· 

AT: Nationalrat stellt Medienförderung auf neue Basis

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                  

 

Der Nationalrat stellte heute mit breiter Mehrheit von ÖVP, SPÖ und Grünen die Medienförderung auf eine neue Grundlage. Die entsprechende Novellierung des KommAustria-Gesetzes zielt darauf ab, den digitalen Transformationsprozess heimischer Medienunternehmen zu unterstützen und die Barrierefreiheit digitaler Angebote zu forcieren. Dafür stehen diesen 20 Mio. € pro Jahr zur Verfügung. Man wolle damit die Qualität, die Medienvielfalt und den Medienstandort Österreich stärken, so der positive Tenor zum Gesetzesvorschlag.

 

Ein Großteil der Rednerinnen und Redner ging auf die Herausforderungen für die innerstaatliche Medienlandschaft durch die internationale Konkurrenz ein. Man müsse auch auf das geänderte Medienverhalten Jugendlicher Bedacht nehmen und daher den digitalen Transformationsprozess unterstützen, um den Qualitätsjournalismus zu stärken sowie die Medienvielfalt und eine eigenständige Medienlandschaft sicherzustellen. Viele zeigten sich auch zufrieden, dass Medien der Volksgruppen ebenfalls gefördert werden. Als ein Wermutstropfen wird die Tatsache empfunden, dass reine Online-Medien die Förderungen nicht in Anspruch nehmen können. Ein Antrag der SPÖ, dafür Sorge zu tragen, dass nicht kommerzielle Medien die Förderkriterien auch erfüllen können, erhielt keine Mehrheit. Die FPÖ, die im Ausschuss noch für das Gesetz war, lehnte es im Plenum ab, weil sie gegen die geplanten finanziellen Förderungen ist und diese für den Teuerungsausgleich verwendet sehen will. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

 

Die Ausstrahlung von Russia Today wird als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von bis zu 50.000 € definiert. Dafür sprachen sich neben den beiden Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne auch SPÖ und die NEOS aus. Damit soll die Verbreitung von Fake News über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine unterbunden werden. Man verhindere damit Kriegspropaganda, verteidigten die Befürworter den Schritt zu dieser Maßnahme gegenüber den Freiheitlichen, die darin eine Beschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit sehen.

 

Die Vorsitz führende Nationalratspräsidentin Doris Bures begrüßte drei aus der Ukraine geflüchtete Frauen, die die Plenarsitzung von der Galerie aus verfolgten.

 

Neue Medienförderung soll unabhängige und pluralistische Medienlandschaft in Österreich sicherstellen

Die neue Medienförderung hat vor allem auch den digitalen Transformationsprozess heimischer Medien im Blick. Für die Inanspruchnahme der finanziellen Unterstützung im Gesamtausmaß von 20 Mio. € pro Jahr ab 2022 sieht die Novellierung des KommAustria-Gesetzes daher abseits der Auflagenstärke weitere Voraussetzungen vor. Dazu kommt für 2021 eine nachträgliche Unterstützung von 54 Mio. €.

 

So müssen Tageszeitungen zumindest sechs und Wochenzeitungen zumindest zwei hauptberuflich tätige JournalistInnen beschäftigen und regelmäßig erscheinen. Zudem ist die Förderung von Wochen- und Monatstiteln auf Zeitungen beschränkt, die der allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Information und Meinungsbildung dienen. Damit sind Zeitungen mit spezifischen Zielgruppen oder Inhalten ausgenommen, wobei dezidiert etwa Kundenzeitschriften, Vereinszeitungen, Cartoon-Zeitschriften und Publikationen von Interessenvertretungen und Parteien genannt werden.

 

Volksgruppenmedien in Minderheitensprachen sind jedoch von den Förderungen umfasst. Von Förderungen ausgeschlossen sind ferner Medien, deren demokratische Gesinnung – etwa durch wiederholte Aufrufe zur Missachtung der Rechtsordnung oder durch Befürwortung von Gewalt gegen Menschen als Mittel der Politik – in Frage steht. Auch Verurteilungen wegen Verhetzung oder nach dem Verbotsgesetz sind Ausschließungsgründe.

 

Gefördert werden können neben Maßnahmen zur digitalen Transformation auch Digital-Journalismus sowie Maßnahmen zur Verbesserung des Jugendschutzes und der Barrierefreiheit.

Die Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde RTR, die laut Novellenvorschlag mit der Abwicklung der Digitalförderung betraut ist, erarbeitet die Richtlinien zur Projektförderung. Diese sollen bis Oktober vorliegen. Bei der Fördervergabe soll die RTR durch einen Fachbeirat mit beratender Funktion unterstützt werden, deren fünf Mitglieder von der Regierung für jeweils drei Jahre ernannt werden.

Allerdings bedarf es, was einzelne Förderbestimmungen betrifft, vorab noch der beihilfenrechtlichen Genehmigung der EU-Kommission, wie in den Erläuterungen angemerkt wird.

 

Begründet wird die neue Förderschiene für Medien damit, dass es vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung und Globalisierung notwendig sei, eine unabhängige und pluralistische Medienlandschaft in Österreich sicherzustellen. Die heimische Medienbranche sei infolge von Erlöseinbrüchen bei Werbeinnahmen und sinkenden Auflagen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, was Investitionen in Produktinnovationen und in den Einsatz neuer Technologie erschwere. Zudem verweist sie auf die Konkurrenz durch globale Plattformen.

 

ÖVP: Es geht darum, Qualität und Vielfalt zu sichern

Für Gabriela Schwarz (ÖVP) steht die Qualität und Vielfalt der Medien im Vordergrund. Sie unterstrich dabei auch die Notwendigkeit einer guten journalistischen Ausbildung und die Stärkung des Medienstandorts Österreich. Deshalb sei die digitale Transformation ein wichtiges Unterfangen, das aber auch eine umfassende Aufgabe darstelle.

 

Schwarz wies auch auf die Förderung der Barrierefreiheit und der Volksgruppenmedien hin. Auf letztere konzentrierte sich Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Die Weitergabe der Sprache sei für die Volksgruppen von zentraler Bedeutung, sagte er, der mediale Bereich habe dabei einen zentralen Stellenwert. Sie müssten auch junge Menschen ansprechen, und deshalb sei die Digitalisierung auch bei den Volksgruppenmedien von enormer Wichtigkeit. Berlakovich zeigte sich insbesondere über ein neues Magazin erfreut, das im ORF ab September ausgestrahlt wird und in dem alle anerkannten Volksgruppen vorkommen sollen.

SPÖ: Nicht kommerzielle Medien dürfen von den Förderungen nicht ausgeschlossen werden

Die SPÖ begrüßte das Gesetz ebenfalls. Es sei ein erster Ansatz, Medienunternehmen nachhaltig zu unterstützen, hielt Jörg Leichtfried (SPÖ) fest. Die Förderung sei auch zur Existenzsicherung wichtig, bekräftigte Selma Yildirim (SPÖ) mit Kritik an den, wie sie sagte, exzessiven Regierungsinseraten. Beide betonten die Notwendigkeit der digitalen Transformation, um die Medienvielfalt und eine eigenständige österreichische Medienlandschaft abzusichern. Medienfreiheit und Medienpluralismus seien unabdingbar für die Demokratie, unterstrich Yildirim.

 

Dennoch orten die SozialdemokratInnen noch einige Mängel im Gesetz, wie dies Sabine Schatz und Jörg Leichtfried auflisteten. So sei es unverständlich, warum der Fonds mit nur 20 Mio. € jährlich dotiert ist, obwohl die Digitalsteuer rund 80 Mio. € abwerfe. Kritik übten sie auch daran, dass reine Online-Medien nicht erfasst sind. Schatz äußerte zudem ihre Sorge, dass nicht kommerzielle Anbieter die Kriterien zur Förderung nicht erfüllen könnten. Sie seien aber für eine breite Berichterstattung in den Regionen wichtig. Die SPÖ regte daher in einem Entschließungsantrag an, aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen von kommerziellen und nicht kommerziellen Rundfunkanbietern eine sachlich begründete Differenzierung der Förderbedingungen vorzusehen. Dieser Vorstoß erhielt aber nicht die erforderliche Mehrheit.

 

Ebenso wenig durchsetzen konnte sich die SPÖ mit ihrem ursprünglichen Antrag betreffend Förderung der digitalen Medientransformation. Darin legen sie besonderes Augenmerk auf die Förderung von Innovation, auf Online-Medien und nicht kommerzielle Medien sowie auf Qualitätsjournalismus.

Jörg Leichtfried drängte in seiner Rede zudem darauf, den ORF auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen, vor allem auch im Hinblick auf die Digitalisierung. Er hinterfragte auch, ob die ÖVP, die nicht mehr bei einer Zustimmungsrate von über 30%, sondern bei rund 23% liegt, noch immer die Mehrheit im Kuratorium des ORF haben soll.

 

FPÖ gegen zusätzliche Medienförderung

Die Freiheitlichen sprachen sich im Plenum gegen die zusätzliche Dotierung eines Fonds aus und legten einen Entschließungsantrag vor, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die für 2021 budgetierten 54 Mio. € sowie die ab 2022 jährlich fortlaufenden 20 Mio. € an zusätzlicher Medienförderung nicht auszuschütten und stattdessen zur Bekämpfung der Teuerung in Österreich einzusetzen. Dieser Vorstoß wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt.

 

Grüne: Erhalt und Ausbau journalistischer Arbeitsplätze ist wahre Medienförderung

Eva Blimlinger von den Grünen warf den Freiheitlichen in diesem Zusammenhang Unkenntnis vor. Mit dem Fonds werde ein innovatives Projekt gestartet, das den Medienstandort stärke, stellte sie fest. Der Fonds verfolge das Ziel, die Digitalisierung der Medien voranzutreiben. Ihr sind besonders die Aspekte der Ausbildung von JournalistInnen, des Jugendschutzes, der Barrierefreiheit und der Unterstützung der Volkgruppenmedien ein Anliegen.

 

Erstmals seien Kriterien definiert worden, die sich nicht an der Auflagenstärke orientieren. Das Gesetz ziele auf Qualität und den Erhalt und Ausbau journalistischer Arbeitsplätze ab, und das sei die wahre Medienförderung. Als einen Wermutstropfen empfindet auch sie, dass reine Online-Medien nicht erfasst sind. Es gebe nur fünf reine Online-Medien in Österreich, aber "vielleicht schaffen wir es, sie auch noch hineinzukriegen", regte sie eine Erweiterung an.

 

Verbot von Russia Today löst Debatte über Presse- und Meinungsfreiheit aus

Das Verbot von Russia Today löste eine heftige Debatte über das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit aus, nachdem sich die Freiheitlichen vehement gegen die Bestimmungen im Audiovisuellen Mediendienste-Gesetz ausgesprochen hatten. 

 

Die Maßnahme ist ein Teil des EU-Sanktionsregimes gegenüber Russland als Reaktion auf die russische Aggression gegenüber der Ukraine. In diesem Sinn droht jedem der österreichischen Rechtshoheit unterliegenden Betreiber eines Kommunikationsdienstes oder eines Kabelnetzes, jedem IPTV-Anbieter und jedem Multiplex-Betreiber, der die Programme von Russia Today weiterverbreitet oder zugänglich macht, eine Verwaltungsstrafe von bis zu 50.000 €. Gleiches gilt für Video-Sharing-Plattformen. Schließlich ist es auch allen der österreichischen Rechtshoheit unterliegenden Fernseh- und Radioveranstaltern untersagt, Sendungen dieser Programme zu übernehmen. Begründet wird dies damit, dass die Programme des genannten Senders ein Instrument der Kriegsführung seien.

 

Susanne Fürst und Harald Stefan (beide FPÖ) brandmarkten das Verbot als eine massive Beschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit, als einen massiven Eingriff in die Grundrechte und verglichen den Schritt mit den Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Man habe vorgegeben, die Menschen vor COVID-19 zu schützen, aber es sei nicht das Virus gewesen, das Menschen und Wirtschaft geschädigt habe, sondern die Politik, sagte etwa Fürst. Nun beginne man die BürgerInnen vor falschen Informationen schützen zu wollen. In die gleiche Kerbe schlug Stefan, der im Hinblick auf die behauptete Vollimmunisierung durch die Impfung ebenfalls von "Fake News" sprach. Er sieht im Verbot von Russia Today eine Fortsetzung der sogenannten Cancel Culture und warnte vor einem "betreuten Medienkonsum" als eine gefährliche Gratwanderung. Damit befördere man Mythen, Verschwörungstheorien und Misstrauen, gab er zu bedenken. Die beiden FPÖ-MandatarInnen warfen den anderen Parteien vor, die Meinungsvielfalt einzuschränken. BürgerInnen müssten sich aber eine eigene Meinung bilden können. Sie kritisierten aber auch die Beschränkung der Medien in Russland und meinten, Österreich stelle sich nun auf das gleiche Niveau. Stefan zeigte auch kein Verständnis für das Vorhaben der EU-Kommission, die Verschlüsselung von Chats aufzuheben.

 

Dem widersprachen VertreterInnen der anderen Parteien heftig. Selbstverständlich verteidige man die Medien- und Meinungsfreiheit, so Gabriela Schwarz (ÖVP), aber bei Russia Today gehe es um eine Kriegspropaganda, die man unterbinden müsse. Man dürfe die Kraft der Worte nicht vergessen, wenn es um Hetze, Kriegspropaganda und Falschinformationen geht, stellte auch Selma Yildirim (SPÖ) fest. Es gibt keine Zensur, vielmehr geht es um die Verhinderung von Fake News, konterte Eva Blimlinger (Grüne) den Freiheitlichen.

 

Ihre Klubkollegin Agnes Sirkka Prammer (Grüne) sprach von einer Notwehrmaßnahme und gab zu bedenken, dass hier die Prävention versagt habe. Russia Today liefere tatsächlich falsche Fakten. Fakten seien aber keine Meinungen, sondern Unwahrheiten, erklärte sie. Es gebe nur Meinungen zu Fakten. Bei diesem Sender werde aber die Meinungsfreiheit als Schutzschild für Kriegspropaganda missbraucht. Man habe viel zu spät darauf reagiert, bedauerte sie und forderte Aufklärung und wieder Aufklärung.

In gleicher Weise verteidigte Nikolaus Scherak (NEOS) das Verbot. Der Sender stelle ein gefährliches Kriegsinstrument dar und sei Sprachrohr Putins. Er werde eingesetzt, um dem Bruch des Völkerrechts den Boden zu bereiten. Man könne aber nur auf der Seite des Friedens und der Rechtsstaatlichkeit stehen, bekräftigte Scherak und bedauerte in Richtung FPÖ, dass es in Österreich noch immer eine politische Kraft mit einem falsch verstandenen Neutralitätsbegriff gibt. Er sprach damit das Nein der Freiheitlichen zur Einladung an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an, im österreichischen Parlament zu sprechen.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

Ausflugstipps

In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps. 

Unterstützung

Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie.

Rezepte

Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren.

Persönlich - Interviews

"Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

Inhalte von Powr.io werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell und Marketing), um den Cookie-Richtlinien von Powr.io zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Powr.io-Datenschutzerklärung.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0