AT: Sprachförderung in Kindergärten

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Kindergärten als erste Bildungseinrichtung spielen eine "ausschlaggebende Rolle" bei der sprachlichen Frühförderung: Dieser Feststellung von Bildungsminister Martin Polaschek  im Rechnungshofausschuss des Nationalrats schlossen sich alle Abgeordnete an.

 

Da Kindergärten in Gesetzgebung und Vollziehung Ländersache sind, sei die Weiterentwicklung der Elementarpädagogik in Österreich bislang oft an Bundesländergrenzen gestoßen – diesem Resümee eines Rechnungshofberichts aus 2021 gaben allerdings nur SPÖ und NEOS völlig recht. Die FPÖ sieht das größte Problem bei der Sprachvermittlung in Orten mit einer hohen Anzahl an Kindern nichtdeutscher Muttersprache. Während die Grünen kritisch anmerkten, dass die aktuellen Vereinbarungen im Finanzausgleich, mit denen der Bund die Länder in der Elementarpädagogik unterstützt, trotz einiger Verbesserungen keine einheitlichen Qualitätsstandards enthalten, wies die ÖVP auf regional begründete Unterschiede in der elementarpädagogischen Sprachförderung der Bundesländer hin. Polaschek verwies in diesem Zusammenhang auf die laufenden Arbeiten der zuständigen Landesreferent:innen hin, die Sprachförderlinien zu vereinheitlichen. Zudem erfolge die Verteilung der Zweckzuschüsse bereits nach transparenten Kriterien, das sei in der heuer mit den Ländern geschlossenen 15a-Vereinbarung geregelt.

 

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker hielt grundsätzlich fest, bundesweite Vorgaben zur Elementarpädagogik seien für eine Verbesserung der Kindergärten als Bildungseinrichtungen unabdingbar. Speziell bei der frühkindlichen Sprachförderung seien die Mittel zielgerichtet einzusetzen, sodass das Geld "dort ankommt, wo Bedarf besteht." Für kommende Finanzausgleichsverhandlungen empfahl die Präsidentin daher, verbindliche Kriterien zur Sprachförderung als Basis zur Mittelausschüttung zu verwenden und diese an messbare Qualitätssteigerungen zu knüpfen.

 

Föderale Unterschiede bei frühkindlicher Sprachförderung

Vom Rechnungshof wurde im Rahmen seines Bürgerbeteiligungsverfahrens von November 2019 bis Februar 2020 in den Ländern Oberösterreich und Niederösterreich überprüft, wie die in der damaligen Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund festgelegte frühe sprachliche Förderung an Kindergärten umgesetzt wurde (III-322 d.B.). Insbesondere in Einrichtungen mit hohem Anteil an Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache ergaben sich laut Rechnungshof große Herausforderungen bei der Frühförderung in Deutsch. Betont wird im Bericht allerdings, dass auch 16 % der Kinder mit Deutsch als Erstsprache einen Sprachförderbedarf hatten. Sowohl bei den Konzepten zur Sprachförderung als auch bei den Rahmenbedingungen wie Gruppengröße und Personalsituation in den untersuchten Ländern ergaben sich aus RH-Sicht zahlreiche Unterschiede. Im Sinne des Bildungserfolgs und der gesellschaftlichen Integration lautet daher die Kernempfehlung des Rechnungshofs an das Bildungsministerium, sich gemeinsam mit dem Beirat für Elementarpädagogik auf bundesweit einheitliche Kriterien in der frühen sprachlichen Förderung zu verständigen.

 

Polaschek: Reger Austausch im Elementarpädagogik-Beirat

Dementsprechend verwies Bildungsminister Polaschek in seiner Replik auf den seit 2020 im Bildungsressort verorteten Beirat für Elementarpädagogik, der den bundesländerübergreifenden Austausch im Kindergartenwesen betreue. Die Beiratsmitglieder von Bund, Ländern und Gemeinden würden gemeinsam Empfehlungen und Vorschläge für einheitliche Qualitätsmindeststandards erarbeiten. Martina Künsberg Sarre (NEOS) wertete den Beirat hingegen als "zahnlos", zumal es keine Wirkungsdaten zu den unterschiedlichen Förderkonzepten gebe. Über die fehlenden Daten beschwerten sich auch Wolfgang Zanger (FPÖ) und Karin Greiner (SPÖ), und die Sozialdemokratin folgerte, die "akuten Notstände" an den Kindergärten würden in der Öffentlichkeit "unterschätzt". Fest machte sie die Problematik in der Elementarpädagogik nicht nur am Personalmangel, sondern auch am Fehlen einer österreichweit einheitlichen Ausbildung in diesem Bereich. Dadurch werde für Pädagog:innen der Arbeitsplatzwechsel zwischen den Bundesländern erschwert, forderte Greiner vom Bildungsminister einheitliche Ausbildungskriterien ein.

 

Der Bund bemühe sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, die Datenlage zur Wirkung von Sprachfördermaßnahmen der Länder zu verbessern, erwiderte Polschek daraufhin. Hinsichtlich Standards zur Elementarpädagogikausbildung sei es an den Bundesländern, ein gemeinsames Konzept auszuarbeiten. Gertraud Salzmann (ÖVP) sagte zum Thema Personalmangel an Kindergärten, dass von den Absolvent:innen der Elementarpädagogik-Kollegs im Vergleich zu ihren jüngeren Kolleg:innen aus den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (BAfEP) viel mehr Personen im Beruf blieben, da sie bereits "zielorientierter" in die Arbeit einsteigen würden.

 

Sprachkompetenz: RH ortet Divergenzen zwischen Kindergärten und Volksschulen

Auf die vom Rechnungshof festgestellte Divergenz der Zahlen von Kindern im letzten Kindergartenjahr mit erhöhtem Deutschförderbedarf und von außerordentlichen Schüler:innen in der ersten Volksschulklasse ging Sibylle Hamann (Grüne) näher ein und schloss sich den diesbezüglichen Forderungen des Rechnungshofs an. Da dem RH-Bericht zufolge der Anteil außerordentlicher Schüler:innen in der ersten Schulstufe regelmäßig über die Zahl an Kindergartenkindern mit Deutschförderbedarf hinausging, empfahlen die Prüfer:innen, künftig mittels 15a-Vereinbarungen sicherzustellen, dass bei allen Kindergartenkindern einer definierten Altersgruppe verpflichtend das Sprachniveau festgestellt wird.

 

Anhand der Ergebnisse solle eine bedarfsgerechte Aufteilung der Zweckzuschüsse für messbare Sprachfördermaßnahmen an die Länder erfolgen. Seitens der Länder sollten die Gelder wiederum anhand von transparenten Kriterien an Gemeinden und andere Kindergartenträger vergeben werden. Außerdem rät der Rechnungshof in Hinblick auf die weitere Bildungskarriere der Kinder, die Aus- und Weiterbildung von Pädagog:innen an Kindergärten und Volksschulen enger zu verschränken. Bei Sprachstandsfeststellungen im Rahmen der Schuleinschreibung wäre es somit sinnvoll, Kindergartenpädagog:innen miteinzubeziehen. Vor diesem Hintergrund brachten Künsberg Sarre (NEOS) und Greiner (SPÖ) die jüngst veröffentlichte Studie zur Evaluierung der Deutschförderklassen zur Sprache und hinterfragten, ob der getrennte Unterricht von Kindern mit mangelnden Kenntnissen der Unterrichtssprache zielführend sei. Polaschek wiederum bekannte sich zu den Deutschförderklassen, da die individuelle Förderung von Kindern in der Regelklasse "nicht funktioniert" habe. Entsprechend der Forderung aus den Schulen werde dieses Fördermodell mit 10 Mio. € ausgeweitet.

 

Bundesmittel als Hebel zur Weiterentwicklung der Elementarpädagogik

Bei der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über Zweckzuschüsse im Bereich Elementarpädagogik waren laut Rechnungshof für den Zeitraum 2018/19 bis 2021/22 Zweckzuschüsse für die frühe sprachliche Förderung zwischen mindestens 68 Mio. € und maximal 95,38 Mio. € vorgesehen, allerdings ohne Vorgaben für zusätzliche Sprachförderungen neben dem Regelbetrieb. Dadurch könne nicht ausgeschlossen werden, so die Prüfer:innen, dass die Finanzierung bereits bestehender Maßnahmen durch die Zweckzuschüsse ersetzt wurde.

 

Gemäß der aktuellen Bund-Länder-Vereinbarung für Kindergärten, die bis 2026/27 gilt, steuere der Bund jährlich 200 Mio. € für den Ausbau elementarpädagogischer Betreuungsangebote bei, mit speziellem Gewicht auf die frühkindliche Sprachförderung, erinnerte Minister Polaschek. Allerdings seien auch Länder und Gemeinden bei der Bereitstellung von Mitteln zur Sprachförderung "gefordert", so der Minister. RH-Präsidentin Kraker appellierte, "gemeinsam daran zu arbeiten, dass die Kinder die Sprache erlernen" und von gegenseitigen Schuldzuweisungen abzusehen.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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