AT: Empowerment, Motivierung und Information sind Schlüssel für Erfolg von Frauen in der Kommunalpolitik

© Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen
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DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                               © Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen

 

Bürgermeisterinnen aus Österreich sowie Deutschland und der Schweiz befassen sich bei einem zweitägigen Treffen im Parlament in der Hofburg mit den Herausforderungen, vor denen Frauen stehen, die Führungspositionen in Gemeinden übernehmen. Im Anschluss an Impulsreferate von Expertinnen, mit denen die Tagung eröffnet wurde, fanden zwei Diskussionsrunden statt. In diesen ging es um die Frage, wie ein Empowerment von Frauen in der Kommunalpolitik aussehen kann. Außerdem sprachen Bürgermeisterinnen aus den drei Teilnehmerländern über ihre praktischen Erfahrungen mit den Hürden, die Frauen in der Leitung von Gemeinden und Städten begegnen. In den Gesprächen wurde klar, das fehlendes Wissen über Kommunalpolitik, aber auch ungünstige Rahmenbedingungen demotivierend wirken. Seien diese Hürden erst überwunden, so zeige sich immer wieder, dass Frauen ein überdurchschnittliches Engagement in der Kommunalpolitik zeigen und auch hohe Akzeptanz bei den WählerInnen finden, waren sich die Teilnehmerinnen einig. Zudem seien Frauen der jüngeren Generation bereit, sich mehr zuzutrauen, da sie auch mehr Role Models hätten.

 

Was braucht es zur Stärkung von Frauen in der Kommunalpolitik?

In der ersten Gesprächsrunde des Treffens unter dem Titel "Was braucht Empowerment?" ging es um konkrete Vorschläge zur Stärkung von Frauen in der Kommunalpolitik. Neben den fehlenden Rahmenbedingungen und dem Aufbrechen von Stereotypen müsse man auch den Ansatz verfolgen, Frauen zu bestärken, sich etwas zuzutrauen, betonte Staatssekretärin Claudia Plakolm. Sie hatte die Schirmherrin des Bürgermeisterinnentreffens, Frauenministerin Susanne Raab vertreten. Zudem braucht es laut Plakolm Perspektiven für junge Frauen am Land. Für die zweite Schirmherrin Doris Schmidauer fehlt es an Selbstverständnis in der Gleichstellungspolitik. Beim "ewigen Thema" der Familienarbeit würden Frauen immer noch den Großteil der Aufgaben übernehmen. Schmidauer sprach sich außerdem dafür aus, dass sich die bereits in der Kommunalpolitik aktiven Frauen konkrete Projekte zur Überwindung von Hindernissen vornehmen sollen.

 

Zur Förderung von Frauen in der Politik bedürfe es neben Fortschritten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie einer Öffnung der Parteien und flachere Hierarchien, erklärte Sonja Dörfler-Bolt vom Institut für Familienforschung in ihrem Diskussionsbeitrag. Auch das gezielte Ansprechen und Motivieren von Frauen sei wichtig, da sich diese oftmals wenig zutrauen würden. "Es geht auch um die Vereinbarkeit auf dem Weg in das Amt, nicht nur im Amt", ergänzte Helga Lukoschat von der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin. Zudem seien Mentoringprogramme und der Austausch mit der Wissenschaft von großer Bedeutung. Dazu müsse jedoch der politische Wille und die finanziellen Mittel vorhanden sein. Daran könne man erkennen, wie ernst Gleichstellung genommen werde, so Lukoschat. Was die Frauenförderung in den Parteien betrifft, "muss diese bereits nach dem Wahltag beginnen und nicht erst sechs Monate davor", betonte Politik- und Rechtswissenschaftlerin Katrin Stainer-Hämmerle. Es sei einerseits wichtig, Frauen zum Einstieg in die Politik zu ermutigen, andererseits müssten Frauen jedoch dann Ungerechtigkeiten klar ansprechen und benennen.

 

Information und Motivierung sind wichtige Faktoren, um Hürden zu überwinden

Welche Hindernisse und Hürden es in der Praxis gibt, wenn Frauen die Leitung von Kommunen übernehmen, stand im Mittelpunkt eines abschließenden Podiumsgesprächs des heutigen Tages. Bürgermeisterinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz steuerten dabei ihre Erfahrungen aus ihrer oft langjährigen gemeindepolitischen Tätigkeit in der Kommunalpolitik ihrer Städte und ländlichen Gemeinden bei. Einen ersten Impuls für das Gespräch gab Andrea Kaufmann, Vizepräsidentin des Österreichischen Gemeindebundes, indem sie unterstrich, dass Frauen oft mehr Ermutigung als Männer brauchen, sich eine solche Funktion zuzutrauen. Die Fragen von Motivation und Selbstvertrauen zogen sich als roter Faden durch das Gespräch. Mehrfach wurde betont, dass oft zu wenig Wissen vorhanden sei, welcher Arbeitsaufwand und welche konkrete Verantwortung mit der Tätigkeit der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters verbunden seien, bzw. dass es falsche Vorstellungen dazu gebe.

 

Diese Befunde wurden von anderen Teilnehmerinnen bestätigt. Über die Erfahrungen in der Schweiz berichteten die Gemeindepräsidentin von Widnau Christa Köppel und die Gemeindepräsidentin von Neckertal Verni Wild, wo Kandidatinnen und Kandidaten für kommunale Ämter unterdessen oft über Findungskommissionen rekrutiert würden, was auch gute Ergebnisse zeige. Wild unterstrich die zentrale Bedeutung von Informationen über das Amt. Köppel sagte, ihre Erfahrung zeige, dass die Verwaltung von Gemeinden anders organisiert werden und damit auch Frauen mehr Möglichkeiten eröffnen könne.

Für Deutschland nahmen die Erste Bürgermeisterin von Markt Erlbach Birgit Kress und die Erste Bürgermeisterin der Stadt Ebermannstadt Christiane Meyer an dem Austausch teil. Meyer berichtete, dass traditionelle Parteistrukturen eine der Hürden sein können, mit denen Frauen konfrontiert sind. Wichtig sei es auch, Frauen jeweils generationenspezifisch anzusprechen. Kress sagte, sie nehmen war, dass sich Frauen der jüngeren Generation mehr zutrauen. Mädchen seien heute stärker der Auffassung, dass sie Burschen in nichts nachstehen. Role Models hätten hier eine große Bedeutung.

 

Die Bürgermeisterin der Gemeinde Stuhlfelden und Initiatorin des Bürgermeisterinnen-Treffens Sonja Ottenbacher fügte hinzu, dass das Interesse an der Übernahme von Verantwortung in der Gemeinde bereits früh ansetzen und bei kleinen Dingen beginnen müsse. Schulungen und Kurse für Kandidatinnen vor Wahlen seien zwar wichtig, aber die eigentliche Motivation erfolge nicht darüber, sondern müsse viel früher ansetzen. Die Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Leonding Sabine Naderer-Jelinek sagte, auch sie habe die Erfahrung gemacht, dass gezielte Gespräche sehr wichtig sind, wenn es darum geht, Frauen zu motivieren. Sie habe auch die Erfahrung gemacht, dass Frauen immer noch der Großteil der Haushaltstätigkeit und der familiären Versorgungs- und Pflegetätigkeit zufalle. Die Entscheidung zur Teilnahme an der Politik sei daher für sie oft eine Frage, wie dieser Bereich abgedeckt werden könne.

 

In Wortmeldungen aus dem Publikum, die aus der Praxis berichteten, ergaben sich einige Anregungen, wie Frauen für die Kommunalpolitik gewonnen werden können. Genannt wurden ein Kursangebot für angehende GemeindepolitikerInnen und eine rasch abrufbare juristische Unterstützung, da BürgermeisterInnen oft vor komplexen rechtlichen Fragen stehen würden. Die persönliche Haftung, die es so nur auf der unteren Gemeindeebene gebe, schrecke KandidatInnen oft ab, wurde betont. Als problembehaftet wurde befunden, dass BürgermeisterInnen auch als Baubehörde fungieren, da dadurch zahlreiche Interessenskonflikte entstehen würden. Ein wesentlicher Faktor sei auch die soziale Absicherung des Amtes und eine sehr unterschiedliche Bezahlung je nach Gemeindetypus und Bundesland. Hier wurde eine bundeseinheitliche Regelung angeregt.

 

Treffen wird am Freitag mit Workshops fortgesetzt

Am Freitag führt Corinna Milborn ein Gespräch mit Frauenministerin Susanne Raab zum Thema "Stärkung von Frauen in den Regionen, national und international". Auf dem Programm stehen auch ein von Katrin Stainer-Hämmerle geleiteter Workshop zum Thema "Kommunalpolitik von morgen. Eine Evaluierung" und ein weiterer Workshop "In Balance bleiben - Wie können wir gut mit den vielfältigen, anstrengenden Herausforderungen umgehen?", geleitet von Petra Gajar vom Fonds Gesundes Österreich.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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