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Die Leistungsdaten zu Windkraftanlagen sind oft grob falsch

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Da gerade wieder alle möglichen wilden Daten und Zahlen über Windkraftanlagen, deren Untauglichkeit, die Kosten, den Flächenbedarf oder grober Quatsch zur „Energiedichte“ die Runde machen, habe ich eine ganz simple kleine Kalkulation zur Orientierung angefertigt.

 

Was die Autoren von schlechten Büchern, mäßigen YouTube-Vorträgen und noch schlechteren Scocial Media Kommentaren gerne übersehen, ist der technische Fortschritt von Windenergieanlagen. Es wird nämlich gerne mit Durchschnittswerten über den Bestand von derzeit ca. 30.000 Anlagen in Deutschland gearbeitet, von denen aber nur 5% aktuell sind. Wir haben den Ausbau nun mal über mehr als ein Jahrzehnt verschleppt und jetzt wird der technisch veraltete Bestand auch noch genutzt, um die Potenziale runter zu rechnen. Wobei selbst diese Daten oft grob falsch sind, aber das nur nebenbei.

 

Kurz zu meinem kleinen Tabellchen, das keinesfalls den Anspruch einer Analyse erhebt, sondern im Gegenteil eine Berechnung darstellt, die bewusst so simpel ist, dass jeder sie nachvollziehen kann. Eine aktuelle WKA hat nämlich eine Nennleistung von 6 Megawatt. Das ist ca. zehn- bis fünfzehn Mal besser als der Altbestand erster Generation und schon daran wird man erkennen, wie grob falsch es ist, mit alter Technik zu rechnen. Nun gibt es bekanntlich „Dunkelflauten“, oh weh oh weh. Die Anlagen erreichen also diese Nennleistung nicht. Das ist – Überraschung – in der Energiewirtschaft bekannt.

 

Der tatsächliche Ertrag der Anlagen hängt sehr stark vom Standort ab. Hier werden grob vier Kategorien unterschieden, die in der Tabelle aufgeführt sind. Die unterscheiden sich nach Anzahl der rechnerischen Volllaststunden pro Jahr. Das reicht vom Binnenland bis zur hohen See. Eine aktuelle 6 MW-Anlage erzeugt demnach je nach Standort zwischen 10,8 und 27 GWh pro Jahr. Um ein Großkraftwerk, das im Mittel eine Nennleistung von 1GW hat, zu erreichen, werden also je nach Standort zwischen 300 und 800 Windkraftanlagen benötigt. Um unseren (heutigen) mittleren Tagesbedarf an Strom vollständig zu erzeugen, würden zwischen 20.000 und 50.000 Anlagen benötigt. Diese Daten nur zum Vergleich, das ist kein „Plan“.

 

Auch zu den Kosten gibt es wilde Aussagen und hier habe ich daher mal ausgerechnet, was so eine Anlage über ihre erwartete Lebenszeit von 20 Jahren an Strom produziert und welche Kosten pro KWh auf die Anlage selbst entfallen. Das ist ebenfalls ausgesprochen grob gerechnet, denn die tatsächlichen Kosten entstehen auch durch Pacht für das Land, Wartung und Betrieb. Außerdem habe ich hier mit dem aktuellen Durchschnittswert von 6 Mio für eine Anlage gerechnet, der aber je nach Standort und Aufwand beim Bau (offshore!) abweichen kann. Gleichwohl ist mit dieser „Daumenrechnung“ zu erkennen, dass hier so etwas wie Basisproduktionskosten von 1,1 bis 2,8 Cent pro KWh entstehen. Das ist also sehr günstig.

 

Dieses Rechenspielchen ist wie gesagt keine Analyse. Die tatsächliche Leistung variiert je nach Standort noch viel stärker, die Kosten können stark nach oben oder unten abweichen, die Betriebsdauer entwickelt sich derzeit eher in Richtung 30 Jahre. Eine Planung über Jahrzehnte ist das ohnehin nicht, denn es werden weitere Fortschritte bei der Technologie erwartet, die zwar nicht mehr um Faktor zehn oder mehr liegen werden, aber eine weitere Verdopplung oder Verdreifachung der Leistung wird erwartet, teilweise existieren solche Anlagen bereits. Die Kosten sind übrigens momentan ausgesprochen hoch, Lieferketten, Rohstoffe etc. Hier wird eine Beruhigung erwartet. Kurz: Selbst diese Berechnung ist viel zu negativ, die Werte sind deutlich besser zu erwarten.

 

Das Ganze ist ein rein theoretisches Spielchen, denn niemand plant, unseren kompletten Energiebedarf aus Windkraft zu erzeugen. Das wird ja auch gerne behauptet, ich will damit nur das Potenzial aufzeigen, denn wir bräuchten – es gibt ja bereits 30.000 Anlagen – dafür keinesfalls eine „Verspargelung“ des ganzen Landes, das ist einfach nur falsch. Richtig ist, dass bis zu 60.000 Anlagen angestrebt werden und die werden einen wichtigen Teil unserer zukünftigen Energieversorgung leisten, nicht mehr, nicht weniger. Dabei hat der Ausbau mit neuen Anlagen dieselbe Bedeutung wie das sogenannte Repowering, also der Ersatz der Altanlagen.

 

Wir werden je nach Szenarien – hängt vom Grad der Elektrifizierung ab – unsere Stromproduktion um Faktor zwei bis drei zu erhöhen haben. Die Relation zum heutigen Tagesbedarf ist also nicht so zu verstehen, dass eine komplette Versorgung mit selbst produziertem Wind möglich oder anzustreben sei. Niemand plant die Versorgung der Zukunft ohne Kraftwerke, niemand übersieht die Notwendigkeit von Speichertechnologien oder auch von Importen. Ferner erkennt man an den großen Differenzen in der Ausbeute, dass es nicht anzustreben ist, ineffiziente Anlagen an ungünstigen Standorten zu errichten. Das passiert im aktuellen Marktgeschehen leider, weil die Preise rechnerisch jeden Unfug ermöglichen, aber ich persönliche sehe das mit keiner Freude. Diese Anlagen sollten nur da errichtet werden, wo der Ertrag über 2.000, besser 2.500 Volllaststunden beträgt und daher haben wir nach meiner persönlichen Meinung schon heute zu viel an den falschen Standorten. Kann man auch anders sehen, aber ich finde, wir sollten mit allen Ressourcen besser umgehen, auch mit diesen.

 

Da das gerne gegeneinander ausgespielt wird: Es gibt in der Wissenschaft keinen Dissens zur Kernkraft, denn man kann das mit oder ohne planen. Es gibt Gründe dafür oder dagegen, keine seriös arbeitende Quelle sagt über die jeweils andere Position, die sei falsch. Das ist eine politische Entscheidung. Ebenso gibt es in der Wissenschaft keine Position, die diesen alten, aus welchen Gründen auch immer wiederbelebten Streit von Erneuerbaren gegen Kernkraft stützt. Sinn macht die Kombination aus Erneuerbaren und Kraftwerkstechnologie, wozu Kernkraft zählen kann oder auch nicht. Selbst der französische Präsident sagt nichts anders, wird aber dauernd falsch zitiert – bei uns.

 

Ich will mit diesem Rechenspielchen also nur kurz plausibilisieren, dass viele Aussagen über Windenergie offenkundig falsch und leicht zu widerlegen sind. Die Technologie hat eine erhebliche Erzeugungskraft bei einem vertretbaren Flächen- und Ressourcenaufwand. Alles andere sind wilde Gerüchte, falsche Daten oder Dinge („Energiedichte“), die schlicht irrelevant sind.

 

Das gehört zu den vielen Aspekten einer – oft absichtlich – fehlgeleiteten Debatte über das wichtige Thema, welche politischen Entscheidungen wir für eine Energieerzeugung mit endlich mal so etwas wie Zukunft treffen wollen.

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