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Covid-Schutzmassnahmen an Schulen: Schulleitung beantwortet Fragen besorgter Eltern nicht

DMZ –  GESUNDHEIT / WISSEN ¦ Lena Wallner ¦           

KOMMENTAR

 

Durch die Coronapandemie hat das Thema der Lüftung von Schulen und Klassenräumen deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Leider mit sehr geringer Wirkung. Kaum eine Schule, hat die bald drei Jahre als Chance gesehen, die Schulzimmer sicher zu machen. Auch diverse Studien, die beweisen, dass effiziente Lüftungssysteme die Übertragung von Covid-19 (und anderen Viren) in Schulen um mehr als 80 Prozent reduzieren können. Ein Experiment z.B., das von der Denkfabrik Hume Foundation beaufsichtigt wurde, verglich die Coronavirus-Ansteckungen in 10.441 Klassenzimmern in der italienischen Zentralregion Marken*. Das Experiment wurde zwischen September 2021 und Januar dieses Jahres durchgeführt. Edith Leibundgut von "Kinder schützen - jetzt! sagte uns bereits vor Monaten: "Die Fallzahlen explodieren, Kinder werden aufgrund ungenügender Schutzmassnahmen in Schulen, Kindergärten und Kitas durchseucht. Impfdurchbrüche mehren sich bei Eltern und Betreuungspersonen, Intensivstationen sind teilweise an der Belastungsgrenze und viele Familien sind es in Sorge um ihren Nachwuchs längst auch!". Daran hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Es wird laufend schlimmer. Trotzdem stellen sich Schulen quer und ignorieren Anfragen und Fragen von Eltern geflissentlich.

 

Bereits im Oktober 2020 haben wir gewarnt, dass Kinder und somit Schulen durchaus Treiber der Pandemie sind. Bereits damals stand fest: "Schulen gehören durchaus zu den relevanten „Infektionsumfeldern“. Elf Prozent der nachvollziehbaren Infektionsketten beginnen dort." Und was ist an den Schulen in der Zwischenzeit geschehen? Fast drei Jahr und zig tausende Artikel, x Studien und Erfahrungswerten später? Praktisch nichts!

 

Schulleitung der Sekundarschule Hagen/Watt bleibt Antworten schuldig

Letzthin ist erneut eine Diskussion entbrannt (in diesem Fall auf Twitter), bezüglich der Fragen von besorgten Privatpersonen an eine Schulleitung in der Schweiz, die diese einfach unbeantwortet liess. Wir schalteten uns ein und kontaktierten die Schulleitung der Sekundarschule Hagen/Watt ebenfalls.

Dies auch, weil die Zahlen aktuell explodieren und sich eine Katastrophe anzubahnen droht. Letztlich aber auch deshalb, weil es sehr gut verständlich ist, wenn besorgte Eltern Antworten haben wollen. Wir baten die Schulleitung, uns mitzuteilen, wieso sie die Fragen der Eltern ignoriert und baten darum, doch wenigstens uns diese Fragen zu beantworten:

  1. Wie werden konkret Schüler und Lehrer geschützt?
  2. Was sind die konkreten Massnahmen für den Herbst und Winter?
  3. Gibt es Co2-Sensoren, Feinstaubsensoren, oder sind solche geplant?
  4. Falls nein, wieso nicht? Falls ja, ab wann?
  5. Werden mobile Luftreiniger in Einsatz gebracht?
  6. Ist Frischluftzufuhr mit Wärmetauscher ein Thema?
  7. Selbstbaugeräte gibt es ebenfalls für alles - ist das eine Option?
  8. Was ist der konkrete Plan, um die Schülerinnen und Schüler, deren Familien und die Gesellschaft zu schützen?

Aber auch wir stiessen auf Granit und erhielten die exakt gleiche Antwort, wie bereits Tage zuvor an die Eltern versandt wurde.

 

"Danke für Ihre Anfrage. Die Schulen Illnau-Effretikon unternehmen  das aus unserer Sicht Notwendige und Machbare, um die unterschiedlichsten Anforderungen und Vorgaben bestmöglich umzusetzen.

Auf einzelne Fragen gehen wir nicht weiter ein."

 

Ein Armutszeugnis für eine Schule, für die Gemeinde, die die Bedürfnisse und vor allem die Sicherheit der Bevölkerung offenbar als nicht sehr wichtig erachten.

 

Mehrwert Lüftungssystemen

Dabei vergessen solche Schulen ganz einfach auch, dass nicht nur Ansteckungen massiv reduziert werden, sondern durch installierte Lüftungen auch eine permanente Luftzirkulation gewährleistet ist. Sie bringen auch im Sommer Kühlung, sind geräuscharm und führen zu einer gleichmässigen Temperatur im ganzen Raum. Die Lüftungen verhindern zudem verbrauchte Luft im Klassenzimmer und erhöhen so auch die Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Das ausgerechnet Schulen hier nicht tätig werden ist im Grunde genommen eine absolute Schweinerei. Es wird fahrlässig mit Menschenleben gespielt.

 

Auch für die Genfer Virologin Isabella Eckerle geht die Schweiz zu nachlässig mit der heftigen Corona-Welle an den Schulen um, wie sie ausführlich bereits im September 2021 im Interview mit dem Tagesanzeiger darlegte. In den Sommerferien hätten es die Kantone verpasst, die Schulen auf die Delta-Variante des Coronavirus vorzubereiten. Das Problem habe sich seit Monaten abgezeichnet. Damit sagt die Virologin allerdings nichts Neues, umso erschreckender aber, das bisher nichts geschehen ist, trotz der xfacher Warnungen von Experten aus der ganzen Welt.

 

Andere Länder würden nicht so unbekümmert handeln, sagte Isabella Eckerle und sprach sich für diverse Massnahmen aus – etwa für wiederholtes Testen, CO2-Sensoren oder Masken in Schulzimmern. Isabella Eckerle warnte vor den Langzeitfolgen und anderen Komplikationen, welche die Medizin noch nicht kennt.

 

Einschätzungen "BildungAberSicherCH" vom 2021, die nach wie vor aktuell sind

"Der Verein BildungAberSicherCH wurde im Dezember 2020 mit dem Ziel gegründet, Kindern in der Pandemie eine Bildung mit reduziertem Infektionsrisiko zu ermöglichen. Wir versuchen das Bewusstsein in der Bevölkerung zu wecken, dass Kinder auch an Covid19 erkranken und vom Pädiatrische multisystemische inflammatorische Syndrom (PIMS) und LongCovid[1] betroffen sind. Mit Hilfe von Masken, CO2-Monitoring, Lüften und Luftfiltern kann das Infektionsrisiko gesenkt werden.

 

Im Dezember 2020 war der Tenor der Politiker, Mediziner und Entscheidungsträger: Kinder sind nicht ansteckend, gefährden weder sich noch andere und sind nicht Treiber der Pandemie. Die Datenlage [2], [3] zu diesen Themen waren zu diesem Zeitpunkt sehr dürftig und die Folgen einer Infektion mit Covid19 schwierig abzuschätzen, da Kinder zu diesem Zeitpunkt kaum getestet wurden. Die Vorstandsmitglieder waren sich aber basierend auf ihren beruflichen und persönlichen Erfahrungen sicher, dass das Bild der Regierung vom «unverwundbaren Kind» nicht stimmen kann. Ein Blick in die Basisdaten der Entscheidungsträger zeigt, dass diese sich vornehmlich auf die erste Datenerhebung einer einzelnen Studie [4] abgestützt haben. Durch eine internationale Vernetzung und Dank den vielen sehr engagierten WissenschaftlerInnen im In- und Ausland konnte sich der Verein ein Bild auch ausserhalb des Wunschdenkens der Schweizer Regierung erarbeiten. Die Datenlage zeigte mit zunehmender Dauer immer klarerer, dass Kinder Teil der Pandemie sind, sich infizieren, das Virus übertragen und unter Langzeitfolgen leiden können [5], [6]. Sie waren zu Beginn der Pandemie weniger von schweren Verläufen betroffen. Aktuell erhärtet sich die Vermutung, dass sich auch dieses Wunschdenken der Schweizer mit der Deltavariante in Luft auflösen wird.

 

Mit der Einführung von Reihentests und Masken zeigte der Bund, dass er die Rolle, der über 12-Jährigen ernst nahm. Dass diese Altersgruppe sich impfen kann, ist eine weiterer Schritt. Die Rolle in der Pandemie und der Schutz der unter 12-Jährigen wurden aber weiterhin ignoriert. Das ständige Herunterspielen der Rolle der Kinder in den Medien war und ist eine Zerreißprobe für sehr viele Eltern, die im Endeffekt das Beste für ihre Kinder möchten und sich, indem die Regierung ständig an die Eigenverantwortung appelliert, in einer Situation befinden Entscheidungen zu treffen, die sie mit ihren Kompetenzen so nicht machen können. Als kurz vor den Sommerferien 2021 entschieden wurde, dass die Maskenpflicht fällt, war für uns als Verein klar, dass wir uns wieder vermehrt zu Wort melden und auf die Tatsache aufmerksam machen müssen, dass die Schweizer Regierung ihre Entscheidungen nicht auf Evidenzen, sondern auf politischen Partialinteressen basierend fällt.

 

Die internationale Datenlage [7], [8]spricht aktuell eine deutliche Sprache bezüglich Infektionen bei Kinder. Fehlende Schutzmaßnahmen in den Schulen und die aktuelle Entwicklung der Infektionen bei den jungen Erwachsenen lässt auch in der Schweiz nichts Gutes für die Kinder vermuten, wenn sie ohne Schutzmaßnahmen in Schulzimmern verweilen. Auch wenn sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sehr schwer damit tut, die Tatsache zu akzeptieren, dass das Virus durch Aerosole übertragen wird, erhärten sich die Hinweise, dass dem so ist. Sich weiterhin in einer beobachtenden Haltung uneinsichtig den Tatsachen zu verneinen, wird am Endresultat nichts ändern.

 

Die neueste Studie mit Schweizer Beteiligung von Jennifer Villers et al [9] kommt zum Schluss, dass die Transmission über Aerosole in den Schulen mit einer Kombination aus Lüften, Masken und HEPA-Filtern effektiv reduziert werden kann. Weitere Massnahmen wie Abstand halten, Hygiene, Testen, Contact Tracing und Impfen werden ebenfalls genannt.

 

Die fehlenden Maßnahmen in den Schulen sind Angesichts der Tatsache, dass der Impfstoff von Pfizer für unter 12-Jährige noch dieses Jahr von der FDA geprüft wird und die Durchimpfungsrate bei den Erwachsenen zu wünschen übriglässt, unverständlich. Sie zeigen den fehlenden politischen Willen Kinder zu schützen, auch wenn sie bis anhin wenig schweren Verläufe hatten und es auch nur wenige Todesfälle in dieser Alterskategorie zu beklagen gab [10].

 

In vielen Kantonen sind die bis vor den Sommerferien erfolgten Reihentests ausgesetzt worden. Durch das fehlende Monitoring befindet sich die Schweiz in einem Blindflug und kann erst reagieren, wenn die Kinderspitäler überfüllt sind. Dies ist deutlich zu spät und es bleibt uns allen zu wünschen, dass wir dieses Szenario umgehen können.

 

Wir haben eine grosse Auswahl von Massnahmen, welche alle das Infektionsrisiko senken. Wollen wir in der Schweiz die Schulen offenlassen, müssen wir von diesen Massnahmen Gebrauch machen: Hygiene, fixe Gruppen, Luftqualität durch Lüften, Monitoring mit CO2-Sensoren [11], [12] und Luftfilter verbessern, Maskenpflicht [13] sollten zum Einsatz kommen. Unbürokratische Sonderlösungen für Kinder aus Risikofamilien, indem die Präsenzpflicht ausgesetzt werden kann, sowie obligatorische Pool Tests in Kombination mit Quarantäne würden eine glaubwürdige Strategie ergeben.

 

Die Mehrheit der Politiker sieht sich nicht in der Verantwortung sich für den Schutz der Kinder einzusetzen. Einer der löblichen Ausnahmen ist Martin Bäumle von der GLP, der mit seiner Interpellation vom 5.5.21 den Bundesrat über die fehlenden Massnahmen in den Innenräumen aufgeklärt hat [14].Des Weiteren hat die Gruppe ProtectTheKids (https://act.campax.org/petitions/protectthekids) hat eine Petition eingereicht und die SPZürich hat sich ebenfalls für eine Petition entschieden (https://spkantonzh.ch/aktuell/medienmitteilungen/es-braucht-tests-und-luftfilter-in-allen-zuercher-schulen/). Nichts tun und beobachten ist in Anbetracht der rollende Welle Nr. 4 keine Option! Was wissenschaftlich erarbeitet wurde sollte seinen Eingang in die politischen Entscheidungen finden. Die einzige Kurve, die im Moment ein exponentielles Wachstum haben sollte, ist die Lernkurve der Entscheidungsträger- und zwar in die richtige Richtung."

 

Literatur

 

  1. https://linktr.ee/LongCovidKids

  2. https://sciencetaskforce.ch/policy-brief/the-role-of-children-and-adolescents-0-18-years-of-age-in-the-transmission-of-sars-cov-2/

  3. https://sciencetaskforce.ch/policy-brief/empfehlungen-fur-tests-und-quarantanen-bei-kindern/

  4. Seroprevalence and immunity of SARS-CoV-2 infection in children and adolescents in schools in Switzerland: design for a longitudinal, school-based prospective cohort study CiaoCorona
    https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.08.30.20184671v1
    https://twitter.com/AerniWyss/status/1356493746582523912
    https://twitter.com/EberhartSusanne/status/1356517957191557124
    https://twitter.com/AerniWyss/status/1417781803176259589

  5. Repeated seroprevalence of anti-SARS-CoV-2 IgG antibodies in a population-based sample https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.05.02.20088898v1

  6. Estimating infectiousness throughout SARS-CoV-2 infection course, https://science.sciencemag.org/content/373/6551/eabi5273

  7. Association of Age and Pediatric Household Transmission of SARS-CoV-2 Infection, https://jamanetwork.com/journals/jamapediatrics/fullarticle/2783022

  8. https://twitter.com/Cleavon_MD/status/1422303133972242444

  9. SARS-CoV-2 aerosol transmission in schools: the effectiveness of different interventions https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.08.17.21262169v1

  10. Pre-activated antiviral innate immunity in the upper airways controls early SARS-CoV-2 infection in children, https://www.nature.com/articles/s41587-021-01037-9

  11. https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/saubere-luft-eine-klasse-aus-obersiggenthal-entwickelt-ein-co2-messgeraet-fuers-schulzimmer-ein-halbes-jahr-haben-sie-daran-getueftelt-ld.2174440

  12. https://makehumantechnology.org/dokumentation/co2-ampel/

  13. https://www.wsj.com/articles/masks-children-kids-covid-virus-transmission-11629439686?redirect=amp#click=https://t.co/mPhzMg1YQJ

  14. https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20204122

 

 

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