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CH: Explodierende Corona-Zahlen: Kantonen ist es egal

DMZ –  POLITIK ¦ Walter Fürst ¦                                               

KOMMENTAR                          

 

Die Fallzahlen nehmen extrem schnell wieder zu. Spitäler melden besorgniserregende Situation vor Ort. Die Dunkelziffer ist laut Experten sicher 10x höher als die angegebenen Zahlen. All das interessiert die Kantone nicht und verleitet sie gar zu Falschaussagen und anderen nicht nachvollziehbaren Stammtischweisheiten. Bereits der Bundesrat zeigt sich happy, die Pandemie endlich beendet zu haben und geniesst das „Loslassen“ und „lebt sein Leben“. Jetzt kommen auch noch die Kantone, die ebenfalls während der gesamten Pandemie kolossal versagt haben, indem sie IMMER wirtschaftliche Interessen vor die Gesundheit der Menschen setzte. Ein Boomerang wie sich erwartungsgemäss zeigte. Der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP) sagte kürzlich vor den Medien: „Ich freue mich, dass wir die Pandemie hinter uns lassen können“. Er führt das Feld an, die den „Trick“ ins Feld führte: 'Einfach nicht testen, dann gibt es auch keine Fälle.'

Eigentlich müssten die extrem steigenden Fallzahlen bedeuteten, dass sich die Kantone vorbereiten, bzw. aktiv werden müssten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Sie bauen ihr Angebot ab, statt es aufzustocken. Dies zeigen vor allem die Negativbeispiele Bern, Basel, Graubünden und Luzern.

 

Bern steht exemplarisch für die meisten Kantone: Die Corona-Massnahmen sind weitgehend aufgehoben. Der Kanton fährt verschiedene Strukturen zurück, die er wegen der Pandemie aufgebaut hat, entgegen aller Fakten. Auch alle kantonalen Impfzentren, mit einer Ausnahme, werden Ende Monat geschlossen. Die Testkapazitäten werden ebenfalls zurückgefahren und auch die Arbeit des Contact-Tracings wird reduziert.

 

Skiferien kommen vor sozialen Gedanken

Auch der Leiter des Bündner Gesundheitsamts, Rudolf Leuthold, berichtet fern ab jeder Realität und jedes Bewusstseins, aber im Wissen, dass Skiferien ein Grund für steigende Zahlen im Kanton sind, dass mit dem Ende der Sportferien – und dann auch der Wintersaison – die Zahl der Ansteckungen wieder zurückgehe. „Ich bin zuversichtlich für die nächsten Wochen.“

 

Basel-Stadt erlaubt Fasnacht für die Psyche – Psyche von wem?

Anne Tschudin, Sprecherin des Basler Gesundheitsdepartements, sagt auf Anfrage von SRF, ob die Fasnacht in den nächsten Tagen zu steigenden Zahlen führe, sei unklar. Man müsse aber damit rechnen, so Tschudin. „Wenn viele Menschen zusammenkommen, insbesondere auch in geschlossenen Räumen, ist das Ansteckungsrisiko gross.“ Dass man deshalb eine Fastnacht erlaubt, ist schnell gesagt. Für die Basler Behörden sei es wichtig gewesen, dass die Fasnacht wieder stattfinden könne. „Das tut der Psyche und der Seele der Baslerinnen und Basler gut.“ Die Infizierten Menschen wird es freuen, dass es vor allem der Psyche gut tut. Spott, Hohn, Empathielosigkeit, Überforderung, Narrenfreiheit?

 

Auch in Luzern tummelten sich während der Fasnacht an manchen Tagen Zehntausende in den Gassen der Altstadt und zogen durch Beizen, Bars und Restaurants; Hygienemasken trugen die wenigsten. Was läuft da gerade ab in der Schweiz? Die Fallzahlen stiegen in Luzern zwar erwartungsgemäss an, doch sei der Anstieg der Ansteckungen nicht direkt auf die Fasnacht zurückzuführen, sagt David Dürr, Leiter der Dienststelle Gesundheit und Sport des Kantons Luzern, entgegen der aktuellen Faktenlage.

 

Verantwortungslos, Menschen, die sich nicht impfen lassen können, ihrem Schicksal zu überlassen

Peter Metzinger und das Team rund um die Zivilgesellschaft für das Covid-Gesetz sagen dazu: "Es ist nachvollziehbar, dass die Kantone sich angesichts der sinkenden Spitaleinweisungen Lockerungen überlegen, aber es ist verantwortungslos, Menschen, die sich nicht impfen lassen können, ihrem Schicksal zu überlassen. Hier fehlt uns ein Dispositiv, wie man diese Menschen genauso gut schützen kann, wie die Geimpften sich schützen können. Zudem erwarten wir, dass die Wissenschaft in allen Belangen, die das Virus betreffen, angehört wird. Entscheiden muss die Politik, aber sie sollte dies nach bestem Wissen – aufgrund der Empfehlungen der Wissenschaft – und Gewissen tun." 

 

Die Zivilgesellschaft #ProtectTheKids weiss, dass neben dem Kampf gegen das Virus die soziale Ausgrenzung immer drückender wird

"Wir sehen momentan, was passiert, wenn jegliche Massnahmen gegen Covid aufgehoben werden: Reinfektionen sind die Regel und nicht die Ausnahme, egal wie häufig wir unsere Kinder und daher auch uns selber anstecken lassen, weder die momentan erhältliche Impfung noch die Krankheit generieren eine langanhaltende Immunität gegen symptomatische Erkrankung. “Mit dem Virus leben lernen” bedeutet, dass wir uns mehrmals jährlich mit einer neurotropen Krankheit anstecken, die das Gehirn schrumpfen lässt - innerhalb eines Jahres nach durchgemachter (milder) Infektion so viel, wie normalerweise in ca. zehn Jahren. Wie lange das Schrumpfen anhält, ob mehrmalige Infektionen diesen Prozess beschleunigen, darüber wissen wir noch nichts. Welche Folgen geschrumpfte Gehirne, angegriffene Gefässe, geschädigte Organe haben: wir können es erst grob abschätzen.

 

Wir haben in den letzten Monaten gesehen, dass Masken - insbesondere FFP2 - gut vor Übertragung schützen - Ausbrüche in Schulklassen konnten sogar bei Omikron eingegrenzt werden. Covid ist gefährlich, Covid ist vermeidbar - eine klare Sache dachten wir uns.

 

Doch dem ist nicht so - anstatt diesen Feind zu bekämpfen, reden ihn uns die meisten Medien und Politiker*innen schön: Es ist “mild”, die Herdenimmunität wird die Pandemie beenden etc. Nichts von dem trifft ein und wird eintreffen - und doch können wir nicht darauf hoffen, dass diese Einsicht zu irgendeiner Änderung der politischen Marschrichtung führen wird. Das Narrativ wird wohl einfach verschoben werden: Dann müssen wir halt künftig damit leben, dass ein gewisser Prozentsatz der Menschen durch diese Krankheit beeinträchtigt ist - etwas später wird das Narrativ sein, dass wir halt damit leben müssen, dass ein grosser Prozentsatz beeinträchtigt ist u.s.w.

 

Das zu realisieren macht müde und zermürbt. Viele von uns kämpfen den Kampf für Gesundheit und Unversehrtheit weiterhin, versuchen auf eigene Faust, die Familie von dieser zerstörerischen Krankheit zu schützen. Gleichzeitig wird das aber von Woche zu Woche schwieriger - neben dem Kampf gegen das Virus wird die soziale Ausgrenzung immer drückender. Es ist verständlich, dass man unsere Position nicht gerne hört, nicht gerne sieht, dass es da anscheinend ein Problem gibt. Weite Kreise der Schweizer Bevölkerung sind nicht bereit, irgendetwas zu lösen - wir scheinen Meister darin zu sein, Probleme zu psychologisieren anstatt eine Lösung zu suchen. “Man muss loslassen können” ist der momentane Höhepunkt der orwellschen Realitätsverdrehung.

 

Zuletzt noch ein Ausblick auf eine gute Zukunft:

Wir müssen uns vorerst mit FFP2-Masken schützen, warten, bis bessere Impfstoffe vorhanden sind und hochwirksame Medikamente wie Paxlovid der breiten Bevölkerung zugänglich sind. Ein funktionierendes TTIQ, kontrolliertes Lüften mithilfe von gut sichtbaren CO2 Anzeigen, gute Lüftungen sowie Luftfilter in öffentlichen Gebäuden würden das Virus innert kurzer Zeit effektiv reduzieren können, soweit, dass irgendwann sogar relativ gefahrlos auf die Maske verzichtet werden kann. Das wäre aus unserer Sicht eine attraktive Zukunft. Ja, wir wollen nicht für den Rest des Lebens mit FFP2-Masken durch die Welt gehen - aber noch weniger wollen wir uns alle paar Monate mit einer neurotropen Krankheit anstecken. Momentan gibt es nur diese beiden Optionen."

 

Wichtig sind Information, Transparenz und Aufklärung

Die Fallzahlen aufgrund der Tests sind mit mehr Unsicherheit denn je behaftet; denn es lassen sich offensichtlich viele Menschen nicht mehr testen, auch wenn sie krank sind. Das zeigt die rekordhohe Positivitätsrate von über 50 Prozent. Das deutet auf eine hohe Dunkelziffer hin, auf viele Infektionen, die nicht in der Statistik erscheinen. Der Anstieg könnte also unbemerkt auch bereits seit mehreren Tagen stattfinden. Darauf deuten auch die Corona-Daten aus dem Abwasser hin. Die Zahl der infizierten Menschen steigt seit den Lockerungen massiv und schnell an. Es ist aktuell wichtiger denn je, dass Medien wieder berichten, Fakten veröffentlichen und nicht weiter Sand in die Augen der Menschen streuen, die blind zu glauben scheinen, dass nun alles in Ordnung ist, wenn man andere und sich nicht mehr schützt.

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