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Die Energiemärkte haben sich keinesfalls beruhigt

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Die vollen Gasspeicher und die zuletzt gesunken Gaspreise werden überwiegend falsch interpretiert. Das ungewöhnlich warme Wetter hat zu einem sehr kurzfristigen Überangebot geführt und da wir leider eine zu große Bedeutung von Spotmärkten haben, ist der Preis eingebrochen.

 

Dieses System reagiert in alle Richtungen hektisch.

 

Tatsächlich sind unsere Speicher zu klein, langfristige Lieferverträge spielen eine zu geringe Rolle und den Spotmärkten wurde fahrlässig die preis- und teilweise auch versorgungsdominierende Rolle gegeben. Man muss es wohl als naives neoliberales Projekt bezeichnen, eine Klassifizierung, die ich selten und ungern nutze.

 

Die Spotmärkte spielen entgegen der Meldungen gerade das Projekt „Winter“. Der TTF-Preis ist schon wieder über 100 EUR gestiegen (Chart1). Die längerfristigen Terminkontrakte (Chart2) haben diesen jüngeren Einbruch gar nicht nachvollzogen, die hatten sich nach der Eskalation zu Kriegsbeginn um diese 100 EUR eingependelt.

 

Zum Vergleich: Der längerfristige Preis lag vor der Energiepreiskrise bei ca. 15 EUR. Von Entspannung ist keine Rede, Gas wird an den Börsen immer noch um eine Versechsfachung gehandelt und wenn sich das nicht bald etwas reduziert, werden die drei- bis vierfachen Preissteigerungen bei den Verbrauchern nicht reichen.

 

Bekanntlich schlägt das – was überflüssig ist – auf den Strompreis durch. Der ist 2021 vor der Krise im Band um ca. 50 EUR gependelt (Chart3). Ausbrüche gab es selten nach oben, bevorzugt nach unten, bei einer Überproduktion.

 

Mit der Gaspreiskrise hatten wir dann in 2022 (Chart4) Preisausschläge, die unfassbar sind und auch jetzt pendelt der Preis mit heftigsten Schwankungen um eine Verdreifachung. Der jüngste Gaspreisanstieg ist da noch nicht angekommen, das läuft mit etwas Verzögerung.

 

Das wird sich mit einer Stabilisierung der europäischen Gasversorgung auch wieder legen, aber nicht schnell. Die Kosten laufen uns davon, die Stützungsmaßnahmen sind wahnsinnig teuer, drohen, die Preise eher zu treiben, denn zu senken und das alles wird möglicherweise immer noch nicht reichen. Die jetzt geplanten Wummse könnten bald ausgeschöpft sein, wenn die Spotmärkte nicht runter kommen – was sie vielleicht gerade deshalb nicht tun, weil ja so viel gewummst wird, wer weiß?

Die EU muss dringend ans Design dieser Märkte gehen, das ist die Hauptursache. Es war ein Fehler, in diese Märkte mit einem Einkaufwettbewerb zu gehen und jeder Tag, der damit fortgesetzt wird, macht es nur teurer.

 

Diese Spotmärkte müssen in den Hintergrund, massgebliche Volumina und preissetzend sollten Handelsplätze für langfristige physisch hinterlegte Kontrakte sein, also keine synthetischen Finanzprodukte.

Viele Experten fordern das bereits seit Jahren, immerhin wird es nun endlich wenigstens diskutiert. Leider gibt es eine starke Fraktion von Ökonomen, die immer noch von Marktmechanismen träumen, die angeblich effizient sind. Und es gibt natürlich viele, die sich an diesen Spotmärkten als Händler, Investoren und Lieferanten bestens eingerichtet haben. Wenn man weiß, wie diese Märkte funktionieren und wie ihre Mechanismen zu triggern sind, kann man wenig falsch machen und gigantisch verdienen. Gazprom hat das im letzten Herbst übrigens vorgemacht.

 

Das muss aufhören und der Anfang vom Ende liegt in den Beratungs- und Einflussstrukturen der Politik.

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