RRRrrrr Renners Rasende Randnotiz - Warum wir träumen

Potrait von Olivia Aloisi
Potrait von Olivia Aloisi

DMZ – KOLUMNE ¦ Alon Renner ¦                        Potrait von Olivia Aloisi 

 

Es besteht kein Zweifel, dass die Welt in der wir leben, auf der wir gehen und die wir anfassen können, wirklich und real ist. In dieser Welt wachen wir auch dort auf, wo wir uns hingelegt haben. Der Kosmos hingegen, in den wir während des Schlafens abtauchen, ist ein ganz anderer. Da können wir durch Wände gehen, über Städte schweben und mit fliegenden Pferden sprechen. Was ist dies für eine Welt? Ist sie tatsächlich weniger wirklich, als das, was wir mit wachen Augen sehen?

 

Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir mit Schlafen. Und hiervon ganze sechs Jahre mit dem Betrachten eines Bilderflusses, in dem wir zumeist die Hauptrolle spielen. Und nicht nur das, wir tauchen regelrecht in diesen Fluss ein. Wenn wir träumen, werden wir Teil von einem Ereignis, einer Geschichte, einem Geschehen.

 

Träume sind ganzheitliche Erlebnisse, genauso wie diejenigen im Wachzustand. Und obwohl sie nicht in der Realität stattfinden, fühlen sie sich doch gleichartig an. Denn im Traum nehmen wir die Dinge mit allen unseren Sinnen wahr. Wir sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen was uns umgibt. Und das erklärt auch so gut, warum es für manche Menschen schwierig ist, mit den Bildern, die sie im Schlaf durchlaufen, klarzukommen. Und warum Kinder nachts schreiend in ihrem Bett sitzen und weinen. Sie haben noch nicht gelernt, zwischen der Wirklichkeit und einem Alptraum zu unterscheiden.

 

Mit dem Einschlafen, lässt sich eine Veränderung in unserem Körper feststellen. Die Herzfrequenz und der Blutdruck sinken und auch die Spannung der Muskulatur lässt nach. So gelockert und entspannt durchleben wir vier verschiedene Phasen nach einem festen Rhythmus. Die Einschlafphase, die Leichtschlafphase, die Tiefschlafphase und den REM Schlaf. Während einer Nacht wiederholt sich dieser Zyklus mehrfach hintereinander. Und von Mal zu Mal dauern die REM Perioden länger. Zwar träumen wir die ganze Nacht, aber insbesondere während des REM Schlafs werden in unserem Kopfkino besonders lebhafte, realistische und emotionale Szenen kreiert. In dieser Zeitspanne, bewegen sich die Augen unter den geschlossenen Lidern rasch hin- und her. Daher der Name REM (Rapid Eye Movement). Gelegentlich wird diese Periode auch als paradoxer Schlaf bezeichnet, da er Ähnlichkeiten zum Wachsein aufweist. Die Herzfrequenz erhöht sich, das Gehirn wird hochaktiv und zuweilen sogar aktiver als im Wachzustand. Vom Körper erzeugte chemische Stoffe, die uns vorübergehend lähmen, verhindern, dass wir diese intensive Phase ausleben. Also, dass wir aufstehen, herumspringen und versuchen, auf dem Treppengeländer zu tanzen. Dieses Phänomen wird als REM-Atonie bezeichnet. Werden wir in dieser Phase geweckt, können wir uns häufig an Teile unserer Träume erinnern.

 

Sind Träume also geheimnisvolle Hybride, die irgendwo zwischen der realen Welt und der Imagination, der Phantasie liegen?

Der frontale Cortex, das Kontrollzentrum des Gehirnes, ist während des Schlafes kaum aktiv. Ausgerechnet dasjenige Organ, das jeweils einordnet, wo man sich gerade befindet, wie es einem geht, beurteilt, ob das, was um einen herum geschieht, richtig, logisch und sinnvoll ist und dessen Hauptaufgabe darin besteht, mögliche Gefahrenlagen rechtzeitig zu erkennen, steht uns während unserer nächtlichen Abenteuer nicht zur Verfügung.

 

Im Traum ist vor allem derjenige Teil unseres Gehirnes tätig, in dem wir Emotionen verarbeiten und Erinnerungen speichern. Weil unser Zeitgefühl nicht spielt, wir nicht logisch denken und Entscheidungen nicht treffen können, sind Traumwelten äusserst kreativ, um nicht zu sagen, entfesselter, hemmungsloser. Alles wird möglich. Nicht einmal die Erdanziehung hält uns zurück.

 

Über Wasser zu gehen, Verstorbenen zu begegnen oder zu fliegen, sind Dinge, die man in der Realität nicht kann. Gerade das Durchbrechen dieser physikalischen Hindernisse macht das Erleben von Träumen zu einem derartigen Ereignis.

 

Schade nur, dass wir nach dem Augenöffnen unsere Träume oft vergessen. Obwohl sich unser Gehirn doch all die Drehbücher ausgedacht hat. Es gibt jedoch Mittel und Wege, das Erinnern an die nächtlichen Abenteuer zu trainieren. Dabei ist der wichtigste Faktor die Aufmerksamkeit. Und natürlich Zeit und Geduld.

Vor dem Einschlafen nimmt man sich vor, sich an sie zu erinnern und legt auf dem Nachttisch Papier und Stift bereit. Ganz wichtig ist, dass man sich beim Aufwachen das Geträumte gleich nochmals in Gedanken ruft, bevor man es aufschreibt. Weil der seidene Film, je länger man wach ist, in der Regel gleich wieder aus dem Gedächtnis verschwindet.

 

Mit den Träumen sind wir Menschen nicht alleine. Fast allen Tieren geht es gleich. Und auch bei den Oktopussen ist dies nicht anders. Nur nachweisen lässt sich dies nicht ganz so leicht. Deshalb wurden sie mit Kameras beobachtet.

 

Wie ein Chamäleon nimmt der Krake im Wachzustand jeweils die Farbe seiner Umgebung an. Doch in einem bestimmten Stadium seines Schlafes wechselt diese auf einmal völlig unkontrolliert hin-und her. Er träumt vermutlich. Niemand weiss wovon. Wahrscheinlich von Szenen, die er im Alltag erlebt. Seine Farben ändern sich entsprechend dieser Szenen. Das Problem dabei ist, dass er damit seine Tarnung verliert – ein Fest für jeden Feind. Wenn das Träumen aber trotz solcher Gefahren von der Evolution nicht hinweggefegt wurde, liegt doch der Schluss nahe, dass es von Vorteil ist zu träumen. Nur welcher Vorteil soll das sein, wenn es existenzielle Gefahren mit sich bringt? Wozu also träumen wir?

 

Hat Euch die Kolumne bis anhin gefallen? Falls ja, geht es nächste Woche mit der Beantwortung der obigen Fragen weiter.  

 

Ganz liebe Grüsse - Euer Alon

 

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Kommentare: 1
  • #1

    fritze (Samstag, 27 August 2022 20:03)

    mit dem sogenannten "klartraum" oder "luzider traum" gehts noch ein stück weiter..( habe ich übrigens persönlich öfters erleben dürfen!).hier ein link von wikipedia..:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Klartraum

    hoch interessant!