UK sollte ganz Europa eine Warnung sein

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Die Regierungen Europas sollten die Euro-Krise nicht verdrängen. In den Jahren ab 2010 war es nur der Größe des Währungsraums und der gemeinsamen Notenbank, der zweitgrößten auf der Welt, zu verdanken, dass es nicht zu einer ernsten Staatsfinanz- und Währungskrise kam.

 

Diese Krise und die damit verbundene Notenbankpolitik sind keineswegs beendet, vielmehr sind die Staatsschulden in vielen Ländern weiter kritisch und die Notenbank ist nicht frei handlungsfähig.

 

Wie schnell das eskalieren kann, wenn eine Volkswirtschaft strukturelle Probleme hat und die Regierung eine vollkommen unglaubwürdige Finanzpolitik – hier Steuersenkungen plus Schuldenausweitung für Konsumausgaben – macht, sieht man in UK. Die Finanzmärkte haben das Pfund und die Staatsanleihen binnen weniger Stunden auf Talfahrt geschickt. Exemplarisch das Chart einer 30jährigen Anleihe, deren Wert sich kurzfristig halbierte. Die Erholung ist ganz alleine der britischen Notenbank zu verdanken, die sofort in den Markt eingegriffen hat und Staatsanleihen kaufte.

 

Genau so stützt die EZB seit 2010 auch die europäischen Staatsanleihen. So etwas wie einen „Marktpreis“ gibt es seitdem nicht mehr. In UK wird es nun sehr spannend, ob das so weiter funktioniert. Land und Währung sind zu klein, um dauerhaft mit selbst gedrucktem Geld zu existieren. Die Regierung hat ihre Steuerpläne entsprechend kassiert, sie scheint zu erkennen, welche Spirale sie in Gang gesetzt hat. Ob die durch Interventionen der Notenbank und durch eine Rücknahme der Steuersenkungen aufzuhalten ist, muss sich aber erst noch zeigen. Wie in dem Szenario eine weiter eskalierende Inflation zu vermeiden sein soll, ist kaum ersichtlich. Das ist leider ein klassisches Szenario aus Währungskrise, Inflation und Rezession, welches wir aus Entwicklungs- und Schwellenländern bestens kennen. Es klopft in Europa an die Tür, niemand sollte sich da etwas vormachen.

 

Das ist für den Euro-Raum und seine Regierungen hoffentlich Warnung genug. Der Euro ist größer als das Pfund, der verbundene Wirtschaftsraum bedeutender und insgesamt nicht so angeschlagen wie die britische Volkswirtschaft. Aber unverwundbar ist er nicht – und alle Fans von kleineren nationalen Volkswirtschaften sollten ihre Träume begraben. Der Brexit ist ein gefährliches Abenteuer – leider für ganz Europa.

 

Der Euro-Raum wird seinen Schuldenstand wieder ausweiten müssen, das ist unvermeidbar. Seine Stabilität wird aber davon abhängen, ob die Schulden verwendet werden, um die strukturellen Ursachen der Krise zu beseitigen. Danach sieht es angesichts der weit verbreiteten „Wummspolitik“ leider nicht aus!

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