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AT: Inflation: Bundesrat diskutiert Maßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Die gegenwärtige Teuerungswelle und wie man dagegen ankämpfen kann, um die Bevölkerung zu entlasten, das führte heute zu Beginn der Plenarsitzung des Bundesrats zu einer kontroversen politischen Auseinandersetzung. Angestoßen wurde die Debatte diesmal von der ÖVP. Sie wählte für die Aktuelle Stunde das Thema "Österreichs Weg gegen Teuerung und Inflation".

 

ÖVP und Grüne wiesen darauf hin, dass die Inflation eine importierte sei - durch die Pandemie und verschärft durch den Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine. Sie erinnerten an die zahlreichen Maßnahmen zur Abfederung der Belastungen für die Bevölkerung, wie etwa an die ökosoziale Steuerreform und die beiden Antiteuerungspakete. Den Oppositionsparteien war das zu wenig, sie warfen der Regierung unkoordiniertes Vorgehen vor und verlangten weitere Entlastungsmaßnahmen und eine klare Strategie der Regierung. SPÖ und NEOS sahen die Inflationsentwicklung durchaus auch als ein importiertes Problem, während die Freiheitlichen dafür in erster Linie die Corona-Maßnahmen der Regierung verantwortlich machten.

 

Finanzminister Magnus Brunner verteidigte im Einklang mit den Rednerinnen und Rednern von ÖVP und Grünen die gesetzten Schritte als im europäischen Vergleich sehr weitgehend. Allein die beiden Antiteuerungspakete im Ausmaß von rund 4 Mrd. € machten das Landesbudget von Tirol oder 1% des BIP aus. Dazu komme die ökosoziale Steuerreform im Ausmaß von 18 Mrd. €, entgegnete er der oppositionellen Kritik. Das sei weit mehr als etwa Deutschland und die nordischen Staaten getan hätten, das seien auch keine Almosen. Die anderen EU-Länder hätten ihre Steuerreformen sogar abgesagt. Der Finanzminister rechnet mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 5% bis 5,8%. Der Staat könne nicht jede Entwicklung abfedern, er könne aber vieles tun, um Wohlstandsverluste zu vermeiden, sagte Brunner und informierte, dass eine Expertengruppe die Entwicklung beobachte und auch Empfehlungen aussprechen werde.

 

SPÖ fordert umfassendes Gesamtkonzept für rasche Hilfe statt Almosen

Keine "Klein-Klein-Aktionen" und Almosen, sondern wirkliche Unterstützungsmaßnahmen forderten die SPÖ-BundesrätInnen Korinna Schumann (SPÖ/W) und Ingo Appé (SPÖ/K). Sie kritisierten die Maßnahmen auch als nicht treffsicher. So profitierten beispielsweise gut Verdienende von der Pendlerpauschale und dem Familienbonus weit mehr als andere. Der besorgniserregende Befund von Wirtschaftsforschern, dass wir alle ärmer werden, müsste zu einem raschen koordinierten Vorgehen seitens der Regierung führen, drängte Schumann auf ein Gesamtkonzept. Durch die Inflation nehme der Staat wesentlich mehr ein, und das müsse den Menschen sofort zur Abfederung der Preissteigerungen zurückgegeben werden, verlangte Appé.

 

Das Forderungspaket der SozialdemokratInnen umfasst unter anderem die Erhöhung der Mindestsicherung, der Pensionen und der Notstandshilfe sowie einen Mindestlohn von 1.800 €; ferner die Verlängerung der Kurzarbeit mit einer Nettoersatzrate von 90%, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf eine Nettoersatzrate von 70% und das Aussetzen der Anpassung der Richtwertmieten. Die SPÖ tritt auch für eine Preisdeckelung bei Strom und Gas, ein Kilometergeld von 50 Cent und eine Gewinnsteuer für Energiekonzerne ein, die sofort umverteilt werden müsse. Schumann zeigte sich zudem offen für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben, das dürfe aber nicht auf Kosten des Sozialstaates und der Bildungsausgaben gehen, unterstrich sie mit Nachdruck.

 

FPÖ schlägt ein 12-Punkte-Programm zur Teuerungsabgeltung vor

Die Regierung habe Österreich in den Irrweg der Inflation geführt, so der Befund von Josef Ofner (FPÖ/K), der einmal mehr die Corona-Maßnahmen als sinnbefreit bezeichnete, die die Wirtschaft an die Wand gefahren hätten. In seine Kritik schloss er auch die SPÖ ein, die die Regierung dabei unterstützt habe. Der massive Wohlstandsverlust sei aber nicht allein der Inflation geschuldet, ergänzte sein Fraktionskollege Johannes Hübner (FPÖ/W) die Vorwürfe der Freiheitlichen, indem er auf die seit Jahren bestehenden Zinsverluste bei Bankguthaben hinwies. Ebenso würde die private Pensionsvorsorge durch Kaufkraftverluste um die 7% massiv geschwächt, rechnete er vor. Als einen Inflationstreiber sieht Hübner auch den Wiederaufbaufonds der EU, mit dem die EU zu einer Schuldenunion geworden sei. Die Inflation sei daher nur insofern importiert, weil man seit Jahren die wirtschaftliche Souveränität abgegeben habe, so seine Einschätzung. Sowohl Hübner als auch Ofner stimmten mit der SPÖ darin überein, dass die zusätzlichen Staatseinnahmen zur Inflationsabgeltung herangezogen werden müssten.

 

In diesem Sinne kündigte Ofner seitens seiner Partei einen Antrag an, der ein 12-Punkteprogramm vorschlägt. Darin enthalten ist unter anderem eine Senkung der Mehrwertsteuer und der Mineralölsteuer, die Erhöhung des Pendlerpauschales, eine Streichung der CO2-Abgabe, eine automatische Inflationsanpassung bei Familien- und Sozialleistungen wie bei Pensionen und Pflegegeld, die Senkung der Lohnnebenkosten und Lohnerhöhungen.

 

NEOS: Mehreinnahmen des Staates zur Entlastung der Bevölkerung verwenden

Auch die NEOS sind mit den Maßnahmen der Bundesregierung unzufrieden und weisen darauf hin, dass die öffentlichen Haushalte von den Preissteigerungen, vor allem im Energiesektor, profitieren. Das eröffne für den Staat Spielräume, die er an die Haushalte zurückgeben müsse, sagte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Grundsätzlich vertrat er aber auch die Auffassung, dass der Preisschock auf dem Rohstoffmarkt durch den Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine entstanden sei, die Preise hätten aber schon vorher durch Lieferkettenengpässe und den wirtschaftlichen Aufschwung angezogen. Arlamovsky sprach sich daher auch für einen raschen Ausstieg aus der fossilen Energie und die Herabsetzung energiebezogener Steuern aus.

 

Das Rezept der NEOS gegen die Inflationsbelastungen der Bevölkerung beinhaltet die Senkung oder Streichung der Energieabgabe, die Abschaffung der kalten Progression, die Senkung der Lohnnebenkosten, die Unterstützung der Haushalte mit niedrigem Einkommen, etwa durch die Indexierung der Familienbeihilfe; ferner die Unterstützung betroffener Unternehmen und einen Aktionsplan zum Ausstieg aus russischem Erdgas.

 

ÖVP: Maßnahmen sind treffsicher und sozial und im internationalen Vergleich gigantisch

Ganz anders die Regierungsparteien, die die Kritik der Opposition in keiner Weise nachvollziehen können. Die Maßnahmen seien zielgerichtet, treffsicher, sozial und würden wirken. Sie würden jene entlasten, die es auch brauchen, sagten etwa Christian Buchmann (ÖVP/St) und Heike Eder (ÖVP/V). Kein Staat schaffe es, seine BürgerInnen gänzlich von der Inflation abzuschotten, betonte Buchmann. Die Inflation könne man nur schwer bekämpfen, sie sei eine importierte und eine internationale Entwicklung. Aber man könne die Bevölkerung entlasten und das habe man mit der ökosozialen Steuerreform im Ausmaß von 18 Mrd. € und den beiden Antiteuerungspaketen in der Höhe von rund 4 Mrd. € gemacht. Explizit erwähnte er die 50-prozentige Erhöhung des Pendlerpauschales und die Vervierfachung des Pendlereuro. Auch habe man eine Liquiditätsstärkung für die Unternehmen vorgenommen. Das Volumen der Entlastungen in Österreich sei nahezu doppelt so hoch wie in Deutschland, die Dimension im internationalen Vergleich "gigantisch". 

Buchmann warnte aber vor eine Stagflation und vor einer Lohn-Preis-Spirale. Wie Heike Eder unterstrich er, dass es natürlich notwendig sei, in Krisensituationen Geld auszugeben, aber das führe auch zu höheren Schulden. Man dürfe daher die Finanzierbarkeit für künftige Generationen nicht aus den Augen verlieren. Daher bedürfe es eines behutsamen Vorgehens, auch zur Absicherung des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Arbeitsplätze.

 

Grüne schließen weitere Maßnahmen nicht aus, sind aber gegen ein Gießkannenprinzip

Wir haben es mit drei Krisen zu tun – der Klimakrise, der Pandemie und dem Angriffskrieg in der Ukraine – und jede wäre allein schon schwer genug, umschrieb Andreas Lackner (Grüne/St) die Dramatik der Situation. Die Regierung habe darauf mit einer massiven Entlastung reagiert, womit man im europäischen Spitzenfeld liegt, unterstrich auch er vehement und warf der Opposition Schwarzmalerei und negative Stimmungsmache vor. Als Beispiele nannte er die deutliche Anhebung des Ausgleichzulagenrichtsatzes, die deutliche Erhöhung der Mindestpensionen und der Mindestsicherung sowie die ökosoziale Steuerreform, wobei untere Einkommensschichten besonders berücksichtigt worden seien. Mit dem Klimabonus, dem Energiekostenausgleich und dem Aussetzen der Ökostrompauschale sowie mit den beiden Antiteuerungspaketen habe man ein Bündel für jene geschnürt, die es brauchen. Lackner schloss weitere Maßnahmen nicht aus, er lehnte aber die Senkung der Mehrwertsteuer oder der Mineralölsteuer ab, weil dies nur dem Gießkannenprinzip diene und nicht treffsicher sei.

 

Sein Fraktionskollege Adi Gross (Grüne/V) nahm die Rolle der Energieversorger bei der Inflation ins Visier und meinte, dass man deren Gewinne und Dividenden abschöpfen sollte, um dies für die Energiewende und zur Dämpfung der Preissteigerungen zu  verwenden. Ähnliches sollte für andere Profiteure gelten, meinte er.

 

Brunner: Maßnahmen der Bundesregierung sind beispiellos und weitreichend

Auch Finanzminister Magnus Brunner verteidigte die Politik der Bundesregierung als weitgehend und beispiellos und bekräftigte seinerseits, dass die Inflation importiert sei. Bei den Maßnahmen habe man auch auf vulnerable Gruppen geschaut, betonte er in Richtung Opposition. Die Senkung der Mehrwertsteuer sieht er skeptisch als eine Maßnahme nach dem Gießkannenprinzip ohne Treffsicherheit, außerdem sei dies europarechtlich nicht möglich. Bei der Mineralölsteuer gebe es Mindestsätze in der EU und da hätte man noch etwas Spielraum gehabt, man habe sich aber für die Entlastungen beim Pendlerpauschale entschieden. Was die von der SPÖ geforderte Absetzbarkeit betrifft, so habe man diese mit dem Pendlereuro und dessen Vervierfachung durchgeführt. Eine Preisobergrenze bei Treibstoff würde nur zu Engpässen bei den Tankstellen führen, warnte der Minister.

 

Österreich könne sich nicht allein gegen die Inflation stellen, so der Finanzminister, und die EZB müsse mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Sie habe bereits die Anleihekäufe zurückgefahren, berichtete er und meinte, man könne über Zinssteigerungen diskutieren, gleichzeitig müsse man aber auch die Auswirkungen auf das Wachstum und auf Staaten mit hoher Verschuldung berücksichtigen.

 

Die Sanktionen gegen Russland wirken, betonte Brunner, die russische Wirtschaft sei unter Druck geraten. Dennoch dürften die Sanktionen die EU-Staaten nicht härter treffen als Russland, so Brunner und schloss damit seitens Österreich ein Embargo auf Gas aus. Die Maßnahmen müssten sozial und wirtschaftlich verkraftbar sein. Selbstverständlich müsse man langfristig unabhängig von fossilen Energieträgern und autoritären Staaten werden, vorher brauche man aber Energiesicherheit. he des Benützungsentgeltes in gemeinnützigen Studentenheimen nach dem Außerstreitverfahren des Mietrechtsgesetzes zu ermöglichen. Auch für Rückforderungen der Kaution sollte laut der Ombudsstelle das Außerstreitverfahren zur Anwendung kommen.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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