RRRrrrr Renners Rasende Randnotiz - Eine kleine Kulturgeschichte des Knoblauchs. Und was dies alles mit Vampiren zu tun hat.

Potrait von Olivia Aloisi
Potrait von Olivia Aloisi

DMZ – KOLUMNE ¦ Alon Renner ¦                        Potrait von Olivia Aloisi 

 

Eine kleine Kulturgeschichte des Knoblauchs. Und was dies alles mit Vampiren zu tun hat.

 

Schon seit dem Altertum als Nahrungs- und Heilmittel bekannt, ist Knoblauch bestimmt eine der faszinierendsten Gemüsesorten der Welt. Zeugnis hiervon legt eine viertausendjährige mesopotamische Steintafel, in der seine Zehen zur geschmacklichen Hervorhebung eines Lammeintopfes gepriesen werden.

 

Was immer Ihr glaubt, das unsere Vorfahren in Steintafeln ritzten, Kochrezepte gehörten ganz offensichtlich auch dazu. Und dann gibt es diesen Abschnitt in einem der ältesten erhaltenen ägyptischen Papyrusrollen, dem Papyrus Ebers, der nicht müde wird, seine medizinischen Vorzüge zu unterstreichen.

 

Da man überdies meint, Zeichen der markanten Knolle in Höhlenmalereien ausgemacht zu haben, glauben einige Historiker*innen, dass die Verwendung des weissen Gewächses schon vor 10 000 Jahren begann.

Herodot, der griechische Geschichtsschreiber aus der Antike, berichtet, dass die Sklaven und Arbeiter, die man für den Bau der Pyramiden einsetzte, eine tägliche Ration von Zwiebeln, Knoblauch und Rettich erhielten. Dies zu ihrer Stärkung und zur Bekämpfung von Infektionen. Auch sollte dieser Imbiss ihre Produktivität steigern. Knoblauch war dermassen wichtig für die Ägypter, dass Knappheit gar zu Streik führen konnte. Nachdem der Nil in einem Jahr überflutete, kam es zu einem Ernteausfall, was einen Aufstand nach sich zog. Denn die Versorgung der unfreiwilligen Belegschaft konnte nicht mehr gewährleistet werden.

 

Und sogar in der Bibel wird dem kleinen Bruder der Zwiebel gedacht. Im vierten Buch Moses erinnern sich die Juden in ihrer vierzigjährigen Wanderschaft durch die Wüste wehmütig an Fische, Gurken und Knoblauch, die sie in Ägypten gegessen haben. Es war aber nicht nur die Einnahme, die im Land der Pharaonen mit Vorliebe genossen wurde, sondern auch dessen Auftrag. Eine Paste aus zerdrückten Zehen, Öl und Salz wurde häufig gegen Aussatz und manch anderes Leiden eingesetzt.

 

Die Untertanen Kleopatras waren aber nicht die einzigen, die im Altertum der würzigen Knolle huldigten. Der ganze Mittelmeerraum schwor auf sie! Und insbesondere bei den Römern und Griechen war sie ebenfalls sehr beliebt. Ja, sogar in Indien, China und dem heutigen Irak durfte sie in keiner Küche fehlen.

Bei den Olympischen Spielen der Antike, auf dem Heiligen Hain von Olympia in der Landschaft Elis, erhielten die Athleten reichlich von dem scharfen Gemüse, um ihre Leistungskraft und die Ausdauer zu stärken. Vor jedem Spiel und vor jedem Wettbewerb wurden den Sportlern die elfenbeinfarbenen Zehen gereicht.

 

Im Mittelalter wurde Knoblauch durch den Anbau in den Klöstern verbreitet. In einer im achten Jahrhundert von Karl dem Grossen erlassenen Verwaltungsordnung wird er als wichtige zu kultivierende Nutzpflanze aufgeführt. Heilung sollte er vor allem bei Bisswunden durch Hunde oder Schlangen, Haarausfall, Hautausschlägen, Lungenleiden und Menstruationsstörungen bringen. Ein interessantes Verfahren zur Zahnschmerzlinderung wurde im 12. Jahrhundert praktiziert: man schmierte sich den Brei zerstampfter Zehen auf die Pulsadern.

 

Zu Zeiten der Pest, im 14ten Jahrhundert, erfuhr die kleine Knolle eine Hochblüte, gehörte sie doch zu den wichtigsten Arzneimitteln, die den Menschen zur Verfügung standen. Man erinnere sich an die wuchtigen Masken mit den langen Schnäbeln, die man damals trug, um sich vor Ansteckung zu schützen. Gar manche dieser Schnauzen waren mit einer durch Knoblauch angereicherten Gewürzmischung versehen.

Im Ersten und auch im Zweiten Weltkrieg ging an vielen Orten das Penicillin zur Behandlung diverser Entzündungen aus. Und was taten die Ärzte? Sie griffen auf den Knoblauch zurück...

 

Heutzutage weiss man, dies wurde in empirischen Untersuchungen nachgewiesen, dass Populationen, die sehr viel Knoblauch essen, in gewisser Weise vor Krebserkrankungen geschützt sind.

Wie Ihr seht, bietet der kleine Bruder der Zwiebel gar mannigfaltige Möglichkeiten der Anwendung. Eine aber haben wir bis anhin noch nicht besprochen:

Der Mythos, dass Knoblauch gut gegen die Bekämpfung von Vampiren sei, führt uns zurück um die Zeit der Geburt Christi. In der Antike und insbesondere im alten Ägypten sprach man ihm nämlich auch die Macht zu, gegen böse Geister wirksam zu sein. Gleiches glaubte die Bevölkerung in Osteuropa. Und dies über Jahrhunderte hinweg. Es herrschte da die weitverbreitete Meinung vor, dass die unscheinbare Knolle ungeahnte Kräfte zur Abwehr von Dämonen und Hexen freisetzen könne. Gleichzeitig Blutreiniger als auch Blutverdünner, besässe das weisse Gewächs genügend Abwehrstoffe, um nach einem Vampirbiss das so befallene Opfer nicht selber in einen Blutsauger zu verwandeln. Und weit besser noch: würde man einem Vampir eine solche Knolle in den Rachen schieben, wäre es ihm ganz unmöglich, der Ausübung seiner täglichen Beschäftigung nachzugehen.

 

So mag es niemanden erstaunen, dass in diesem Kulturkreis Frischverstorbene oftmals mit Knoblauch einbalsamiert und sämtliche Körperöffnungen hiermit reichlich vollgestopft wurden. So liebevoll geschmückt, konnten sie weder von einem bösen Geist befallen, noch von einem Vampir gebissen werden.

Täglich wurden Tonnen von Zehen verdrückt, nur um sicherzugehen, dass sich die armen Vampire den so blutverdünnten Menschen nicht näherten. Eine bessere Marketingidee hätten sich die rumänischen Knoblauch-Bauern gar nicht ausdenken können...

 

Es gibt da eine Krankheit namens Porphyria, die dazu führt, dass sich die Lippen der hiervon Befallenen zurückbilden, so dass man ihr Gebiss besser sehen kann. Auch werden sie lichtempfindlich und reagieren sensibel auf Gerüche und scharfes Essen. Und dann gibt es da noch eine weitere Krankheit, die Lichtempfindlichkeit hervorruft, schäumende Lippen und die Lust, andere zu beissen: Tollwut! Menschen, die von Tollwut befallen sind, entwickeln Essstörungen. Insbesondere, wird von ihnen geruchintensives Essen gemieden. Man sagt ihnen auch nach, dass sie den Blick in den Spiegel meiden... Ob diese Leiden den Ursprung des Glaubens an Vampire bilden, lässt sich nicht sagen, aber plausibel wäre es.

Blutsaugende Insekten, inklusive Moskitos, lassen sich übrigens ebenfalls gut durch die Einnahme von Knoblauch bekämpfen. Ein Zufall? Wer weiss...

 

Hat Euch meine Kolumne gefallen? Nächste Woche widmen wir uns einem neuen Thema.

Ganz liebe Grüsse – Euer Alon

 

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