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AT: Novelle soll Beantragung von Familienbeihilfe vereinfachen

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Die Abgeordneten stimmten im Nationalrat einstimmig für die automatisierte Übermittlung von SchülerInnen- und Lehrlingsdaten in Zusammenhang mit der Familienbeihilfe. Durch die Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes soll die Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug vereinfacht und beschleunigt werden.

 

Zur Gewährleistung von echter Wahlfreiheit bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie forderte die FPÖ die Schaffung eines Kinderbetreuungs-Zweckzuschussgesetzes und mehrere kostenlose Angebote. Der Antrag fand keine Mehrheit.

 

Abgeordnete schaffen Rechtsgrundlage für die Vereinfachung von Familienbeihilfe-Anträgen

Mit der digitalen Weiterentwicklung des neuen Familienbeihilfeverfahrens FABIAN wird eine dem Parlament zugeleitete Regierungsvorlage begründet. Im Konkreten geht es bei der Novellierung des Familienlastenausgleichsgesetzes um die automatisierte Übermittlung von SchülerInnen- und Lehrlingsdaten an das Finanzamt, wodurch die Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen vereinfacht und beschleunigt werden könne. Dafür soll nun eine Rechtsgrundlage geschaffen werden. Die Vorlage von entsprechenden Unterlagen in Papierform oder das Hochladen von Dateien via FinanzOnline im Rahmen des Verfahrens zur Weitergewährung der Familienbeihilfe werden damit in Hinkunft nicht mehr notwendig sein, heißt es in den Erläuterungen.

 

Im Plenum rekurrierte Carina Reiter (ÖVP) auf die Geschichte des Familienlastenausgleichsgesetzes, das auf das Jahr 1955 zurückgehe und intendierte, finanzielle Mehrbelastungen für Familien im Sinne einer gesellschaftlichen Existenznotwendigkeit abzufedern. Seit dieser Zeit hätten sich nicht nur auf technischem Gebiet Weiterentwicklungen vollzogen, denen mit der vorliegenden Novelle Rechnung getragen werde. Es gehe darum, die Abwicklung des Familienbeihilfeverfahrens rascher und effizienter zu gestalten und damit die Familien von unnötigem Bürokratieaufwand zu entlasten. Dieser Aufwand habe ohnehin einen Anachronismus dargestellt, ergänzte Barbara Neßler von den Grünen und betonte, dass das Familienbeihilfeverfahren FABIAN die Abwicklung endlich ins 21. Jahrhundert bringe. Auch das Risiko von Verzögerungen bei der Auszahlung könne durch die Neuerungen minimiert werden.

 

Die Beschleunigung und Entbürokratisierung des Verfahren sei auch im Sinne der Sozialdemokratie, versicherte Petra Wimmer (SPÖ) und sprach die Zustimmung ihrer Fraktion zur Regierungsvorlage aus. In der Vergangenheit sei es immer wieder zu wochen- bis monatelangen Verzögerungen bei der Auszahlung der Familienbeihilfe gekommen. Sie hoffe, dass Verzögerungen durch die Novelle künftig verhindert werden. Wimmer brachte im Zuge der Debatte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Ausweitung der Sonderbetreuungszeiten für (Hoch-)Risikokinder – etwa Kinder mit Immun- oder Krebserkrankungen - gefordert wird. Dieser blieb in der Minderheit. Melanie Erasim (SPÖ) forderte die Familien- und Jugendministerin auf, Druck auf die Bundesländer auszuüben, was den Ausbau des elementarpädagogischen Angebots betrifft.

 

Die freiheitliche Mandatarin Edith Mühlberghuber ging ebenfalls auf die aus ihrer Sicht beschämenden Verzögerungen bei der Auszahlung der Familienbeihilfe ein und wartete mit Beispielen von betroffenen Familien auf. Derartige Fälle müssten angesichts der gegenwärtigen Teuerungswellen künftig ausgeschlossen werden. Mühlberghuber und ihre Fraktionskollegin Rosa Ecker befürworteten die Novelle grundsätzlich, sprachen aber auch die Frage der Finanzierung an. FABIAN habe bisher 13,5 Mio. € an Kosten verursacht, wovon lediglich 1 Mio. € aus dem Finanzministerium komme. Der überwiegende Teil werde laut Ecker von dem ohnehin "chronisch unterfinanzierten" Familienausgleichsfonds (FLAF) gestemmt, was die weitere Gewährleistung der Familienförderungen gefährden könnte.

 

Michael Bernhard (NEOS) drückte die generelle Unterstützung seiner Partei für alle Maßnahmen aus, die auf die Vereinfachung bürokratischer Strukturen abzielen. Kritik übte er an der Verwendung der Sozialversicherungsnummer zur Kennzeichnung von Anträgen, was aus datenschutzrechtlichen Gründen auch vom Sozial- und Gesundheitsministerium, vom Rechnungshof und von Datenschutzbehörden bemängelt worden sei. Dementsprechend brachte Bernhard einen Abänderungsantrag ein, in dem als Alternative die Kennzeichnung anhand von bereichsspezifischen Personenkennzeichen vorgeschlagen wird. Norbert Sieber (ÖVP) sah die Kritik Bernhards als berechtigt an, verwies aber darauf, dass im Antrag bereits festgehalten ist, dass es sich bei der Verwendung der Sozialversicherungsnummer nur um eine Übergangslösung bis zum Herbst handle. Der Antrag Bernhards wurde abgelehnt.

 

FPÖ für echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung durch kostenlose Angebote und ein eigenes Zweckzuschussgesetz

Für die Freiheitlichen steht das Prinzip der Wahlfreiheit im Zentrum der Debatte um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Darunter verstehen sie, dass Eltern die Möglichkeit haben sollen, in den ersten Lebensjahren selbst bei ihren Kindern bleiben zu können. Für all jene, die ihre Kinder in Betreuungseinrichtungen geben möchten oder müssen, soll es aber ein ausreichendes Angebot an Plätzen geben, wie aus einem Entschließungsantrag hervorgeht. Der weitere Ausbau von Betriebskindergärten, die beitragsfreie Inanspruchnahme von Tageseltern sowie die Schaffung von flexiblen Betreuungsplätzen für Kinder, die kurzfristig während des Jahres untergebracht werden müssen, seien daher notwendig. Diese differenzierte Angebotspalette müsste von Bundesseite finanziert und in Form eines kostenlosen "Kinderbetreuungs-Schecks" abgewickelt werden. Da sich nach dem baldigen Auslaufen der Corona-Einschränkungen ein finanzieller Spielraum ergeben werde, sollte nach Auffassung der FPÖ das COVID-19-Zweckzuschussgesetz durch ein sogenanntes Kinderbetreuungs-Zweckzuschussgesetz ersetzt werden.

Im Plenum zeigte Erwin Angerer (FPÖ) Unverständnis für die breite Ablehnung seines Antrags. Er könne sich diese nur dadurch erklären, dass die geforderten Angebote für Eltern, die bei ihren Kindern bleiben wollen, von den anderen Fraktionen abschätzig als "Herdprämien" betrachtet würden. Ihm gehe es vornehmlich um die Wahlfreiheit der Eltern, weshalb auch diese Entscheidung gesellschaftlich zu unterstützen sei. Das würde auch eine soziale Entlastung für Kinder und Familien bedeuten. Angerer äußerte jedoch seine Bereitschaft, die "Herdprämie" aus dem Entschließungsantrag herauszunehmen, um in einem gemeinsamen Antrag zumindest die Kinderbetreuung kostenfrei zu stellen. In diesem Bereich gebe es vor allem für die ÖVP einiges gut zu machen, so Angerer.

 

ÖVP-Mandatar Joachim Schnabel nahm diese Anspielung auf die veröffentlichten Chats des ehemaligen Bundeskanzlers auf und entgegnete, dass seit 2009 massiv in die Elementarpädagogik investiert worden sei. Österreich befinde sich bei den finanziellen Familienleistungen unter den Top Drei der EU, wozu auch die ökosoziale Steuerreform beigetragen habe. Zudem gebe es ein gerne in Anspruch genommenes Karenzmodell, das Eltern eine weitgehende Wahlfreiheit bereits ermögliche. Ein flächendeckender Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsplätze sei "kein Allheilmittel", da es in diesem Bereich einen personellen Engpass gebe, gegen den bereits einiges unternommen werde. So befinde sich die Familienministerin gegenwärtig in Verhandlungen mit den Ländern und Gemeinden über die 15a-Vereinbarungen bezüglich dem Ausbau elementarpädagogischer Einrichtungen.

 

Eva Maria Holzleitner (SPÖ) zeigte sich von den Bemühungen der Koalition nicht überzeugt und forderte 1 Mrd. € fortgeschrieben für den Ausbau der Elementarpädagogik in den Gemeinden. Auch die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer würden sich dafür aussprechen und alles darunter entspreche einer "Bankrotterklärung", so Holzleitner. Dass dieser Forderung nicht nachgekommen werde, zeige das "konservative Weltbild" der ÖVP, was Kinderbetreuung und die Selbstbestimmung der Frauen angehe.

 

Grünen-Mandatarin Barbara Neßler erklärte, dass der FPÖ-Antrag sie ratlos zurücklasse, da ihr nicht klar sei, worin die Verbesserungen bestehen würden. Für die von den Freiheitlichen hervorgehobene Wahlfreiheit müssten erst entsprechende Wahlmöglichkeiten geschaffen werden. Neßler äußerte ihre Vermutung, dass hinter dem "Schlagwort Wahlfreiheit" eine Politik stecke, die Frauen zuhause halten will. Dieses Modell musste jedoch glücklicherweise einer Gleichstellungspolitik weichen und die FPÖ werde das "Rad hier nicht mehr zurückdrehen können", so Neßler.

 

Auch Fiona Fiedler (NEOS) sah keine Verbesserung in der Initiative der Freiheitlichen und merkte an, der darin vorgesehene Kinderbetreuungs-Zweckzuschuss sei genauso sinnlos wie die vorangegangenen Zweckzuschüsse der Koalition. Auch diese würden nur einem "Pflaster" auf den Problemen gleichkommen und von wirklichen Reformen ablenken. Deshalb hoffe sie auf die nächste 15a-Vereinbarung, die dem Anspruch nachhaltiger Problemlösungen gerecht werde und neben dem Ausbau der Kinderbetreuung auch mehr Inklusion und Sprachförderungen beinhalte.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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