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AT: Nationalrat spricht sich für Unterstützung der Ukraine bei Verfolgung mutmaßlicher Kriegsverbrechen aus

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                  

 

Einstimmig nahm der Nationalrat heute eine Entschließung von ÖVP und Grünen an, der die Unterstützung der Abgeordneten für eine rasche Aufklärung und Verfolgung mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Zuge des russischen Angriffskriegs zum Ausdruck bringt. Österreich solle sich auf internationaler und europäischer Ebene dafür einsetzen, dass Beweise für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen systematisch ausgewertet und rasch Strafverfahren durchgeführt werden können, fordern die Parlamentarier:innen.

 

Mit in Verhandlung stand ein Antrag der NEOS, die auf das Problem der sexualisierten Gewalt als Teil der Kriegsführung der russischen Armee hinweisen. Erwurde mehrheitlich abgelehnt. Die NEOS argumentierten, die sexuelle Selbstbestimmung und die Reproduktionsrechte von Frauen würden weltweit immer stärker unter Druck geraten. Das führe dazu, dass in Polen Frauen aus der Ukraine eine Abtreibung auch dann verweigert werde, wenn die Schwangerschaft das Resultat einer Vergewaltigung sei.

 

Einhelliger Ruf der Fraktionen nach konsequenter Verfolgung von Kriegsverbrechen

In dem gemeinsam eingebrachten Entschließungsantrag weisen die Abgeordneten der ÖVP und der Grünen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hin. Sie verweisen unter anderem auf den Expert:innenbericht der OSZE, wonach die OSZE-Mission in der Ukraine klare Muster von Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch russische Streitkräfte in der Kriegsführung gefunden habe. Beweise für diese Verbrechen müssten jetzt rasch, systematisch und effizient gesammelt werden sowie unabhängige, internationale Untersuchungen eingeleitet werden, die zu einer objektiven Aufklärung der Geschehnisse beitragen.

 

Gudrun Kugler (ÖVP) sagte, mit der Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshof sei es möglich geworden, dass für "schwerste Verbrechen von internationaler Bedeutung" und bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht auch Einzelpersonen zur Verantwortung gezogen werden können. Das Territorium der Ukraine unterliege der internationalen Strafgerichtsbarkeit, führte sie aus. Wichtig sei nun eine rasche Beweissicherung, um diesem Recht auch zum Durchbruch zu verhelfen. Medienberichte zeigten Verstöße gegen das Völkerrecht wie den Einsatz von Streumunition und sexuelle Gewalt gegen Frauen und sogar gegen Kinder. Der Antrag unterstreiche, dass Österreich die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs unterstütze. Österreich leiste auch über seine Rolle in der OSZE einen wichtigen Beitrag, um möglichst rasch ein Ende des Krieges und damit von Kriegsverbrechen zu erreichen, sagte Kugler.

 

Der Krieg in der Ukraine erinnere daran, dass Frieden und Wohlstand keine Selbstverständlichkeit seien, meinte Johann Weber (ÖVP). Vor diesem Hintergrund setze sich Österreich dafür ein, dass die russischen Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung gezogen werden können. Auch seine Fraktionskollegin Angela Baumgartner (ÖVP) forderte die Aufklärung und die Ahndung von Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht in der Ukraine. Österreich unterstütze daher auch die Arbeit der unabhängigen Menschenrechtskommission der UNO in Wien, die sich diesem Thema widme. Corinna Scharzenberger (ÖVP) sagte, das Völkerrecht definiere eine rote Linie, die auch im Krieg nicht überschritten werden dürfe. Österreich sei zwar militärisch, aber nicht moralisch neutral gegenüber den erschreckenden Verletzungen der Menschenrechte, die nun bekannt geworden seien. Die Ukraine verteidige in diesem Krieg auch die Freiheit und die Demokratie, betonte die Mandatarin.

 

Harald Troch (SPÖ) wies darauf hin, dass neben Verbrechen von Einzelpersonen auch der Einsatz von menschenfeindlicher Waffentechnik durch Russland belegt ist. Hier gehe es um Systeme wie Streumunition, die eigentlich durch internationale Verträge geächtete seien. Troch wertete die Neutralität Österreichs als einen wichtigen Faktor für die Glaubwürdigkeit bei der Unterstützung der Durchsetzung einer internationalen Rechtsordnung. Die Berichte über schwerste Kriegsverbrechen in der Ukraine seien gut belegt, sagte Christian Drobits (SPÖ). Dazu gehörten auch gezielte Angriffe Russlands auf die zivile Infrastruktur. Die SPÖ unterstütze daher den Antrag nachdrücklich. Robert Laimer (SPÖ) erklärte, es dürfe nicht vergessen werden, dass ein neuer nuklearer Rüstungswettlauf begonnen habe. Vor wenigen Jahren hätten die USA und Russland die Verträge zur Begrenzung von Atomwaffen außer Kraft gesetzt. Ein neuer Anlauf zur atomaren Abrüstung sei daher notwendig. Laimer forderte auch ein internationales Verbot autonomer Waffensysteme, in die massiv investiert werde.

 

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine sei auf das Schärfste zu verurteilen, betonte FPÖ-Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ). Auch im Krieg gelte das humanitäre Völkerrecht und seien die Menschenrechte zu beachten. Der Entschließungsantrag fordere daher die Verfolgung von schwerwiegenden Verstößen gegen Völkerrecht und Menschenrechte, er sei froh, dass Österreich die Aufklärung dieser Verbrechen unterstütze.

 

Die Entschließung sende ein wichtiges Signal, das Kriegsverbrechen rasch und effektiv geahndet werden, sagte Faika El-Nagashi (Grüne). Österreich könne als Standort vieler internationaler Organisationen einen wichtigen Beitrag für die unabhängige Untersuchung und Aufarbeitung von Kriegsverbrechen durch die Gerichte leisten. Damit leiste man auch einen wichtigen Beitrag der Solidarität mit der Ukraine. Zu den Menschenrechtsverletzungen, die nun bekannt werden, gehören laut El-Nagashi auch die gewaltsame Verbringung von Menschen nach Russland und der Einsatz sexualisierter Gewalt als Kriegswaffe.

NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter meinte, die klare demokratische Ausrichtung der Ukraine, die auch in der Rede des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk vor dem Nationalrat zum Ausdruck gekommen sei, lasse keinen Zweifel daran zu, welche Seite in diesem Konflikt Unterstützung verdiene. Präsident Putin schließe hingegen ganz offen an die verbrecherische Politik Stalins an, der im Übrigen seit einigen Jahren in Russland immer mehr heroisiert werde. Umso wichtiger sei es, dass Verbrechen, die aus dieser Politik resultieren, konsequent verfolgt werden. Aus seiner Sicht dürfe man sich allerdings keinen Illusionen hingeben, meinte Brandstätter. Die Durchsetzung der Menschenrechte werde in Russlands erst nach dessen militärischer Niederlage möglich sein.

 

Schallenberg: Internationales Recht muss für alle gelten

Außenminister Schallenberg meinte, die Rede des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk vor den österreichischen Abgeordneten sei ein überfälliges Signal gewesen, dass die Stimme der Ukraine gehört werden müsse. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine stelle einen klaren Zivilisationsbruch dar und habe auch globale Auswirkungen, da er die Grundversorgung vieler Länder Afrikas und Asiens gefährde. Ein wesentlicher Teil des Einsatzes Österreichs für die Menschenrechte sei die Hilfestellung bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen. Das sei derzeit umso wichtiger, da der Internationale Strafgerichtshof bei seinen Ermittlungen in der Ukraine vor einer Mammutaufgabe stehe, die ohne Unterstützung von Nationalstaaten nicht zu bewältigen sei.

 

Für Verbrechen, wie sie in der Ukraine dokumentiert seien, dürfe es grundsätzlich keine Straflosigkeit geben, sagte Schallenberg mit Nachdruck. Undenkbar sei, dass Staaten je nach ihrer Stärke ein unterschiedliches Recht für sich in Anspruch nehmen wollen. Österreich müsse auch im eigenen Interesse die Wahrung einer universellen Rechtsordnung einfordern und unterstützen. Diese Wahrung der internationalen Rechtsordnung sowie die Verfolgung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts und von Kriegsverbrechen seien daher Leitgedanken der österreichischen Außenpolitik. Er werde weiterhin diese Themen in seinen Gesprächen mit Amtskolleg:innen immer wieder zur Sprache bringen, betonte der Außenminister. 

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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