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Die misslungene Energiewende rächt sich nun besonders schnell

DMZ – WIRTSCHAFT ¦ Dirk Specht ¦                           

KOMMENTAR

 

Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnt: „Die Folgen eines Energieembargos auf die industrielle Wertschöpfung, Lieferketten und die Versorgungssicherheit könnten dramatisch sein“.

Ein typisches Totschlagargument von Wirtschaftsverbänden, das selten im Detail stimmt. Die traurige Wahrheit ist, dass alles am Gas hängt und dass Gas nicht mal das ganz große Geld ausmacht. Die Sache hakt rein operativ an unserer auf russische Lieferungen von derzeit mehr als 50% abhängigen Gasinfrastruktur.

 

Daran hängen Kraftwerke, Industrieanlagen und Heizungen. Sehr wenig kann kurzfristig ersetzt werden. Wegen der Kraftwerke sind Verlängerungen von Kohle- und sogar Atomkraftwerken bereits im Gespräch. Der Rest muss versorgt oder schlimmstenfalls rationiert werden. Die Energieversorgung sicherzustellen, ist eine primäre Aufgabe einer Regierung. Ob und bis wann die Zufuhr aus anderen Quellen, insbesondere Flüssiggas, die russischen Lieferungen komplett ersetzen kann, sollte niemand garantieren wollen. Dafür ist die Infrastruktur zu komplex und ein Ersatz zwar gerne „auf Kante“ planbar, aber das muss dann auch alles erst mal gelingen. In Italien ist die Situation übrigens sehr ähnlich, deren Anteil an russischen Lieferungen ist etwas kleiner, dafür ist der Gas-Anteil am Energiemix viel größer.

 

Das ist deshalb so bedauerlich, weil es gar nicht ums Geld geht. Der Gasmarkt ist gegenüber dem Ölmarkt verschwindend klein und letzterer ist logistisch sehr flexibel. Hier können Lieferketten tatsächlich umgehend geändert werden. Der Anteil der russischen Produktion am Weltmarkt liegt bei ca. 4%. Ein Embargo würde der Markt also hergeben und das muss sich auch nicht mehr zwingend auf den Preis auswirken. Natürlich würde man Russland damit nicht vollständig um die entsprechenden Einnahmen bringen. Auch hier gilt, dass der Gasmarkt unflexibel ist. Bis das nach Asien fließen kann, vergehen Jahre. Aber es ist nicht das große Geld. Die Öl-Lieferungen könnten und würden kurzfristig andere Abnehmer finden. Die Frage ist aber, welche Preise Russland dabei durchsetzen könnte und welche strategischen Abhängigkeit es eingehen muss.

 

In dieser Gemengelage ist die EU bisher nicht für ein Energieembargo. Die Frage ist aber, ob die Sache nicht bald weiter eskaliert, sei es durch russische Lieferkürzungen oder durch die Notwendigkeit, den Druck zu erhöhen. Es ist gewiss nicht einfach, hier zu einer Entscheidung zu kommen und sie liegt auch nicht in der Hand der EU alleine.

 

So oder so müssen wir konsterniert feststellen, wohin die aus meiner Sicht weitgehend misslungene Energiewende geführt hat. Ich finde es unverändert richtig, durch Handelsbeziehungen eine friedliche Kooperation zwischen Nationen zu untermauern. Wir sollten auch stets Russland gegenüber deutlich machen, dass wir nicht Russland meinen, sondern die derzeitige russische Politik. Es muss aber möglich sein, Handelsbeziehungen auch einzustellen, wenn sie schlicht und ergreifend unerträglich geworden sind.

Da sind wir nicht und es ist nicht Mal eine Frage des Geldes! Aber wir werden nun durch die Ereignisse mit Hochdruck dahin getrieben. Wenigstens das ist gut so.

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