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Habeck bereitet den Ernstfall vor

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Diese Maßnahmen sind richtig, aber sie sind auch richtig teuer. Das ist jetzt nicht mehr zu verhindern, zugleich darf der enorme Preis nicht verschwiegen werden, denn er ist die Schlussrechnung unter eine verfehlte Energiepolitik, von der nur wenige ökonomisch profitierten. Jenseits der gebotenen Krisenpolitik sollte auch darüber gesprochen werden, wie die Schlussrechnung zu verteilen ist.

 

Momentan geht es aber zunächst nicht anders, als sie dem Steuerzahler zumindest als Risiko aufzubürden. Auch deshalb gehört zu den – notwendigen – Maßnahmen, Rechenschaft über die Mittelverwendung abzulegen. Wir sehen hier, wie sowohl unser Rechtssystem als auch unsere Marktwirtschaft durch eine jahrzehntelange falsche Politik, aber auch durch falsche ökonomische Entscheidungen der Industrie gefordert werden.

 

Putins Strategie geht leider weiter auf, das gilt es ebenfalls offen einzuräumen. Auch das lässt sich nicht verhindern, muss deshalb aber nicht verschwiegen werden. Russland erhöht schrittweise den Stress im Gasmarkt, ohne sich durch zu große Abschaltungen aus dem Markt zu nehmen. Dadurch steigen die Preise weiter, was trotz der Drosselungen der russischen Lieferungen deren Einnahmen weiter treibt. Das wird sich so fortsetzen und Russland wird auch vorerst der dominierende Treiber der Entwicklung bleiben. Die Abhängigkeiten sind so. Die Russen bereiten vor, dass wir letztlich ganz aussteigen werden und sie machen es leider sehr klug: Ökonomisch pressen sie aus dem Markt heraus, was noch geht und politisch nutzen sie trotzdem das Druckmittel des Versorgungsengpasses.

 

Die steigenden Preise führen nun dazu, dass niemand auf eigene Rechnung zu diesen Preisen Gas einkaufen und speichern will. Die Risiken, zu welchen Konditionen das gespeicherte Gas wieder verkaufbar ist, sind zu groß. Der „Markt“ löst das Problem an der Stelle nicht. Da Industriekunden laut Netzagentur bei Engpässen vor den privaten Haushalten abgeschaltet werden, muss man leider davon ausgehen, dass Unternehmen momentan keinen Anreiz haben, Gas zu sparen. Sie werden vielmehr eher produzieren, was geht, um im Falle einer Abschaltung Lagerbestände zu haben. Das wird je nach Art der Produktion nicht überall gehen, aber wer es kann, wird es tun. Hier verhindert der „Markt“ also die notwendigen Einsparungen.

Daher sollen Einkauf von Gas und dessen Speicherung nun direkt subventioniert werden. Dazu wurden bereits 1,5 Milliarden verwendet, nun kommen 15 Milliarden hinzu. Nicht zu vergessen sind weitere 10 Milliarden, die in die Gasprom Germania fließen. Wir reden also bereits von mehr als 26 Milliarden.

 

Kurzfristig soll ein Gasauktionsmodell hinzu kommen, das vorsieht, Gaskunden eingespartes Gas zugunsten der Einspeicherung abzukaufen. Was das kosten wird, ist noch unklar. Bestenfalls wird es ein Umlagemodell in der Industrie. Ein weiter Anteil kommt aus dem Strommarkt, in dem Gas nun aus der Stromerzeugung weiter heraus genommen wird. Das könnte fiskalisch neutral bleiben, klimaneutral leider nicht, es soll durch Kohlestrom kompensiert werden.

 

Leider wird die Gesamtrechnung nicht nur immer höher, sie wird auch unübersichtlicher. Es ist kaum sachgerecht, hier stets von KfW-Darlehen zu sprechen, ohne zu sagen, ob und wenn ja wer das zurückzahlt. Zunächst fließen diese Mittel in den Gaseinkauf, das ist letztlich die Kausalität dahinter. Das heißt also in Putins Kassen und in diejenigen, die sein Gas schrittweise substituieren, also andere Pipelinebetreiber sowie die LNG-Lieferanten. Nebenbei werden damit die Gasmärkte weltweit in die Höhe getrieben, ein Kollateralschaden, den wir gerne übersehen, andere uns aber sehr übel nehmen werden. Ob man hier weltweit Putin als Verursacher sieht, sollten wir nicht mit Gewissheit annehmen.

 

Diese Darlehen dürften teilweise ausfallen, was für die an Gazprom Germania bereits geplant ist. Andere werden vielleicht zukünftig durch die Gaskunden finanziert, die von den so unterstützten Gesellschaften die Speicherstände konsumieren. Teilweise könnte es auch Stromkunden treffen. Was nicht über die Preise refinanzierbar ist, wird der Steuerzahler zu tragen haben.

 

So richtig und leider notwendig diese Maßnahmen sind – weder unser Rechts-, noch uns markwirtschaftliches System erlauben anderes -, so bedauerlich ist diese Rechnungslegung. Man mag das über Kredite regeln, die bundeseigene KfW mag dafür das beste Vehikel sein, aber es darf nicht passieren, dass hier ein hoher zweistelliger Milliardenbetrag eingesetzt wird, ohne zumindest zukünftig klarzustellen, wer das trägt. Kredit hin oder her, das Geld ist in Kürze zuerst mal weg, weil dafür Gas zu exzessiven Spitzenpreisen eingekauft wird. Leider droht dann eine Refinanzierung durch den Verbraucher über zukünftige Energiepreise sowie ein Rest für den Steuerzahler.

 

Das führt nicht notwendigerweise zu einer gerechten Lastenverteilung, denn „der Verbraucher“ und „der Steuerzahler“ sind ziemlich große Gruppen, während es in den letzten 20 Jahren vor allem einige kleinere Industriegruppen waren, deren Schlussrechnung hier zu bezahlen ist. In der Energiepolitik der letzten Jahrzehnte sind so viel teure Fehler gemacht worden, dass es aus sehr vielen Gründen notwendig ist, die Rechnungslegung endlich transparent zu machen, auch um über die Lastenverteilung sprechen zu können.

Die bisherige Politik lautete leider, die Lasten primär dem privaten Endverbraucher aufzubürden. Das hat zu Energiepreisen geführt, vor allem im Strommarkt, die keiner mehr versteht. Das geht nicht zuletzt zulasten der Reputation Erneuerbarer Energien. Wir brauchen dringend in allen Energiemärkten transparente Preise und eine faire Lastenverteilung. Das ist ein soziales, ökologisches und auch ökonomisches Thema.

 

Es mag rechtlich nicht möglich sein, das Geld von den Profiteuren der Vergangenheit zurück zu holen. Aber auch das sollten wir transparent machen und es nicht über Millionen Gas- und Stromrechnungen der nächsten zehn Jahre verschleiern oder vor dem Steuerzahler irgendwo in der KfW-Bilanz verstecken.

Gerade wer für Marktwirtschaft ist, sollte erkennen, dass sie ohne Transparenz bei Preisen und Finanzen nicht funktioniert. Bei den Energiemärkten gibt es hier ohnehin einiges zu bereinigen und durch diese Schattenwirtschaft wird das nicht besser.

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