· 

AT: Ukraine setzt diplomatische Bemühungen in Frage der EU-Annäherung auf parlamentarischer Ebene fort

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Der ukrainische Wunsch nach einem EU-Beitritt beschäftigt auch den EU-Ausschuss des Bundesrats. In einer Videokonferenz diskutierten heute Nachmittag Vertreter aller im Bundesrat vertretenen Parteien mit Abgeordneten des Ausschusses für die EU-Integration der Ukraine der Werchowna Rada, des Einkammer-Parlaments der Ukraine.

 

Christian Buchmann (ÖVP/Steiermark) als Vorsitzender im EU-Bundesratsausschuss unterstrich die Solidarität des österreichischen Parlaments mit der Ukraine. Alle Mitglieder des Bundesrats hätten die eklatante Verletzung des Völkerrechts unmittelbar nach dem nicht provozierten russischen Angriff auf die Ukraine auf das Schärfste verurteilt. Die Ukraine sei ein Teil der europäischen Wertegemeinschaft, unterstrich Buchmann.

 

Ivanna Klympush-Tsintsadze, Obfrau des EU-Ausschusses der Werchowna Rada und Mitglied der Oppositionspartei "Europäische Solidarität", sagte, die Ukraine befinde sich derzeit in einem sehr schweren Kampf um ihr Weiterbestehen als souveräner Staat. Der Angriff Russlands sei nicht zuletzt ein Angriff auf das Ideal einer regelbasierten Weltordnung und müsse als solcher dezidiert zurückgewiesen werden. Für die Ukraine seien die Solidarität und Hilfe anderer Staaten daher von größter Wichtigkeit. Sie habe allerdings Sorge, dass die bisherige Einigkeit Europas zu bröckeln beginne. Jede Abschwächung der europäischen Positionen enthalte jedoch die Gefahr, den Aggressor noch weiter zu ermutigen. Sie verstehe zwar den an die Ukraine mehrfach herangetragenen Wunsch nach einer Verhandlungslösung. Die Ukraine sei grundsätzlich stets zu Verhandlungen bereit, derzeit sehe sie aber äußerst wenig Spielraum dafür.

Der Angriff auf die Ukraine sei nicht zuletzt deshalb erfolgt, weil die Ukraine sich in den letzten Jahren eindeutig in Richtung Europas und der Europäischen Union orientiert habe, führte die ukrainische Abgeordnete aus. Die Ukraine habe die Vorgaben des EU-Assoziierungsabkommens schon zu fast zwei Dritteln erfüllt und viele Reformen in Gang gesetzt. Daher sehe man die Voraussetzungen für einen Status als EU-Beitrittskandidat als gegeben. Rund 90% der Ukrainer:innen seien für einen EU-Beitritt, sagte Klympush-Tsintsadze. Der Status als Beitritts-Kandidat wäre daher nicht zuletzt auch ein wichtiges innenpolitisches Signal und könne die Bereitschaft der Ukrainer:innen, die notwendigen Reformen mitzutragen, enorm stärken.

 

Die Wichtigkeit des Kandidatenstatus der Ukraine für die Fortführung der EU-Annäherung brachten auch Mariia Mezentseva und Vadym Halaichuk (beide Fraktion "Diener des Volkes") zum Ausdruck. Das EU-Assoziierungsabkommen habe bereits erste Früchte getragen, meinte Mezentseva. Mit dem Kandidatenstatus wäre es zudem möglich, eine Road Map weiterer Reformen zu implementieren. Halaichuk wies darauf hin, dass das ukrainische Parlament weiterarbeite und dass derzeit rund 70 Gesetze vor der Abstimmung stehen, mit denen die Ukraine gesetzliche Grundlagen für eine weitere EU-Annäherung schaffen werde.

 

Der Wiener SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach bekräftigte die Solidarität mit der Ukraine, betonte aber, dass der Status eines Beitrittskandidaten erst der Beginn eines langen Weges sei, bei dem gleiche Regeln für alle Staaten gelten müssten. Wichtig wäre es, rasch zumindest einen Waffenstillstand zu erreichen und eine Rückkehr der geflüchteten Menschen zu ermöglichen.

Marco Schreuder, Wiener Bundesrat der Grünen, sah im Ukraine-Konflikt eine besondere Herausforderung für die EU als Friedensprojekt. Er wies auf die Frage der Nahrungsmittelsicherheit hin und wollte wissen, wie die Ukraine hier unterstützt werden könne.

 

Der Wiener FPÖ-Bundesrat Johannes Hübner äußerte Verständnis für die Ziele der EU, gab aber auch zu bedenken, dass die EU-Kandidatur der Ukraine sich konfliktverlängernd auswirken könne. Gefragt seien daher diplomatische und politische Lösungsansätze. Hübner warf die Frage auf, ob eine unter internationaler Aufsicht durchgeführte Volksabstimmung über den weiteren Status der Krim und den Donbass einen solchen Lösungsansatz bieten könne.

 

Karl-Arthur Arlamovsky, Bundesrat der NEOS für Wien, betonte die Unterstützung seiner Partei für einen Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat, wobei selbstverständlich gleiche Regeln für alle gelten würden. Ein Waffenstillstand setze voraus, dass Russland sich zumindest hinter die Linien zurückziehe, die vor dem 24. Februar bestanden, meinte der NEOS-Bundesrat.

 

Vor Verhandlungen müsse der Rückzug der russischen Truppen und ein Waffenstillstand stehen, sagte Klympush-Tsintsadze. Allerdings dürfe es nicht sein, dass Russland damit nur Zeit für einen neuen Angriff gewinne. Die Ukraine brauche daher die Kapazitäten, um ihr Staatsgebiet verteidigen zu können. Im Bereich der Nahrungsmittelsicherheit stehe man vor großen Herausforderungen. Österreich könne unter anderem damit unterstützen, indem es der Vertauschung von Ursache und Wirkung entgegentrete und betonen, dass die Schuld für die Nahrungskrise nicht bei der Ukraine liege.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

Ausflugstipps

In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps. 

Unterstützung

Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie.

Rezepte

Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren.

Persönlich - Interviews

"Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

Inhalte von Powr.io werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell und Marketing), um den Cookie-Richtlinien von Powr.io zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Powr.io-Datenschutzerklärung.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0