Objekt- oder Subjektförderung: Was ist besser?

DMZ –  BLICKWINKEL ¦ Ruedi Stricker ¦                   

 

Das bestehende Regelwerk aus Verfassung, Gesetzen, Verordnungen und der Preisgestaltung staatsnaher Betriebe ist die perfekte Illustration der Metapher vom Wald und seinen Bäumen. Was dem sozialen Zweck einer Umverteilung von oben nach unten dienen sollte, ist zum Selbstbedienungsladen für mächtige Akteure und deren Klientel verkommen. Und damit es möglichst vielen wehtut, beschäftigen wir in einem bürokratischen Kleinkrieg Zehntausende von Beamten und Beratern. Verlierer in diesem Kampf ist der soziale Bodensatz, der sich weder politisch durchsetzen noch teure Anwälte leisten kann.

 

Eine besondere Problematik, die einer Grundsatzdebatte harrt, ist die Frage der Objekt- bzw. Subjektförderung. Einfach gesagt: Hat eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern mehr von der Verbilligung von Teigwaren oder von einer finanziellen Unterstützung auf ihr Bankkonto?

 

Nachstehend seien ein paar Aspekte aufgeführt.

 

Objektförderung: Die Vorteile

Zuerst die gute Nachricht: Es gibt Bereiche, die der Markt nicht regeln kann, weil die Voraussetzungen dazu nicht gegeben sind. Aktuelles Beispiel sind die Energiemärkte. Wenn beispielsweise der Staat analog dem Salzregal ein Monopol für fossile Energieträger innehätte, könnten aufgrund stabiler Preise Hauseigentümer zuverlässig berechnen, ob sich das Isolieren ihres Eigenheims lohnt. Hier schlummert ein volkswirtschaftliches und klimapolitisches Milliardenpotenzial.

 

Die schlechte Nachricht: Genau dort, wo es sinnvoll wäre, tut der Staat nichts. In der Praxis überwiegen also

 

die Nachteile.

 

Die Liste ist lang und unvollständig.

 

Allein auf Bundesebene gibt es mehrere hundert Arten von Subventionen. Lobbyisten aus allen Sektoren plündern in bestem Einvernehmen und praktisch ohne demokratische Kontrolle die Bundeskasse. Und wer keine Lobby hat, hat Pech.

 

Neben den Innenwirkungen dieser Förderung bringen sie uns aussenpolitisch in Schwierigkeiten. Landwirtschaftssubventionen verhindern Freihandelsabkommen, und verschiedenen Partikularinteressen isolieren uns zunehmend von unseren Handelspartnern.

 

Eine weitere Auswirkung sind Marktverzerrungen. Dass ein Kilo Poulet aus der vorbildlich tierfreundlichen Haltung unserer Produzenten inzwischen billiger ist als ein Kilo gute Tomaten, ist ebenso absurd wie die Tatsache, dass wir Babysachen dreimal höher besteuern als Kaviar.

 

Vollends kafkaesk wird es beim Thema Drogen. Eine diesbezügliche Anfrage des Schreibenden an das Bundesamt für Gesundheit (ja, das heisst so.) «Warum unterstützen wir jeden Tabakproduzenten mit 100 000 Franken jährlich, während Sie Kampagnen gegen das Rauchen fahren?» wurde so beantwortet: «Zielkonflikte sind in der Politik normal.».

 

Dass die Umsetzung der Tonnen von gedruckten Verordnungen ein Heer von Beamten beschäftigt, mag die Anhänger der formalen Vollbeschäftigung trösten, bringt uns allerdings volkswirtschaftlich gleich viel, wie wenn diese Menschen ihre Arbeitszeit mit Baden oder Fischen verbringen würden.

 

Subjektförderung: Die Vorteile

Armut soll dort bekämpft werden, wo sie anfällt: Bei den Menschen. Wir brauchen Lösungen, die den wirtschaftlich Benachteiligten direkt zugutekommen. In diesem Zusammenhang werden wir auch erleben, dass die Diskussion über ein nicht an Erwerbsarbeit – was auch immer darunter zu verstehen ist – gekoppeltes Grundeikommen nur noch während beschränkter Zeit vor uns hergeschoben werden kann. Das Mantra der Vollbeschäftigung ist ein Auslaufmodell. Seit Jahren halten wir krampfhaft eine potemkinsche Fassade aus Bullshitjobs aufrecht, die nicht zuletzt Ressourcen verdampft und das Klima schädigt.

 

Subjektförderung: Die Nachteile

Auch die Subjektförderung ist nicht vor kontraproduktiver Anwendung gefeit.

 

Beispiel 1: Rabatte für demografische Gruppen

Im Kanton Zürich ist jeder 5. Rentner Millionär. Dass Banken dieser Gruppe spezielle Konditionen anbieten, lässt sich noch halbwegs mit unternehmerischer Freiheit begründen. Dass aber staatsnahe Transportbetriebe hier mitmachen, ist ein sozialpolitischer Schildbürgerstreich. Besonders dann, wenn alleinerziehende Mütter für ihre Billette an der Bergbahn voll zahlen müssen, weil kein Vater dabei sei.

 

Als ob das nicht zu toppen wäre, bieten beispielsweise die SBB auf dem knappen und klimapolitisch fragwürden Gut «Mobilität» auch noch eine Flat Tax in Form eines Generalabos an. Das führt dann dazu, dass der oben erwähnte Zürcher Millionär ohne Grenzkosten nach Konstanz fährt, um dort den Detailhandel zu beleben.

 

Beispiel 2: Einkafsvergünstigungen für Mitarbeitende eines Unternehmens

Es gibt wenig dazu einzuwenden, dass Mitarbeitende der Firma X bei der Firma Y günstiger einkaufen können. Anders sieht es aus, wenn normale Bürger gegenüber Staatsangestellten beim Einkauf von Benzin oder anderen Gütern diskriminiert werden. Besonders stossend sind die aus den Medien bekannten Beispiele, in denen Amtsstellen nicht davor zurückschrecken, privatwirtschaftlichen Firmen Druck aufzusetzen. Neben der Tatsache, dass dieses Vorgehen sonst eher mafiaähnlichen Organisationen zugeordnet wird, lässt sich auch fragen, ob diese wirtschaftlichen Vorteile auch korrekt als Naturaleinkommen versteuert werden.

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