AT: Pflegeorganisationen alarmiert über Lockerungen der Quarantänevorschriften

DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                          

 

Bodmann: „Verantwortung für Klient*innen zu übernehmen, kommt Pflegeorganisationen teuer.“ IAFW fordert Verlängerung des Kostenersatzes bei Personalausfall aufgrund von Quarantäne.

 

Die am Sonntag auslaufende Quarantänepflicht, die durch Verkehrsbeschränkungen ersetzt wird, stellt Arbeitgeber*innen im Sozial- und Pflegebereich vor immense Herausforderungen, sagt Alex Bodmann, Vorsitzender des Interessenverbands der Arbeitgeberverbände der Freien Wohlfahrt (IAFW): „Die neuen Regelungen sehen vor, positiv getestete Mitarbeiter*innen auch in der Betreuung unserer Klient*innen einzusetzen. Gerade in der Pflege und Betreuung handelt es sich Großteils um ältere, pflegebedürftige Menschen und sehr häufig um Menschen mit Erkrankungen. Personengruppen also, bei denen Corona zu ernsthaften Folgen und im schlimmsten Fall zu Tod führen kann.“ Dies stehe im absoluten Widerspruch zur Fürsorgepflicht, die Organisationen im Pflegebereich zukommt, so Bodmann: „Es ist und bleibt unsere Verantwortung, Menschen, die sich uns anvertraut haben, auch weiter so gut wie möglich vor einer Ansteckung zu schützen.“

 

Unverständnis sowohl bei Trägerorganisationen als auch bei Pflegepersonal

Für Bodmann sind die neuen Regelungen in Anbetracht der Folgen weder nachvollziehbar, rechtfertigbar, geschweige denn umsetzbar, so der Vorsitzende weiter: „Es ist schlicht nicht durchführbar, positiv getestete Mitarbeiter*innen einzusetzen und gleichzeitig sinnvolle Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Dies würde nämlich beispielsweise bedeuten, dass positiv getestete Mitarbeiter*innen nur bei positiv getesteten Klient*innen eingesetzt werden. Das ist weder arbeitsrechtlich durchführbar, noch praktisch möglich, weil es sich ja um ständig wechselnde Situationen, notwendige Dienstplanveränderungen und die Schaffung von entsprechenden räumlichen Voraussetzungen handelt.“ Nicht nachvollziehbar ist auch die Regelung, dass infizierte, symptomlose Sanitäter*innen im Rettungswesen weiterhin beschäftigt werden sollen, ihr Einsatz aber aufgrund des Betretungsverbots von Krankenanstalten de facto unmöglich ist.

 

Auch bei den Mitarbeiter*innen in der Pflege und Betreuung stößt die vorgeschlagene Vorgehensweise auf völliges Unverständnis. Einerseits wollen sie Klient*innen nicht gefährden, andererseits könnten trotz entsprechender Schutzmaßnahmen Ansteckungen auch in der Belegschaft erfolgen. Das würde die bestehende Personalknappheit weiter verschärfen. Bodmann: „Diesen zusätzlichen Druck können wir Kolleg*innen in der Pflege und Betreuung nicht aufbürden. Als Arbeitgeber*innen ist es unsere Pflicht, Orientierung zu bieten. Dies setzt jedoch voraus, dass die Politik Regelungen schafft, die verhindern, dass die Arbeitgeber*innen das volle Risiko tragen.“

 

Pflegeorganisationen fordern Verlängerung des Kostenersatzes

Die Problematik werde letztlich vor allem zu einer finanziellen Herausforderung für Trägerorganisationen. Denn die Bestimmungen zum Kostenersatz von Personalkosten laufen mit 1.8.2022 aus. Demnach müssen die Personalkosten von positiv getesteten Mitarbeiter*innen ab jetzt von den Trägerorganisationen selbst beglichen werden. Bodmann: „Dies trifft Arbeitgeber*innen doppelt. Einerseits müssen sie durch die Neuregelung im Falle eines Krankenstandes eines*einer Mitarbeiter*in aufgrund einer Corona-Infektion das Gehalt weiterbezahlen – eine Leistung, die bis Ende Juli 2022 vom Bund übernommen wurde. Und: Wenn nun Arbeitgeber*innen wirklich verantwortungsvoll agieren und ab 1.8. keine positiv getesteten Mitarbeiter*innen im direkten Bewohnerkontakt einsetzen, sind auch diese Gehaltskosten vom Arbeitgeber zu tragen.“

 

Dies seien in Summe Mehrbelastungen, die Träger nicht selbst tragen können, so Bodmann: „Die entstehenden Kosten durch Corona-Krankenstände und nicht übernommene Kosten für Dienstfreistellungen ab dem 1.8. sind enorm hoch. Die bisherigen Kostenersätze haben die Handlungsfähigkeit der Organisationen aufrecht erhalten, wenn diese jetzt wegfallen, dann wird der ohnehin unter großem Druck stehende Bereich weiter unter Druck kommen. Weitere Einsparungen sind nicht mehr möglich.“ Eine Verlängerung des Kostenersatzes zum Schutz dieser besonders vulnerablen Personengruppen ist somit ein Gebot der Stunde, so Bodmann abschließend.

 

Über den Interessensverband der Arbeitgeberverbände der Freien Wohlfahrt (IAFW)

Im IAFW kooperieren die Arbeitgeberverbände der Caritas (über den „Verein karitativer Arbeitgeber*innen), der Diakonie, des Roten Kreuzes und der Sozialwirtschaft Österreich – also des Verbandes der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen, dem auch die Volkshilfe und das Hilfswerk angehören. Der Verband umfasst über die Mitglieder der Arbeitgeberverbände insgesamt ca. 700 Mitgliedsbetriebe und über 110.000 Arbeitsverhältnisse.

 

Die Mitglieder der Arbeitgeberverbände sind in den Bereichen der Arbeitsmarktpolitik, der Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderung, der psychosozialen Arbeit, der Kinderbetreuung und Kinder‐ und Jugendhilfe, der Beratung und Unterbringung von armutsbetroffenen, obdachlosen und geflüchteten Menschen, dem Rettungsdienst sowie in Gesundheitseinrichtungen, der Pflege und in sozialen Diensten sowie der Bildung tätig. Die Mitglieder arbeiten also überwiegend mit Menschen, die besonders von der COVID-19 Pandemie betroffen sind – sozial und gesundheitlich.

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