
DMZ – MEDIZIN / SOZIALES ¦ Julia-Mareen Vetter ¦
Steffen war Patient auf unserer Intensivstation.
(Da es ohnehin in diesem Nachruf erwähnt wird, erwähne ich es gleichsam.)
Ich habe ihn viele Nächte betreut und leider niemals wach erlebt.
Ich habe ihm oft Beethoven vorgespielt, das hatte seine Frau für ihn aufgenommen auf ein kleines Diktiergerät, welches ich ihm häufig aufs Kopfkissen legte.
In Erinnerung bleibt mir besonders die Wand neben seinem Patientenbett voller Fotos aus Urlauben, gemeinsamen Momenten mit seiner Familie. Glückliche Bilder. Lachende Gesichter voller Liebe und Lebensfreude.
Ein Mann, mitten im
Leben stehend.
Ein Virus, eine Infektion, die alles veränderte und einen tödlichen Verlauf für Steffen bedeutete.
Steffen wurde unschuldig mit dem Coronavirus infiziert durch ignorantes Verhalten.
Wir haben alles für ihn gegeben, aber es ist so oft nicht genug.
Auch Steffen konnten wir nicht retten.
Ich wünsche seiner Familie alle Kraft dieser Welt.
Am 15.3.22 "hätte Steffen seinen Geburtstag gefeiert. Hätte.. denn Steffen ist nicht mehr unter uns. Er starb vor gut einem Jahr an den Folgen einer Infektion mit covid-19. Vor einem Jahr haben wir daraufhin nach einem langen und intensiven Gespräch mit seiner Witwe diesen Artikel geschrieben, der sehr viele von ihnen bewegt und berührt hat.
Warum wir ihn nun noch einmal heraufholen? Weil wir uns als Gesellschaft gerade anschicken, so gut wie sämtliche Schutzmaßnahmen abzuschaffen und das in einer Zeit, in der die Inzidenz bisher nie dagewesene Höhenflüge absolviert. Fast 200.000 Infektionen verzeichnen die Gesundheitsämter alleine in den letzten 24 Stunden, die Dunkelziffer dürfte weit darüber liegen. Ja, die Omikron-Variante verursacht weit weniger Komplikationen als die zuvor dominierende Delta-Variante und ja – Irgendwann müssen wir zu unserem regulären Leben zurückfinden und die dauerhaften Einschränkungen hinter uns lassen. Aber von 100 auf fast 0 während die Zahlen Tag für Tag historische Höchststände knacken? Zumindest die Maskenpflicht könnte man doch bis auf weiteres beibehalten..wem würde das weh tun?
Um ein Bild zu benutzen: Die Brandbekämpfung einzustellen, während die Bude lichterloh in Flammen steht ist doch zumindest etwas, das es zu diskutieren gilt?! Denn auch wenn wir uns an diese andere Statistik mittlerweile gewöhnt haben, sind es immer noch zahlreiche Menschen die Tag für Tag im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion ihr Leben lassen. 238 waren es alleine in den zurückliegenden 24 Stunden – 126.000 seit Ausbruch der Pandemie in Deutschland. Einer davon war Steffen Reiser."

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