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Stairway To Heaven oder Highway To Hell? – Die Grünen müssen sich entscheiden. 

DMZ – GESELLSCHAFT / POLITIK ¦ Peter Metzinger ¦   

KOMMENTAR

 

"Das Initiativkomitee der SaferPhone-Initiative hat entschieden, die Trägerstruktur für die Initiative neu aufzubauen, damit der Fokus auf dem Inhalt der Initiative liegen kann“, ist auf der Website der SaferPhone Initiative zu lesen. Die Plattform WeCollect stellte gar die Unterschriftensammlung ein – ein bisher einmaliger Vorgang.

 

Es ist noch nicht lange her, dass eine Bekannte dem Schreibenden erzählte, sie traue sich nicht, für 5G einzustehen, denn zu heftig seien dann die Anfeindungen, wie sie sie auch schon erfahren musste. Doch das Blatt scheint sich gewendet zu haben. Was letzte Woche passierte, ist nicht weniger als eine "Erschütterung im Gefüge der Macht“, ausgelöst durch einen Shitstorm von hauptsächlich Twitter-Aktivisten, die sich dagegen zur Wehr setzen, dass die Schweiz auf der Basis von Falschinformationen und Verschwörungsmärchen in die Steinzeit des Internets zurück katapultiert werden soll. 

 

Unter den Aktivisten für Wissenschaft und Aufklärung befinden sich auffallend viele, die sich schon während der Pandemie gegen Falschinformationen und für Evidenz-basierte Massnahmen engagiert hatten. Ganz offensichtlich hat es in der öffentlichen Wahrnehmung einen Wandel gegeben, der dazu führte, dass sich nicht nur Schwurbler und professionelle Desinformateure lautstark zu Wort meldeten, sondern dass auch Teile der schweigenden Mehrheit motiviert wurden, sich aktiv für Wissenschaft und Evidenz zu engagieren, anstatt stillschweigend zu dulden, wie die Errungenschaften der Aufklärung zunichte gemacht werden sollen. Vielleicht können wir den Rückfall ins Mittelalter doch noch verhindern. 

 

Das Initiativkomitee will nun nach eigenen Angaben eine neue Organisation gründen, die die bisherige Trägerorganisation Frequencia ablöst, um die Initiative erfolgreich durch die Fundraising-Phase zu führen und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Initiative zu ermöglichen. Wie wird es nun weitergehen? 

Die SaferPhone Initiative will den "Gesundheitsschutz vor der nichtionisierenden Strahlung (NIS), umgangssprachlicher Elektrosmog genannt, in der Bundesverfassung verankern“. Dies betrifft nicht nur den Mobilfunk: "Bund und Kantone treffen Massnahmen zum Schutz der Menschen, Tiere und Pflanzen sowie ihrer Lebensräume vor technisch erzeugter nichtionisierender Strahlung. Sie sorgen für den Einsatz emissionsarmer Techniken in allen Anwendungsbereichen. Anlagen und Geräte halten den Grundsatz der tiefstmöglich erreichbaren Exposition ein. Die Grenzwerte werden entsprechend diesem Grundsatz geregelt.“ 

 

Für den Mobilfunk und sämtliche anderen Funktechniken (Amateurfunker, Achtung!) wollen die Initianten: "Für Funkverbindungen sind kurze Übertragungsstrecken und eine geringe Exposition Dritter massgebend. Die Versorgung der Wohn- und Geschäftseinheiten mit Fernmeldediensten erfolgt grundsätzlich über das Kabelnetz. Bund und Kantone bevorzugen und fördern den Einsatz von funkfreien Techniken."

 

Damit soll unter anderem erreicht werden, dass Mobilfunkantennen nicht mehr in Innenräume strahlen können. Stattdessen sollen wir unsere Handys nur noch übers WLAN benutzen können und Computer sollen per Kabel mit dem Internet verbunden werden. Wer schon einmal Telefonanrufe mit dem Handy übers WLAN getätigt hat, weiss ein Lied davon zu singen, wie schlecht die Qualität sein kann. 

 

Das alles könnte man gelassen zur Kenntnis nehmen, wenn wir uns darauf verlassen könnten, dass die Politik das Wort „Gesundheitsschutz“ ernst nehmen würde. Denn wenn etwas – wie zum Beispiel Mobilfunk – nicht gesundheitsschädlich ist, braucht es keinen Schutz davor. Wir könnten also Handys, Amateurfunk und andere Anwendungen ohne weiteres benutzen wie bisher. Nebenbei bemerkt: jedes Kabel, durch das Strom fliesst, strahlt! 

 

Es gibt nämlich keinen wissenschaftlichen Beleg für solche Schädigungen. In den drei Jahrzehnten der Nutzung von Mobilfunk ist es nicht gelungen, eine schädliche Wirkung nachzuweisen – erst recht nicht, wenn sich die Strahlung innerhalb der Grenzwerte bewegt, die in der Schweiz obendrein zehnmal schärfer sind, als im Ausland. Krankheitsbilder, die im Ausland zehnmal häufiger oder stärker auftreten, als in der Schweiz, sind ebenfalls nicht bekannt. 

 

Doch leider hat sich in der Pandemie ebenfalls gezeigt – wie auch schon beim Kampf gegen den Klimawandel – dass sich die Politik nicht unbedingt an der wissenschaftlichen Evidenz orientiert, sondern an dem, was Politiker als mehrheitsfähig erachten. Für die Beurteilung dieses Kriteriums zählt dann oft die „Lautstärke“, mit der Forderungen und Behauptungen in die Öffentlichkeit posaunt werden. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass sich die „Jedi-Ritter der Aufklärung" weiterhin für die Fakten engagieren und jeden Versuch,  Falschinformationen über angebliche Schädlichkeit von Mobilfunk öffentlich und gnadenlos mit den Fakten attackieren. 

 

Besonders interessant zu beobachten wird nun sein, wie sich die Grüne Partei positioniert. Wird sie den Spagat schaffen zwischen einer Politik der Wissenschaftlichkeit beim Klimawandel und einer Politik des Aberglaubens beim Mobilfunk oder wird sie sich entscheiden müssen, und wenn ja, wie wird diese Entscheidung ausfallen? 

 

Setzen sich die Mobilfunkgegner und die Anhänger des Elektrosmog-Märchens durch, dürfte der ohnehin schon schwere und seit langem andauernde Kampf gegen die Klimakrise noch zusätzlich erschwert werden. Wer glaubt schon einer Partei, die sich bei einem Thema, das uns alle direkt betrifft, Aberglaube und Falschinformation auf die Fahne geschrieben hat? 

 

Die Grünen müssen sich entscheiden, was ihnen wichtiger ist – der lohnenswerte Kampf gegen den realen, menschengemachten Klimawandel oder der Kampf gegen wissenschaftlich unbewiesene, vermeintliche und nirgendwo zu beobachtende Gesundheitsschädigung durch Elektrosmog. Die Handynutzer werden (sich) merken, wie diese Entscheidung ausfällt, eine Entscheidung zwischen Himmel und Hölle für uns alle. 

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