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AT: Hitzige Debatte über Rolle des Ausschusses und Umgang mit Bürgeranliegen

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

42 Petitionen und Bürgerinitiativen standen heute auf der Tagesordnung des Petitionsausschusses. Die Themenpalette reichte von der Verkehrs- über die Gesundheits- bis hin zur Umweltpolitik.

13 der behandelten Anliegen wurden aufgrund noch ausständiger Stellungnahmen  einstimmig vertagt.

 

Darunter fallen unter anderem die Petition zum Ausbau der flächendeckenden Kinderbetreuung (77/PET), jene zur Anerkennung des Chronischen Erschöpfungssyndroms (80/PET), zu welcher in der vorangegangenen Ausschusssitzung ein Hearing stattfand und eine Bürgerinitiative zur Entlastung der Gemeinde Gries am Brenner vom Transitverkehr (32/BI), bei der eine Stellungnahme der Volksanwaltschaft ausstand. Der Einholung weiterer Stellungnahmen wurde bei elf Bürgeranliegen einhellig zugestimmt. So forderten die Abgeordneten etwa die Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes sowie des Amtes der Landesregierung der Steiermark zu einer Petition, die die Neuregelung der Schülerfreifahrten im Gelegenheitsverkehr fordert (92/PET) oder jene des Klimaministeriums zur Wiedereinführung der Truppenküche in Allensteig (67/PET).

 

Für Diskussionen rund um die Rolle des Petitionsausschusses im parlamentarischen Prozess und den Umgang mit den Anliegen der Bürger:innen an sich sorgten sechs mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zur Kenntnis genommene Petitionen, die somit keine weitere Behandlung in den jeweiligen Fachausschüssen erfahren. Die Opposition ortete darin ein "undemokratisches Vorgehen", wie etwa Ausschussobmann Michael Bernhard (NEOS) ausführte. Als Zeichen des Protests verweigerte die FPÖ sogar ihre Zustimmung zum Sammelbericht des Ausschusses.

 

Mit den Stimmen der Koalition und den Freiheitlichen zur Kenntnis genommen wurde die Bürgerinitiative für eine "menschenrechtskonforme Drogenpolitik" und die Entkriminalisierung von Drogenkonsument:innen (19/BI). Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde eine Bürgerinitiative zur Beendigung aller staatlich angeordneten Corona-Maßnahmen (44/BI). Dem Familienausschuss zugewiesen wurde lediglich die Petition "Metal Health Now – stärkt unsere Jugend!" (90/PET).

 

Überparteiliche Unterstützung für Petition zum Schutz der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

Die Corona-Pandemie habe Schäden an der physischen, aber vor allem an der psychischen Gesundheit vieler Kinder und Jugendlicher hinterlassen. Depressive Verstimmungen, Angstsymptome und Schlafstörungen hätten sich in den vergangenen Monaten verfünf- bis verzehnfacht. Um gegen diese Krise bezüglich der Kinder- und Jugendgesundheit vorzugehen, brauche es nachhaltige und umfassende Maßnahmen, heißt es in der von den Abgeordneten Yannick Shetty, Martina Künsberg Sarre und Fiona Fiedler (alle NEOS) überreichten Petition "Mental Health Now – stärkt unsere Jugend!". Konkret wird gefordert, dass Lehrkräfte im Umgang mit der psychischen Gesundheit der jungen Menschen gezielt geschult werden und das Thema psychische Gesundheit in den Lehrplan integriert wird, um den Schüler:innen grundlegende Techniken des Selbstschutzes und der Selbsthilfe mitgeben zu können. Zudem soll die Zahl an Schulpsycholog:innen und Schulsozialarbeiter:innen stark gesteigert werden, sodass für alle Betroffenen eine entsprechende Versorgung gewährleistet werden könne.

 

Da Kinder und Jugendliche in der COVID-19-Krise besonders gelitten hätten, sei deren psychische Gesundheit ein "Herzensanliegen" für die NEOS sagte Fiona Fiedler (NEOS) und beantragte die Zuweisung an des Ausschuss für Familie und Jugend. Petra Wimmer (SPÖ) stimmte Fiedler zu und forderte mehr Budget und Angebot für die psychologische Gesundheitsversorgung junger Menschen.

Die Bundesregierung könne die in der Petition geäußerten Anliegen nachvollziehen erklärte Heike Grebien von den Grünen und attestierte einen schon lange vorhandenen "eklatanten Mangel" in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Man habe in diesem Bereich zwar bereits den Ausbildungsschlüssel erhöht, doch Verbesserungen könnten nicht von heute auf morgen erwartet werden. Auch Nikolaus Prinz äußerte seine Zustimmung zu der Zuweisung, die mit den Stimmen aller Fraktionen erfolgt.

 

Opposition kritisiert "undemokratisches Vorgehen" der Koalition

Weniger konsensual vollzog sich die Debatte bei mehreren von Oppositionsabgeordneten eingebrachten Petitionen, die mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zur Kenntnis genommen wurden. So geschehen bei der Petition zur Schaffung einer bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage für die Entsorgung von Schwemm- und Treibholz (69/PET), für die Andreas Kollross (SPÖ) einen Antrag auf Zuweisung an den Umweltausschuss stellte. Aufgrund der bereits vorhandenen Stellungnahmen zur Petition sprach sich ÖVP-Mandatar Norbert Sieber hingegen für die Kenntnisnahme der Petition aus.

 

Kollross hielt jedoch gerade aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen eine weitere Behandlung im Umweltausschuss für notwendig, wobei ihm Christian Ries (FPÖ) beipflichtete. Nur weil Stellungnahmen vorhanden seien, bedeute das nicht, dass das Thema erschöpfend diskutiert wurde. Auch Ausschussobmann Michael Bernhard schloss sich seinen Oppositionskollegen an und fragte nach der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit des Ausschusses, wenn nicht mal einfache, praktische Problemstellungen der Bürger:innen darin ausreichend behandelt würden.

 

Weiter zog sich die Diskussion bei der von Christian Ries eingebrachten Petition "Klimaschutz mit Hausverstand: Ohne neue Steuern und undemokratische Bevormundung", die sich gegen das von der türkis-grünen Regierung geplante Klimaschutzgesetz und die damit einhergehenden Maßnahmen richtet (71/PET). Ries forderte dazu eine Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes einzuholen, wurde aber ebenfalls mit einem Antrag auf Kenntnisnahme von der Koalition überstimmt. Dies bezeichnete Andreas Kollross (SPÖ) als "weiteren Tiefpunkt" und "neuen negativen Qualitätssprung" im Petitionsausschuss, da es die Regierungsparteien nicht mal mehr zuließen, weitere Stellungnahmen einzuholen. Michael Bernhard (NEOS) fragte in Richtung ÖVP und Grüne, was diese zu verlieren hätten, wenn sie eine weitere Debatte zulassen würden. Er sprach von einem undemokratischen Vorgehen, das den Parlamentarismus beschneide.

 

Die Thematik prägte auch die Debatte um die Petition mit dem Titel "Flughafenspange: Für eine "Win-Win"-Situation für Trautmannsdorf & Sarasdorf", in der Mitspracherecht der Anrainergemeinden in Niederösterreich bei einer geplanten Bahnstrecke gefordert wird (91/PET) und um die Bürgerinitiative für ein Umdenken in der Drogenpolitik sowie die Entkriminalisierung von Drogenkonsument:innen (19/BI). Nikolaus Prinz (ÖVP) und Hermann Weratschnig (Grüne) betonten, dass eine Kenntnisnahme nicht das Ignorieren eines Anliegens bedeute, zumal diese eingehend diskutiert würden. Am Ende der Tagesordnung äußerte die FPÖ ihren Protest gegen die Praxis der Koalitionsparteien, indem sie dem Sammelbericht des Ausschusses nicht zustimmte.

 

Debatte über Petitionen zu Blackout-Vorsorge und Entlastungsmaßnahmen

Inhaltliche Debatten wurden im Petitionsausschuss etwa zum Thema Blackouts geführt. Eine von Abgeordnetem Alois Kainz (FPÖ) überreichte Petition verlangt ein Förderprogramm für die Blackout-Vorsorge in Österreich, da die meisten Bürgerinnen und Bürger in Österreich nicht auf einen solchen Fall vorbereitet seien (81/PET). Gefordert werden daher ein Förderprogramm für die private Vorsorge, die Entwicklung von Strategien für Vorgehensweisen im Falle eines Blackouts auf Gemeinde- oder Bezirksebene, eine verständliche Kommunikation dieser Szenarien und Zuständigkeiten an die Bürgerinnen und Bürger sowie eine gesamtstaatliche Koordinierung von Bund, Ländern und Gemeinden für den Krisenfall.

 

Christian Ries (FP) betonte, dass auch die bereits eingeholten Stellungnahmen die Notwendigkeit einer solchen Vorsorge unterstreichen würden. Eine bessere Koordination zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sei wünschenswert. Robert Laimer (SPÖ) äußerte seine Unterstützung für die Petition und sagt, dass die Blackout-Vorsorge als "gesamtstaatliche Agenda" begriffen werden müsse. Prävention käme vor Reaktion.

 

ÖVP-Mandatarin Andrea Holzner verwies auf den Österreichischen Zivilschutzverband, der seit jeher eine wichtige Rolle bei dieser Thematik spiele und auch regelmäßig Fördermittel vom Innenressort zur Verfügung gestellt bekomme. Da dieser viele der in der Petition angeführten Forderungen abdecke, stellte sie den Antrag auf Kenntnisnahme, der mit den Stimmen der Koalition angenommen wurde.

Aus Anlass der hohen Inflationsrate, steigender Energiepreise und einer anhaltenden Teuerung im Lebensmittelbereich fordert eine von Christian Ries (FPÖ) überreichte Petition (88/PET) sofortige Entlastungsmaßnahmen. Die explodierenden Energie- und Treibstoffpreise würden eine massive Belastung für die Bevölkerung darstellen, insbesondere Pendlerinnen und Pendler, die auf die Benutzung eines Kfz angewiesen seien, weil sie mangels Alternativen nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen können, seien in ihrer Existenz bedroht. Zudem würden Nahrungsmittel immer teurer werden und auch das Wohnen wäre bald unleistbar. Deshalb brauche es eine massive Steuersenkung auf Benzin und Diesel, eine signifikante Erhöhung des Pendlerpauschales, eine sofortige Streichung der CO2-Abgabe, eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Gas und Strom, signifikante Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer:innen, eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, einen konsequenten Einsatz der Bundesregierung auf EU-Ebene gegen weitere gemeinsame Schuldenaufnahmen sowie eine Evaluierung der Sanktionen gegen Russland, da diese negative finanzielle Auswirkungen auf die österreichische Bevölkerung haben würden.

Ulrike Fischer von den Grünen erklärte, dass die Bundesregierung angesichts der massiven Teuerung nicht nur rasch, sondern auch umfassend geholfen habe. Drei Antiteuerungspakete, der Klimabonus, die Erhöhung der Familienbeihilfe sowie die Unterstützung energieintensiver Unternehmen seien nur einige der Maßnahmen, die die Bundesregierung gesetzt habe. Insgesamt werde bereits "doppelt so viel geholfen", wie in der Petition vorgeschlagen sei. Daher stellte sie den mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommenen Antrag auf Kenntnisnahme.

 

Alle neu eingelangten Anliegen wurden im Rahmen einer Einlaufbesprechung von den Abgeordneten behandelt. Diese thematisierten unter anderem eine Spritpreisbremse (95/PET), die Verfügbarkeit von Notärzt:innen (100/PET) und die Bereitstellung einer rein pflanzlichen Verpflegungsoption im Verteidigungsministerium (46/BI).

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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