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Weitere zehn Milliarden Energiesubvention dürfen nicht einfach verschwiegen werden!

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Wir können wegen Putin natürlich nicht unsere Rechtsordnung auf den Kopf stellen, wir sollten uns das nicht mal wünschen. Daher ist die Zwangslage des Wirtschafts- und Finanzministeriums insbesondere in Fällen wie der Gazprom Germania zu akzeptieren und anzuerkennen, dass eine ideale Lösung nicht möglich ist. Die Fehler wurden vorher gemacht, als man diese Eigentumsverhältnisse zugelassen hat. Nun kann man Eigentum, ein besonders hohes Gut unseres Rechtssystems, nicht einfach aus politischen Motivationen in Frage stellen. Wir sollten explizit in solchen Situationen klarstellen, dass unser Rechtsstaat uns wichtiger ist als Leute wie Putin und dass wir unsere Werte gerade deswegen nicht beschädigen.

 

Es wäre aber angemessen, das klar zu kommunizieren und auch über die Folgen offen zu reden. Zudem darf trotzdem über die Wege gestritten werden, denn die ökonomischen Folgen fangen gerade erst an und wir sollten offen über die Verwendung unserer begrenzten Mittel diskutieren … können. Mit einer derartigen Pressemeldung der Bundesregierung, die vermutlich zwischen Habeck, Lindner und dem Kanzleramt, welches die Meldung herausgegeben hat, fein abgestimmt wurde, kann das nicht gelingen. Das ist deutlich gesagt eine kommunikative Schande, ja ein Sündenfall an Krisenkommunikation!

 

Tatsache ist, dass der Gazprom Germania, die auch noch ein neues Etikett namens „Securing Energy for Europe GmbH“ bekommen soll, nun ein KFW-Darlehen zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebs gewährt wird. Die Höhe des Darlehens wird nicht erwähnt, was für sich genommen bereits inakzeptabel ist. Rückfragen seitens der Presse ergeben Beträge von neun bis zehn Milliarden. Dagegen ist der „Tankrabatt“, der wohl um die drei Milliarden kosten mag, fast schon Kleingeld. Hinzu kommt, dass diese KFW-Mittel im Haushalt gar nicht direkt auftauchen, das ist einer der immer intransparenter werdenden Schattenhaushalte.

 

Es gibt keinen Zweifel, dass der Staat hier eingreifen muss. Die Gesellschaft ist faktisch nämlich pleite und steht nach unserer Rechtsordnung vor dem Insolvenzantrag, was dann den zur Energieversorgung erforderlichen Geschäftsbetrieb weiter belasten würde. Der Grund: Die Gesellschaft muss nun bei Gazprom selbst zu aktuellen, also gewaltig gestiegenen Preisen Gas beziehen, hat aber ihrerseits Abnahmeverträge zu älteren Konditionen. Diese Differenz zwischen Einkaufskosten und Verkaufserlösen kann sie nicht stemmen. Da sie eine zentrale Rolle in der Gasversorgung spielt, muss also Hilfe her.

 

Leider stellt diese Pressemeldung den Sachverhalt – man darf vermuten absichtlich – so grundlegend falsch dar, dass man es nur heftig kritisieren kann. Hier wird der Eindruck erweckt, es handle sich halt um einen Kredit, der also Aussicht auf Rückzahlung habe und der werde so gestaltet, dass Russland davon nicht profitiere. Ferner folgt fälschlicherweise eine Darstellung, aus der man vermuten könne, die Gesellschaft sei ohnehin bereits im Besitz unseres Staates – die geplante Namensänderung setzt dem die Krone auf. Wie so oft folgen die Medienberichte weitgehend unkritisch dieser Darstellung, was man als weiteres Medienversagen bezeichnen darf.

 

Tatsache ist, dass die Gesellschaft unter Treuhandverwaltung des Staates gestellt wurde. Dadurch nimmt das Ministerium Habecks die Stimmrechte wahr, hat also die Steuerungsfunktion des Gesellschafters übernommen. Die Anteile selbst, also im rechtlichen Sinne der Besitz, sind – aus gutem Grund – nicht abgetastet worden. Das Unternehmen ist also in russischem Besitz, wobei das vollkommen intransparent ist, da der ursprüngliche Besitzer Gazprom es kürzlich an eine schwer zu bewertende andere russische Adresse verkauft hat. Vermutlich sollte Gazprom als Ziel von Sanktionen hier aus dem Radar verschwinden.

An diesen Eigentumsverhältnissen hat sich gar nicht geändert und nach unserem Rechtssystem besteht für den Eigentümer, ja auch, für den russischen, immer noch ein hoher Schutz. Insbesondere hat er Anspruch auf Ersatz eines etwaigen Schadens, der durch die Treuhandverwaltung entstanden ist. Sollte, was rechtlich grundsätzlich möglich ist, die Enteignung stattfinden, hätte er ebenfalls Anspruch auf eine Entschädigung des Vermögensverlusts.

 

Um welche Beträge es hier geht, ist höchst strittig. Der Wert des Unternehmens und ein ggf. eingetretener Schaden durch die Treuhandverwaltung dürften erst über einen Jahrelangen Rechtsstreit überhaupt erst ermittelt werden können. Da will Stand heute natürlich niemand hin greifen, das ist nachvollziehbar, denn es geht jetzt zuerst mal um Krisenpolitik. Dass hier aber ein hohes zweistelliges Milliardenrisiko für den deutschen Steuerzahler besteht, welches unmittelbar russischen Besitzern zusteht, darf zumindest mal erwähnt werden, statt alles schön zu reden und die Fakten zu verschweigen.

 

Das geht aber mit diesem „Darlehen“ weiter. Wir lesen nämlich, dieses werde nach dem sogenannten „Ring-Fencing“ vergeben, was bedeutet, es sei zweckgebunden für „Aufrechterhaltung der Gasversorgung“, weshalb es Russland nicht zufließe. Das ist üble Augenwischerei, denn die Ursache für die Schieflage der Gesellschaft ist die Preisdifferenz, die ganz und gar Gazprom zufließt. Wenn so eine Gesellschaft durch ein Darlehen am Leben erhalten bleibt, wird damit faktisch sichergestellt, dass die Preisforderungen von Gazprom erfüllt werden. Das gilt zumindest so lange, bis Gazprom Germania, ein Name, den wir noch lange in Erinnerung halten sollten, die Lieferungen aus Russland beziehen muss. Dass die Gesellschaft, deren Wurzeln ja ehemals deutsche Energieversorger sind, zukünftig über andere Lieferanten versorgt werden soll, ist Stand heute ein Ziel, aber eben nicht erreicht. Daher zahlt die so gestützte Gesellschaft ihre Gazprom-Rechnungen und genau das soll auch erreicht werden.

 

Was wir ferner aus der Meldung entnehmen können, ist der weitere Plan, wie man hofft, die Entschädigung für den russischen Besitzer begrenzen zu können. So soll dieses Darlehen später in Eigenkapital umgewandelt werden. Das könnte ein guter „Trick“ sein, die Sache mit der Enteignung elegant zu lösen. Die Gesellschaft wird nämlich kaum in der Lage sein, das Darlehen zurück zu zahlen. In solchen Fällen ist es möglich, dass der Kreditgeber, hier also der Staat selbst, durch Anteile an der Gesellschaft entschädigt wird. Es scheint also beabsichtigt, auch das könnte man deutlich sagen, über die Treuhandverwaltung quasi diese Kreditlösung zu erzwingen, um dann für zehn Milliarden an wie viele Anteile auch immer heran zu kommen. Ob das rechtlich haltbar ist, werden aber vermutlich auch erst mal Gerichte zu klären haben.

 

Daraus lässt sich aber ableiten, dass die Regierung bereits ein zweistelliges Milliardenrisiko in der Sache sieht, was ganz sicher auch angemessen ist und die Rückzahlung dieses Darlehens gar nicht plant. Es soll vielmehr eingesetzt werden, um zugleich nun den Betrieb zu sichern und den Besitzübergang vorzubereiten. Das ist vielleicht sogar unter allen rechtlichen Vorbehalten ein im Rahmen dieser Zwangslage sehr geschickter Schachzug, aber die Darstellung ist schlicht falsch.

 

Wir sehen hier de facto eine staatliche Subvention des Gaspreises für die Endverbraucher, dessen wirtschaftlicher Nutznießer Russland ist. Ferner besteht die Hoffnung, für diese Subvention möglicherweise wenigstens Teile des Besitzes an der Gesellschaft zu erlangen. So einfach ist das und so sollte es auch klargestellt werden. Nach dem „Tankrabatt“ brauchen wir nicht noch mehr – und in dem Fall auch noch wesentlich höhere – Subventionen des Staates, die wir nicht als solche benennen und diskutieren können.

Dass in dem Fall der Nutznießer unmittelbar Russland ist, lässt sich aufgrund der Abhängigkeiten durch Pipelinegas nicht verhindern. Alternative wäre lediglich, die hohen Preise bis zu den Abnehmern umzuwälzen. Das dürfte aber sogar unmöglich sein, weil da viele weitere Versorger, insbesondere Stadtwerke zwischen hängen und dann in der Breite Millionen private Haushalte mit ihren Gasverträgen. Rein rechtlich wäre das quasi eine Insolvenzwelle, die niemand kontrollieren kann. Es ist daher operativ und letztlich vermutlich auch gesellschaftlich/sozial in Ordnung, dass der Staat an dieser zentralen Stelle eingreift und leider ist es durch die Fehler der Vergangenheit auch kaum billiger zu machen.

 

Gerade die Regierung darf das aber so beschreiben, wie es ist und nicht so eine unglaubliche Falschmeldung herausgeben. Davon haben wir bereits genug, der Staat ist ohnehin gefordert, das zu verhindern und nicht auch noch selbst zu betreiben!

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