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CH: Es ist Zeit, Danke zu sagen – 24 Jahre Marc Lüthi

(c) SC Bern
(c) SC Bern

DMZ –  SPORT ¦ Urs Berger ¦                                     

 

Marc Lüthi tritt als CEO des SC Bern ab. Sein Einstieg beim grössten Schweizer Sportklub war damals überraschend. Sein Rücktritt heute ebenso. Ein persönlicher dank eines Sportjournalisten an den Sport Funktionär Marc Lüthi, welcher während 24 Jahren die Sportart Eishockey prägte wie kein anderer.

 

Lieber Marc

Nun trittst Du in das zweite Glied ab. Dein Nachfolger Raeto Raffainer tritt in grosse Fussstapfen. Dass er diesem Amt gewachsen ist, zweifle ich nicht. Du, Marc, und ich erlebten zusammen das Auf- und Ab des Eishockeys. Ich als Fan und später als Journalist, welcher hie und da ins Fettnäpfchen trat. Du als CEO des SC Bern.

 

Ich erinnere mich gut daran, als das erste Mal in den Medien Dein Name als neuer CEO «meines» Klubs gehandelt wurde: «Lieber Gott, nur das nicht!» war meine spontane Reaktion. Nun, 24 Jahre später, Danke ich Gott, dass er Dich zum CEO über diesen Klub erkoren hat. Nicht, dass Du etwas verwechselst, oder Dich auf einmal als Gott fühlst. So meine ich es nicht. Obwohl meine erste Begegnung mit Dir mir immer als eine «Begegnung mit dem Berner Gott» in Erinnerung bleiben wird.

 

Ich durfte ein Interview mit Dir führen. Vielleicht erinnerst Du dich noch daran? Wenn ich mich noch richtig erinnere, war dies 2002 oder 2003. Ich konnte bereits eine Woche vor dem eigentlichen Termin nicht mehr schlafen. Alle möglichen Fragen gingen mir durch den Kopf. Was soll ich diesen grossen Mann bloss Fragen? Ist es Opportun, ihm unter die Nase zu halten, dass Bern trotz seiner grossen Worte noch keinen Schritt weitergekommen ist? Immer wieder in den Play-Offs gescheitert war und seit 1998 keinen Titel mehr gewonnen hatte?

 

Oder durfte ich diesem «wilden Zampano» fragen, wieso ihm die Übernahme des Restaurants in der damaligen Allmend so wichtig war? Oder wieso der SC Bern damals mit so vielen Problemen zu kämpfen hatte?

 

Der Tag des Interviews kam. Ich duckte mich noch etwas vor dem damaligen Büro des SC Bern herum. Nervös blickte ich immer wieder auf die Uhr. Wir hatten auf 13:30 Uhr abgemacht. Aber ich war schon 3/4h vorher da. Ich schaute den Pferden zu, die vis-a-vis des damaligen Sekretariats im Training waren. Lies noch einmal meine Fragen Revue passieren. Habe ich alles aufgeschrieben? Funktioniert mein Aufnahmegerät, habe ich meinen Schreibblock dabei, habe ich einen funktionierenden Kugelschreiber? Gut, zugegeben, damals kontrollierte ich dies noch. Heute…..

 

Dann war es 13:30 Uhr. Mit klopfendem Herzen stieg ich die Treppe in das Sekretariat hinauf. Damals war ich noch Fit. Anders als heute. Heute würde ich wohl nach zwei, drei Tritten nach Atem ringen und mich danach auf einem Stuhl ausruhen, bevor ich nach Dir fragen würde. Ja, damals….

 

Du kamst mir entgegen. Respektvoll blieben wir beim Sie. Während dem ganzen Interview kam ich mir deplatziert vor. Mit Deiner dir so eigenen kantigen Art hast Du meine Fragen beantwortet. Wobei mir dabei auffiel, dass Du zuerst alle Fragen von mir wolltest, danach erst kamen deine Antworten. Erinnerst Du Dich noch daran?

 

Seit damals floss viel Wasser die Aare hinunter, wie wir Berner so schön sagen. Wir lernten uns in diesen 24 Jahren besser kennen. Und auch schätzen. Als «wir» dann endlich 2004 Meister wurden, war dies nicht nur für Dich eine Erlösung. «Tout Bern» war aus dem Häuschen, um es wieder mit einem Berner Ausdruck auf den Punkt zu bringen.

 

Es gab aber auch Zeiten, in welchen ich hart mit Dir ins Gericht ging. Beispielsweise, wenn Du einen Trainer in die Wüste schicktest. Oder an den Liga Versammlungen Vorschläge einbrachtest, die, gelinde gesagt, nicht Mehrheitsfähig waren. Wie zum Beispiel die Erhöhung der Ausländer in der Liga. Oft warst Du mir zu sehr nur auf das Geld fokussiert. In das Team, so meine Meinung, hattest Du zu wenig investiert. Erst Jahre später habe ich dann begriffen, dass Du in all den Jahren immer nur eines wolltest. Das Beste für den Klub.

Ich weiss jetzt schon, dass mir Deine Art fehlen wird. Ein SC Bern ohne Marc Lüthi? Das kann ich mir (fast) nicht vorstellen. Dies wird nicht nur mir so gehen. Die halbe (Hockey) Schweiz wird dich noch sehnlichst vermissen. Und doch wird es nach Dir weitergehen. Gut, dass Du dem SC Bern weiter erhalten bleibst. Sei dies auch «nur» als Verwaltungsratspräsident.

 

Dass Du nun den Stab an Raeto Raffainer weitergibst, in das zweite Glied zurücktrittst, wird Dir nicht einfach fallen. Das weiss ich. Es ist aber für Dich und Deine Gesundheit das Beste. Gesundheit geht über alles. Ob dies nun ein gesunder Klub ist oder ein gesunder Marc Lüthi.

 

Eines möchte ich Dir auf diesem Wege noch mitgeben. Du hast immer Respekt gefordert. Sei es von den Journalisten, von den Fans, von den Spielern. Respekt vor dem Arbeitgeber. Diesen Respekt hast Du dir in all den Jahren verdient. Mit Deiner Art. Diese wird dem Schweizer Eishockey fehlen.

 

In diesem Sinne wünsche ich Dir von Herzen eine gute Gesundheit und viel Freude im neuen Job als Verwaltungsratspräsident. Vielleicht werden wir uns in der nächsten Saison wieder einmal sehen. Du als Verwaltungsratspräsident, ich, der Journalist, der Dich als Person schätzt und Dir dankt, dass Du damals den SC Bern übernommen hast. Was hätten wir nur 24 Jahre ohne Deine kantigen Aussagen geschrieben? Wahrlich, ein ganz grosser Sportfunktionär tritt zurück. Auch wenn dies «nur» in das zweite Glied ist.

In diesem Sinne danke ich Dir noch einmal für alles, was Du dieser Sportart, diesem Klub, gegeben hast. 

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