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CH: Bundesrat Berset und sein Ausflug nach Frankreich

DMZ –  HISTORISCHES ¦ Chris Steinegger ¦                 

KOMMENTAR

 

Es ist absolut lächerlich, was in den Medien für ein Geschrei abging, weil unser verdienter Bundesrat Alain Berset einen aus meiner Sicht eher harmlosen fliegerischen Faux-pas begangen hat.

 

Auf sozialen Medien äusserten einige bescheidene Gemüter die Meinung, dass ein Bundesrat eine Vorbildfunktion habe und angesichts der Klima- und Ölkrise gar nicht zu fliegen habe. Privat und zum Vergnügen schon gar nicht. Da kamen auch Rücktrittsforderungen auf.

 

Wieso sollte ein Politiker nicht eine Pilotenlizenz erlangen? Das war ja 2009, also lange bevor er Bundesrat wurde. Wenn er Freude an diesem Hobby hat, soll er es ausüben. Niemand hat ihm da irgend etwas vorzuschreiben. Das ist reine Neiderei.

 

Jeder Inhaber einer Pilotenlizenz muss periodisch einen Trainingsnachweis erbringen um den Ausweis zu verlängern. In den letzten 12 Monaten müssen 12 Flugstunden inkl. einer Flugstunde mit einem Fluglehrer erbracht werden. So muss auch BR Alain Berset ab und zu mal einen Flug absolvieren.

 

Zwei, drei Aspekte des Fluges von A.B. möchte ich hier etwas näher beleuchten. Es sind natürlich Mutmassungen, ich war ja nicht dabei. Aber meine fliegerische Erfahrung erlaubt es mir, nachvollziehen zu können, was da in etwa ablief. Ich war Träger einer Berufspilotenlizenz mit Sonderbewilligung für Instrumentenflug, ich hatte damit das Recht ein- und zweimotorige Flugzeuge bis 5.7 Tonnen Abfluggewicht als Kommandant zu steuern. Zudem war ich Fluglehrer. Total habe ich 1'400 Flugstunden und 3'000 Landungen im Flugbuch. Auf der von Herrn Berset geflogenen Cessna 182 habe ich etwa 350 Flugstunden, ich kenne somit das Muster bestens.

 

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Flügen, solche nach Sichtflugregeln (VFR) sowie die nach Instrumentenflugregeln (IFR). Herr Berset war an besagtem Tag bestimmt nach Sichtflugregeln unterwegs, bei bestem Wetter, genau richtig für so einen genussvollen Spazierflug. Für einen Flug ins Ausland muss ein Flugplan an die Flugsicherung übermittelt werden, mit ungefährer Route und Flughöhe, geplanter Abflug- und Ankunftszeit, viel mehr ist nicht notwendig.

 

Es wurde Herrn Berset angekreidet, dass er sich navigatorisch verfranst hat und irrtümlich eine Kontrollzone durchflogen habe. Das ist an sich unbestritten, dennoch muss man verstehen, warum das möglich war. Während man im Instrumentenflug ständig überwacht wird und auch jede Änderung der Funkfrequenz angeordnet wird (z.B. HOTEL BRAVO CHARLIE INDIA NOVEMBER CONTACT FRANCE RADAR FREQUENCY 134.625) so ist man im Sichtflug so gut wie nicht beachtet, solange man sich regelkonform verhält. Die Flugvorbereitung war an diesem Tag wohl ziemlich rudimentär und so wurde vielleicht eben ein geschützter Luftraum nicht beachtet. Es gibt grundsätzlich Kontrollzonen um Flughäfen in welche nur mit Genehmigung der Flugsicherungsinstanz eingeflogen werden darf. Daneben gibt es noch RESTRICTED Zonen, die viellicht zeitlich gültig sind oder PROHIBITED Zonen durch welche zu fliegen absolut verboten ist.

 

Nun gut, Herr Berset hat vielleicht mit der linken Flügelspitze die Kontrollzone tangiert was die französische Airforce veranlasst hatte einen Fighter Jet hochzuschicken. Berichtet wurde, dass Herr Berset auf Funksprüche nicht reagiert hat. Er konnte ja nicht wissen, auf welcher Frequenz ihn eine Stelle kontaktieren wollte. Der Frequenzbereich für Flugfunk reicht von 117,975 bis 137 MHz. Seit Einführung des 8.33 KHz Rasters sind das rund 2'800 verschiedene Kanäle auf welchen gefunkt hätte werden können.

 

Was sich Herr Berset aber vorwerfen lassen muss ist, dass er bei Sichtung des Kampfjets nicht unverzüglich die internationale Notfrequenz 121.500 MHz umgeschaltet hat. Auf dieser Frequenz hat ihn der Jet mit Sicherheit aufgerufen und das Missverständnis hätte bilateral bereinigt werden können, ohne dass die Cessna zur Landung gezwungen worden wäre.

 

Jeder aktive Pilot hat schon mal einen Schnitzer dargeboten, ich schliesse mich da durchaus ein. Das Problem ist, dass Alain Berset Bundesrat ist und dass dieser Vorfall für seine politischen Widersacher natürlich ein gefundenes Fressen war.

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