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Homo- bzw. Transnegativität und Diskriminierung haben einen negativen Einfluss auf die Gesundheit

Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS © Frankfurt UAS  Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS
Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS © Frankfurt UAS Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS

DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                         Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS © Frankfurt UAS Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS 

 

Homo- bzw. Transnegativität und Diskriminierung haben einen negativen Einfluss auf die Gesundheit und können zu Suizid führen

Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt UAS, nimmt anlässlich des IDAHOBITA Stellung

 

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter-, Trans- & Asexuellenfeindlichkeit (IDAHOBITA*) schlägt Prof. Dr. Stefan Timmermanns, Professor für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), Alarm: „Negative Einstellungen, Ablehnung oder gar feindliche Haltungen gegenüber LSBTIQ* (die Buchstaben stehen dabei für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen), in der Fachsprache Homo- oder Transnegativität genannt, sowie Diskriminierungserfahrungen erhöhen die Suizidgefahr dieser Gruppe im Vergleich zur Gesamtbevölkerung um ein Vielfaches.“ Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Frankfurt UAS. Zu den Schwerpunktthemen der Studie „Wie geht’s euch?“

 

(WGE) gehören neben der psychosozialen Gesundheit und dem Wohlbefinden von LSBTIQ* in Deutschland unter anderem das Coming-out sowie Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen. Außerdem wurde nach geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation queerer Menschen gefragt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Timmermanns und Prof. Dr. Heino Stöver wurden Datensätze von 8700 LSBTIQ* Personen aus Deutschland ausgewertet.

 

Hintergrund der Studie ist das theoretische Modell des Minderheitenstresses und eine damit erklärbare erhöhte Vulnerabilität von LSBTIQ*. Aus früheren Untersuchungen geht hervor, dass LSBTIQ* häufiger an körperlichen, seelischen und chronischen Erkrankungen leiden. „Zwei Themen sind besonders hervorzuheben, da sie auf das Leben sehr vieler LSBTIQ* einen Einfluss haben. Zum einen geht es um die Theorie des Minderheitenstresses, der aus Diskriminierungserfahrungen und queernegativen Einstellungen resultiert und für die erhöhte Prävalenz von psychischen Erkrankungen, Substanzkonsum sowie Suizid bei LSBTIQ* verantwortlich ist. Zum anderen gibt es neben negativen Erfahrungen im Leben von LSBTIQ* jedoch auch Ressourcen, wie z.B. Kontakte zu anderen queeren Menschen, die es vielen von ihnen ermöglichen, trotz aller Widrigkeiten ein überwiegend gutes und zufriedenes Leben zu führen“, betont Timmermanns.

Zusammenfassend stellt Timmermanns fest: „In der Untersuchung konnten zahlreiche Belege für Minderheitenstress von LSBTIQ* und damit zusammenhängende, höhere psychische Belastungen gefunden werden. Insbesondere in Bezug auf eine Suizidgefährdung der an dieser Studie teilnehmenden Personen konnte belegt werden, dass diese fast sechs Mal höher lag als in der Gesamtbevölkerung. Bei trans* und gender*diversen Personen war der Faktor sogar um das Zehnfache erhöht. Dies bestätigt vorherige Untersuchungsergebnisse aus Nordamerika und Australien.“

 

Einschränkend stellt Timmermanns klar, dass die Ergebnisse der WGE-Studie trotz der hohen Zahl von 8700 Teilnehmenden nicht repräsentativ für alle in Deutschland lebenden LSBTIQ* sind, da die Teilnahme an dem Online-Fragebogen freiwillig erfolgte und somit eine Selbstselektion stattfand. Da das Gros der Teilnehmenden jedoch einen mittleren oder hohen sozioökonomischen Status hat – was als Schutzfaktor gewertet werden kann –, könnte das tatsächliche Ausmaß der Suizidgefährdung von LSBTIQ* in Deutschland noch höher sein, schätzt Timmermanns.

 

Mit Blick in die Zukunft ergänzt Timmermanns: „Auf Grundlage unserer Ergebnisse sollten Beratungs- und Unterstützungsangebote für LSBTIQ* ausgebaut und weiter verbessert werden. Neben dem Kampf gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt gegen LSBTIQ* sollte aus den Ergebnissen auch eine stärkere Beachtung der Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt bei der Beratung und Unterstützung suizidgefährdeter Personen abgeleitet werden.“

 

Die anonyme Befragung fand von November 2018 bis März 2019 statt. Befragt wurden rund 8.700 Personen. Das Durchschnittsalter lag bei 38,3 Jahre (Allgemeinbevölkerung: 44,5 Jahre). Einen Migrationshintergrund gaben rund 20 Prozent an (Allgemeinbevölkerung: ca. 26 %). Die geschlechtliche Identität teilte sich folgendermaßen auf: cis-weiblich (1207), cis-männlich (6608), trans-männlich (266), trans-weiblich (133), trans* (259), gender*divers (160), inter* (45). Zur sexuellen Orientierung wurden diese Angaben gemacht: schwul (5735), lesbisch (812), bisexuell (1210), heterosexuell (86), asexuell (54), orientierungs*divers (387), pansexuell (391), keine Angabe (25). Die Befragung wurde von der Professur für Sexualpädagogik und Diversität in der Sozialen Arbeit der Frankfurt UAS gemeinsam mit verschiedenen Community-Organisationen (u. a. Deutsche AIDS-Hilfe e.V., Schwulenberatung Berlin und Lesben Informations- und Beratungsstelle e.V. Frankfurt) durchgeführt. Durch die finanzielle Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Programms „Forschung für die Praxis“ konnte die Umfrage unter LSBTIQ* in ganz Deutschland erfolgen. Weitere Fördermittel kamen aus dem Programm „IFOFO“ der Frankfurt UAS sowie dem Kompetenzzentrum Soziale Interventionsforschung (KomSI), das am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Hochschule angesiedelt ist sowie dem Gender- und Frauenforschungszentrum der hessischen Hochschulen (gFFZ).

 

Die Ergebnisse der Studie sind bei Beltz Juventa in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel veröffentlicht. Unter dem Titel „Wie geht’s euch?“ ist das Werk Ende 2021 erschienen.

 

 

 

Originalpublikation:

Timmermanns, Graf, Merz und Stöver, „Wie geht’s euch?“, ISBN 978-3-7799-6443-8

© 2022 Beltz Juventa in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel

http://www.beltz.de/de/nc/verlagsgruppe-beltz/gesamtprogramm.html?isbn=978-3-779…

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