· 

Das deutsche Wirtschaftsmodell kommt unter Druck – Zeit, es zu diversifizieren

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

 

Es ist schon erstaunlich, wie viele Ökonomen fordern, es müsse unbedingt „gerettet“ werden, sei es durch Gespräche mit China, Sicherstellung billiger Energieimporte sowie mehr oder weniger deutlich durch Verzicht auf die Sanktionen gegen Russland.

 

Das ist hilflos und strategisch unklug. Die jüngsten Zahlen zeigen die Anfälligkeit, die nun erstmals seit zwei Dekaden zum tragen kommt: Vor zwei Tagen kamen die Exportzahlen für September (Chart 1) und heute nun die Auftragseingänge (Chart 2).

 

Kurz zusammengefasst: Der Handel mit unserem wichtigsten Partner – das ist nicht China, es sind nicht die USA, es ist die EU – geht zurück, weil Europa insgesamt in eine Rezession rutscht. Der Handel mit unserem zweit wichtigsten Partner, China, geht zurück, weil die mindestens an Dynamik verlieren, ggf. ebenfalls auf eine Rezession zusteuern. Der Handel mit den USA steigt sogar, was aber die sonstigen Rückgänge nicht kompensieren kann. Die Auftragseingänge deuten zudem an, dass der Trend sich verstärken wird. Angesichts der Dollar-Stärke, die eine unmittelbare Subvention für unsere Exportindustrie jenseits der Euro-Zone ist, sind das keine guten Daten.

 

Dazu gehört auch, dass die Inlandswirtschaft ebenfalls schwächer wird. Das liegt sicher auch an den Kaufkraft vernichtenden Energiepreisen sowie an den eingetrübten Zukunftsaussichten der Konsumenten, aber es liegt nun mal stets in Deutschland am Exportmotor, der letztlich auch unsere inländische Wirtschaft maßgeblich mitbestimmt.

 

Experten warnen seit Jahren vor dieser strategischen Monokultur einer Exportwirtschaft, die nun durch Probleme der wichtigsten Handelspartner und den Preisdruck von Importen sowohl bei Energie als auch bei Vorprodukten gleich doppelt unter Druck kommt.

 

Es gibt natürlich keinen Grund, das bisherige Erfolgsmodell Deutschlands aufzugeben, darum geht es gar nicht. Es ist aber naiv, zu fordern, es nun zu „retten“ oder wieder „in Gang“ zu bringen, denn es liegt in der Natur eben dieses Modells, dass es von externen Faktoren abhängt, die man kaum beeinflussen kann.

Die einzige Reaktion kann daher darin bestehen, das Modell endlich zu diversifizieren und robuster aufzustellen. Der Exportmotor hat dieses Land über Jahrzehnte sehr reich gemacht und es wurde bereits in dieser Zeit versäumt, diese Mittel zu nutzen, um eine unabhängigere Inlandswirtschaft daneben zu stellen.

Genau das ist nun die einzige Option, die wir vollständig selbst in der Hand haben. Nichts spricht gegen „Gespräche“ mit China, nichts gegen Verhandlungen über Energie-Importe, alles spricht aber dagegen, es dabei erneut zu belassen. Noch haben wir die Mittel, etwas eigenes zu bewirken, wir sollten nicht noch länger warten, bis die gar erschöpft sind.

 

Wenn in so einer Situation die gewaltige Summe von bisher 300 Milliarden an Sonderprogrammen mobilisiert wird, so ist das vollkommen angemessen, vor einer Verteuerung von Krediten wäre sogar eine Billion nicht zu viel. Es kommt aber darauf an, wie das investiert wird und da kann man nur schaudern, denn ein Großteil davon soll gar verwendet werden, um den Import von fossilen Energien zu subventionieren, deren Preise sich dadurch schlimmstenfalls sogar noch länger in eskalierten Größenordnungen bewegen.

Es wäre genau jetzt der Zeitpunkt, eine Billion vor allem in unsere eigene Energieerzeugung und in die Digitalisierung zu INVESTIEREN – und diese Mittel nicht zu KONSUMIEREN und dabei auch noch in Länder abfließen zu lassen, mit denen wir nicht mal relevanten Handel betreiben.

Ausflugstipps

In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps. 

Unterstützung

Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie.

Rezepte

Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren.

Persönlich - Interviews

"Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

Inhalte von Powr.io werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell und Marketing), um den Cookie-Richtlinien von Powr.io zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Powr.io-Datenschutzerklärung.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0