mit Investitions- und Reformvorhaben sei von der österreichischen Bundesregierung per 30. April 2021 bei der Europäischen Kommission eingereicht worden und enthalte Reform- und Investitionsmaßnahmen im Ausmaß von 4,5 Mrd. €. Die Investitions- und Reformvorhaben umfassen demnach unter anderem den Digitalisierungsfonds für die öffentliche Verwaltung, der für Bürger und Bürgerinnen, aber auch für Unternehmen wesentliche administrative Erleichterungen bringen soll.

 

Im Hinblick auf die Ankündigung einer Europäischen Normungsstrategie unterstütze Österreich alle Schritte in Richtung eines hocheffizienten und global wettbewerbsfähigen und offenen europäischen Normungssystems, das hochqualitative und evidenzbasierte Normen für ein nachhaltiges und digitales Wirtschaften rechtzeitig und insbesondere dort liefert, wo sie in für die EU strategisch wichtigen Sektoren schnell gebraucht werden.

 

Im Hinblick auf Binnenmarkt-Regeln, solange die Um- und Durchsetzung bestehender Regeln nicht ausreichend gewährleistet ist, sieht Österreich dem Bericht zufolge die Vorlage neuer Rechtstexte skeptisch. Österreich setze sich für eine einheitliche und effektive Durchsetzung bestehender Binnenmarkt-Regeln ein.

 

"Fit für 55-Paket" für Klimaneutralität

Mit einem "Fit-für-55 Paket" mit EU-Legislativvorschlägen zur Umsetzung des Green Deal sollen die Netto-Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um mindestens 55% (gegenüber 1990) gesenkt und der Weg in Richtung Klimaneutralität der EU bis 2050 geebnet werden. Aus Sicht von Österreich müsse im Rahmen der Transformation unter anderem ein besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse der energieintensiven Industrie gelegt werden, wobei hier vor allem die Forschung und Weiterentwicklung von grünem Wasserstoff prioritär sein werde. Dazu kommen wesentliche Anforderungen auf dem Weg in die Klimaneutralität wie etwa Versorgungssicherheit, soziale Gerechtigkeit und Vermeidung von Carbon Leakage. Die Energiequelle Erdgas sei als Brückentechnologie für die Transformation hin zur Klimaneutralität notwendig.

 

Weitere Punkte auf der Agenda der EU sind etwa die Förderung von Investitionen im EU-Binnenmarkt durch eine Verbesserung des rechtlichen Rahmens für Auslandsinvestitionen im Binnenmarkt, eine Reform des EU-Wettbewerbsrechts, eine Verhinderung binnenmarktverzerrender drittstaatlicher Subventionen, aber auch eine neue EU-KMU-Strategie sowie KMU- und Start-Up-Förderprogramme.

 

Für "Regulatory Sandboxes" als Entwicklungs- und Testräume, in denen Innovatorinnen und Innovatoren Geschäftsideen und -modelle gegebenenfalls unter behördlicher Aufsicht testen können, um Rechtssicherheit zu erlangen, soll 2022 ein Endbericht mit praktischen Empfehlungen über zukünftige Entwicklungen vorgelegt werden. Hinter dem Begriff "Regulatory Sandboxes" verbergen sich dem Bericht zufolge unterschiedliche Konzepte, daher werde die Entwicklung eines einheitlichen österreichweiten Verständnisses angestrebt. Im Rahmen des Projekts "Digitales Amt" soll in Österreich auch ein horizontaler Rechtsrahmen geschaffen werden, der als Basis für alle zukünftigen "Regulatory Sandboxes" dienen soll.

 

Gestaltung der digitalen Zukunft Europas

Die Europäische Digitalstrategie zur Gestaltung der digitalen Zukunft Europas bringe insgesamt den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich einen besseren Zugang zu digitalen Waren und Dienstleistungen in ganz Europa. Was den "Digitalen Kompass 2030" und den europäischen Weg in die digitale Dekade betrifft, wird im Bericht von österreichischer Seite angemerkt, dass es für Monitoring und Einbindung in den Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) ein gemeinsames Bild sowie einen gemeinsamen Konkretisierungsgrad bei den Zielen brauche.

 

Im Rahmen der Europäischen Datenstrategie werde die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Datenraums, der die grenzüberschreitende Verfügbarkeit und Wiederverwendung von Daten verbessern soll, von Österreich begrüßt. Wesentlich sei dabei, dass etwaige Vorschläge die Bedürfnisse von KMU in diesem Bereich besonders im Fokus haben, damit die Vorteile nicht von großen globalen Internetgiganten genutzt werden, so der Bericht. Darüber hinaus begrüße Österreich die im "Data Governance Act" adressierten Zielsetzungen sowie den "Data Act" zur Stärkung der Europäischen Datenwirtschaft und zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes für Daten.

 

Mit einigen Anmerkungen von österreichischer Seite werden zum "European Chips Act" grundsätzlich auch die Pläne der Europäischen Kommission begrüßt, im Bereich der Halbleiter die europäische Produktion anzukurbeln und die starken Abhängigkeiten von einigen wenigen Drittstaaten zu reduzieren. Zum "Digital Markets Act" und "Digital Services Act" wird von österreichischer Seite die Einführung von ex ante geltenden Verpflichtungen für große Gatekeeper-Plattformen positiv hervorgestrichen, ebenso wie die Schaffung eines europaweiten Rechtsrahmens für Künstliche-Intelligenz-Anwendungen. Zum von Österreich positiv betrachteten Projekt "European Digital Identity Wallet - eID Wallet", basierend auf dem nationalen digitalen Identifizierungssystem, sei die praktische Umsetzung einiger Elemente sowie das Zusammenspiel mit anderen EU-Rechtsinstrumenten und EU-Vorhaben aus österreichischer Sicht jedoch noch unklar.

 

Berufsbildung und Forschung – von EuroSkills bis Horizon Europe

Von österreichischer Seite begrüßt werden gegenwärtige Initiativen im Rahmen der Kompetenzagenda, etwa zur Förderung EU-weiter und damit auch internationaler Vergleichbarkeit beruflicher Bildungsabschlüsse. Erasmus+ und insbesondere der Bereich der Berufsbildung erhöhe aus österreichischer Sicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Der Berufswettbewerb EuroSkills trage zu einer Imageaufwertung der dualen Berufsausbildung bzw. der Lehre bei, indem er die Bildungschancen für angehende Fachkräfte sichtbarer mache und die Entwicklung neuer Berufsbilder und innovativer Berufsausbildung unterstütze.

 

Im Bereich der Forschung und Innovation stehe Österreich dem Programm "Horizon Europe" äußerst positiv gegenüber, da österreichische Unternehmen dem Bericht zufolge davon überdurchschnittlich profitieren.

 

Thema Nachhaltigkeit in Freihandelsabkommen

Was die EU-Handelsstrategie betrifft, finden sich dort dem Bericht zufolge viele der österreichischen Prioritäten wieder. Gefordert werde von österreichsicher Seite, dass das "Ambitionsniveau bei den Nachhaltigkeitskapiteln in Freihandelsabkommen" angehoben wird. Abgebildet werden im Bericht neben dem Berichtsteil zur Außenpolitik unter anderem auch der Stand der Verhandlungen zu EU-Freihandels- und Investitionsabkommen samt österreichischer Sicht sowie die Themen Multilaterale Handelspolitik und WTO. Gelungen sei im letzten Jahr, das Vertrauensverhältnis mit den USA wiederaufzubauen und damit zu beginnen, eine transatlantische Allianz zu schmieden, so die Wirtschaftsministerin im Bericht.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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